Es gibt ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach auch Großeltern zum Unterhalt ihrer Enkelkinder verpflichtet werden können (Beschluss vom 27.10.2021 – XII ZB 123/21). Was das genau für Eltern und Großeltern bedeutet, wollen wir heute erklären.
Streit um die Höhe der Selbstbeteiligung
Dem Urteil liegt ein Rechtsstreit zwischen einem Vater und dem Land Sachsen zugrunde. Die Unterhaltsvorschusskasse hat diesen Kindesunterhalt zurückgefordert. Der Vater zweier minderjähriger Kinder hat ein Nettogehalt von 1.400 Euro und zahlt 100 Euro Unterhalt. Die Kasse verlangte jedoch weitere 760 Euro, die er für mehrere Monate 2016 und 2017 nachzahlen sollte. Letztlich stellte sich die Frage nach der Höhe des Selbstbehalts. Beispielsweise haben Eltern minderjähriger Kinder eine erhöhte Unterhaltspflicht und damit einen notwendigen Selbstbehalt von derzeit 1160 € (damals 1080 €). Der Vater lehnte die Zahlung der weitergehenden Ansprüche unter Berufung auf § 1603 Abs. 2 Satz 1 ab.
Nach seiner Begründung muss der Selbstbehalt nicht auf den notwendigen Selbstbehalt gekürzt werden, „wenn es einen anderen unterhaltspflichtigen Angehörigen gibt“. Folglich sollten sich die Großeltern am Unterhalt ihres Enkels beteiligen. Da die Großeltern der Kinder über ein beachtliches Nettoeinkommen von 3.500 bzw. 2.200 Euro verfügten, sollten sie ihre Enkelkinder nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch unterstützen.
Großeltern können für den Unterhalt verantwortlich sein
Das Land legte gegen den Vater Berufung ein, die der Bundesgerichtshof abwies. Der BGH stellte fest, dass die Großeltern durchaus unterhaltsfähig für die minderjährigen Enkel sind. Rechtsgrundlage hierfür ist § 1601 BGB, wonach Angehörige in gerader Linie Unterhalt zu leisten haben.
Grundsätzlich geht die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber der der Großeltern vor. Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, führt die Existenz unterhaltsfähiger Großeltern für ihre Enkel jedoch dazu, dass die erhöhte Unterhaltspflicht der Eltern für ihre minderjährigen Kinder entfällt. Der Selbstbehalt darf daher nicht entsprechend auf den niedrigeren Wert herabgesetzt werden. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch entfällt die erhöhte Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber minderjährigen Kindern, wenn es in gerader Linie einen weiteren unterhaltspflichtigen Angehörigen gibt. Der BGH stellt fest, dass die Kürzung des Selbstbehalts wegen der damit verbundenen Härte für die Eltern nicht gerechtfertigt ist, solange noch andere unterhaltspflichtige Angehörige wie Großeltern vorhanden sind. Auch in diesem Fall spricht das Gericht von „generationenübergreifender Solidarität“, wie sie der Gesetzgeber gemäß §§ 1601 und 1603 BGB bewusst vorsieht.
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