Das zweite Jahr der Pandemie prägte auch die Arbeit der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim. Dennoch zieht dies eine positive Bilanz.
Aktuelle Informationen zur Corona-Situation in unserem Newsblog
Nagold – Im zweiten Jahr der Pandemie war die Arbeitsagentur tatsächlich erfolgreich, betont Martina Lehmann, Leiterin der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, im Gespräch mit unserer Redaktion: Im Juni 2021 gab es sogar eine hohe Zahl von Arbeitnehmern Sozialversicherungsbeiträge. „So viele waren es noch nie“, sagt Lehmann. Im Kreis Calw wuchs die Zahl der Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 Prozent auf 49.187. Im Kreis Freudenstadt sogar um 1,5 Prozent auf 48.725. Zuwächse verzeichneten insbesondere die Wirtschaftszweige Öffentliche Verwaltung, Gesundheitswesen und Bau im Kreis Calw und Zeitarbeit sowie Verkehr und Lager im Kreis Freudenstadt. Auch die Zahl der gemeldeten Stellen wuchs im Vergleich zum Vorjahr in den Kreisen Calw um 34,8 Prozent, im Kreis Freudenstadt um 28,7 Prozent.
Überraschend in beiden Kreisen: die Zunahme der gemeldeten und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Gastgewerbe. Eigentlich sollte man in einer Pandemie eher vom Gegenteil ausgehen. Viele Bewerber im Gesundheitswesen haben keine Ausbildung, aber die Arbeitsagentur hat gute Angebote für den Weg zur Fachkraft gemacht. „Das sind alles Menschen mit dem Herzen am rechten Fleck und einem hohen Verantwortungsbewusstsein“, lobt Lehmann. Das Gastgewerbe hat vor allem von Kurzarbeitsangeboten profitiert und konnte so Personal halten. Auch die Branche profitierte vom Lockdown: Der Inlandstourismus hat durch Einschränkungen im internationalen Reiseverkehr an Dynamik gewonnen – und daraus resultiert ein hoher Personalbedarf.
Die Kurzarbeit ging zurück – das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit bleibt
Auch im zweiten Jahr der Pandemie war Kurzarbeit ein mächtiges Instrument zum Erhalt von Arbeitsplätzen. „Die Umsetzung hat uns unglaublich viel Energie gekostet“, bestätigt Lehmann. Wie sie berichtet, waren vor der Pandemie 2019 nur 0,2 Prozent aller Beschäftigten in Kurzarbeit – deutschlandweit nur 700 Unternehmen. „Der Beginn der Pandemie ist dann wie ein Tsunami über uns hinweggefegt“, erklärt Lehmann. Die Kurzarbeitsquote der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Nordschwarzwald lag im Mai 2020 bei 24,7. Im Juli 2021 sank sie dann auf 3,0 – das ist immer noch das 10- bis 15-fache des Vorkrisenniveaus. Im Kreis Calw lag die Kurzarbeitsquote im Juli bei 2,7 und 250 Betrieben, im Kreis Freudenstadt bei 2,2 und 180 Betrieben.
Bei all den positiven Zahlen und Quoten sei die Langzeitarbeitslosigkeit immer noch ein großes Problem, berichtet Lehmann: Die Pandemie habe diesbezüglich alle Erfolge zunichte gemacht. Der Kreis Calw hatte 2021 30 Prozent Langzeitarbeitslose, der Kreis Freudenstadt sogar 36 Prozent. Vor der Corona-Krise lag der Wert stabil bei 20 Prozent, wie Lehmann mitteilt. „Es tut uns wirklich weh“, bedauert sie. 75 Prozent der Langzeitarbeitslosen sind ältere Menschen ohne Ausbildungsberuf und mit gesundheitlichen Problemen. Es gibt immer weniger Möglichkeiten für sie, eine Beschäftigung zu finden. „Dieser Trend wird sich fortsetzen“, ist sich Lehmann sicher. Daraus ergeben sich aber auch gute Perspektiven: „Junge, gesunde Menschen haben im Nordschwarzwald die besten Chancen auf einen Job. Solche Leute brauchen wir.“
Kürzlich wurde eine Laufbahnberatung für das Berufsleben eingeführt
Im zweiten Jahr der Pandemie ist der Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim besonders stolz darauf, trotz erschwerter Bedingungen wie Kontaktbeschränkungen oder ausschließlich digitaler Beratung über 5.000 Menschen motiviert und sowohl jungen als auch erwachsenen Arbeitssuchenden zu einem Ausbildungsplatz verholfen zu haben Termine. „Wir haben uns viel Mühe gegeben, gerade jungen Menschen beizubringen, trotz Pandemie etwas für ihre Bildung zu tun.“ Auch die Berufsorientierung für das Berufsleben wurde eingeführt. Hier können sich bereits Berufstätige aus- und weiterbilden, mit der Frage: Was kann ich tun, damit mein Arbeitsplatz trotz Digitalisierung auch in zehn Jahren noch zu haben ist?
Auf dem Arbeitsmarkt werden sich laut Lehmann drei Trends durchsetzen. Die „drei Ds“ – also Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung, die sich gegenseitig beeinflussen. Das erzeuge Anpassungsdruck, so Lehmann. „Gewinner des Strukturwandels sind die, die sich anpassen. Wer das nicht tut, verliert“, stellt sie klar. Der zentrale Schlüssel für eine weitere Erholung auf dem Arbeitsmarkt ist jedoch der weltweite Kampf gegen die Pandemie. „Nur dann gibt es Wachstumspotenzial“, betont Lehmann.
Mit Fortschrittslust überlebt man auf dem Arbeitsmarkt
Wie Annette Hanfstein, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, erklärt, war die Corona-Pandemie eine Herausforderung für die Bildungslandschaft. „Corona war der Booster“, sagt Hanfstein. Deshalb hat jetzt jeder Kurs bei der Agentur für Arbeit einen digitalen Aspekt, um eine größtmögliche Flexibilität für die Teilnehmer zu erreichen. Sollte sich die Pandemie in diesem Jahr günstig entwickeln, prognostiziert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um zehn Prozent.
„Um auf dem heutigen Arbeitsmarkt bestehen zu können, muss man den Fortschritt lieben und Lust auf Veränderung haben“, argumentiert Lehmann. „Wir können es uns nicht leisten, ältere Berufstätige, Frauen mit Familie, Migranten mit schlechteren Deutschkenntnissen oder Menschen mit Behinderungen und ihr Know-how zu ignorieren“, betont Lehmann. Das ist die zentrale Botschaft für 2022. „Wir brauchen alle hier im Raum. Wir müssen alle mitnehmen, die schon da sind oder noch kommen. Außerdem dürfen wir uns nicht von Misserfolgen entmutigen lassen.“