Arbeitsmarkt: Das Kurzarbeitergeld wird verlängert: Was Betroffene jetzt wissen müssen

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Arbeitsmarkt: Das Kurzarbeitergeld wird verlängert: Was Betroffene jetzt wissen müssen


Das Bundeskabinett hat eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes beschlossen. Wie viele Menschen sind von der Verordnung betroffen und um wie viel Geld geht es? Ein Überblick.

Bis Ende Juni sollen Unternehmen in Deutschland unter erleichterten Bedingungen Kurzarbeit beantragen können. Das hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen. Die pandemiebedingten Sonderregelungen sollen um weitere drei Monate bis zum 30. Juni verlängert werden. das Bundestag muss der Verlängerung noch zustimmen, bevor sie in Kraft tritt. Zu den besonderen Bedingungen zählen zum Beispiel die erhöhten Leistungssätze bei längerer Kurzarbeit. Auch die maximale Zeichnungsdauer wurde erhöht.

Warum werden die Regelungen zum Kurzarbeitergeld verlängert?

Die derzeitige Kurzarbeitsregelung wäre normalerweise am 31. März ausgelaufen. „Ohne die Möglichkeit, weiterhin Kurzarbeitergeld zu beziehen, müsste ab März 2022 mit mehr Entlassungen in Betrieben gerechnet werden, die in Kurzarbeit waren schon lange“, begründet der Entwurf des Arbeitsministeriums. Bundesarbeitsminister Hubert Heil (SPD) verwies auf die anhaltende Pandemie-Situation: „Mit Kurzarbeit haben wir bisher Millionen von Arbeitsplätzen durch die Pandemie gerettet. Corona Leider hat es immer noch einen negativen Effekt.“

Welche Sonderregeln beinhaltet die Verlängerung?

Das Kabinett hat die Höchstdauer für das Kurzarbeitergeld verlängert. Sie soll künftig auf 28 Monate verlängert werden – bisher waren es maximal 24 Monate. Außerdem werden Einkünfte aus Minijobs nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. In den Betrieben müssen künftig nur noch mindestens zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein, um Kurzarbeit anzumelden (vor der Pandemie waren es noch ein Drittel der Beschäftigten). Arbeitgebern soll die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge über den 31. März hinaus erstattet werden, wenn neben der Kurzarbeit Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden.

Wie viel Geld sollen Kurzarbeiter bekommen?

Es gelten die während der Pandemie beschlossenen erhöhten Leistungssätze. Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 Prozent des Nettogehalts innerhalb der ersten drei Monate (67 Prozent für Arbeitnehmer mit Kindern). Danach steigt es auf 70 Prozent (77 Prozent für Eltern), ab dem siebten Monat bekommt man 80 Prozent (87 Prozent).

Wie viele Menschen sind aktuell von Kurzarbeit betroffen?

Nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo ist die Zahl der Kurzarbeiter erneut stark gestiegen. Im Januar kletterte die Zahl auf 900.000 Menschen – das entspricht 2,7 Prozent der Erwerbstätigen. Im Vormonat waren es noch 780.000.

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Welche Branchen sind besonders betroffen?

Besonders stark war das Wachstum im Gastgewerbe. Dort befinden sich nach Ifo-Angaben derzeit 23 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit. Das sind 240.000 Menschen, verglichen mit 90.000 im Dezember. Auch im Einzelhandel stieg die Zahl der Beschäftigten um 45.000 auf 120.000 (4,9 Prozent der dort Beschäftigten).

ifo-Experte Stefan Sauer erklärt: „Der starke Anstieg der Infektionen hat die Kurzarbeit im Gastgewerbe, im Einzelhandel und bei anderen Dienstleistungen in die Höhe getrieben.“ Ein Hoffnungsschimmer kam hingegen aus der Industrie. Dort fiel Kurzarbeit, weil wieder mehr Vorprodukte verfügbar waren.

Wie haben sich die Kurzarbeiterzahlen während der Pandemie entwickelt?

Vor der Corona-Krise, im Februar 2020, lag die Zahl der Kurzarbeiter bei 134.000. Im März 2020 stieg sie auf 2,6 Millionen und im April erreichte sie einen Rekord von sechs Millionen. Danach sank die Zahl stetig, bis sie im Dezember 2021 wieder deutlich anstieg.

Wie effektiv war die Kurzarbeit für den Arbeitsmarkt?

„Auch wenn es einige negative Seiten gibt, kann der Einsatz des Kurzarbeitergeldes während der Pandemie insgesamt als Erfolg gewertet werden, da es relativ schnell viele Arbeitsplätze gerettet und viele Unternehmen entlastet hat“, sagt Sebastian Link vom ifo Institut. Gerade während der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 hätten viele Arbeitsplätze erhalten werden können, die sonst zumindest vorübergehend weggefallen wären. „Das hat den Vorteil, dass die bereits ausgebildeten Arbeitskräfte sofort zur Verfügung stehen, wenn sich die wirtschaftliche Lage wieder entspannt. Wären sie vorher entlassen worden, kämen hohe Such- und Einarbeitungskosten hinzu“, sagt Link.

Gibt es Kritik an der Verlängerung der Kurzarbeitsregelungen?

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte „eine Ausstiegsstrategie“ für die Unternehmen. Obwohl viele Betriebe die Sonderregelungen zur Kurzarbeit für einen längeren Zeitraum benötigen würden, sei das Kurzarbeitergeld „keine Dauerhilfe“. Die Gewerkschaft IG Metall begrüßte die geplante Ausweitung der Sonderregelungen, warnte aber davor, diese auch auf Zeitarbeit anzuwenden. „Diese Lücke soll noch gefüllt werden“, sagte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann.

ifo-Experte Sebastian Link warnt vor dem Entstehen eines Langzeitproblems. „Aus meiner Sicht sind vor allem die Mitnahmeeffekte problematisch“, sagt er. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Unternehmen, die bereits vor der Krise in Schwierigkeiten waren, überproportional oft in Kurzarbeit gingen. „Durch die Senkung der Hürden und die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes läuft man Gefahr, schmerzhafte, aber oft notwendige Strukturveränderungen zu verlangsamen und die Probleme dieser Unternehmen eher hinauszuzögern als zu lösen“, erklärt Link. (mit dpa)