Angesichts weiter explodierender Corona-Infektionszahlen beraten die Regierungschefs von Bund und Ländern an diesem Montag über das weitere Vorgehen in der Pandemie. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sie ihren bisherigen Kurs beibehalten wollen: keine Verschärfung der bisherigen Maßnahmen, aber vorerst keine Lockerung. Allerdings dürfte es zu Änderungen bei den mittlerweile selten gewordenen PCR-Tests kommen, die nicht mehr bei allen Verdachtsfällen, sondern nur noch bei Risikogruppen sowie Krankenhaus- und Pflegepersonal eingesetzt werden sollen.
Die ansteckende Omicron-Variante lässt derzeit die Zahl der Infektionen rapide ansteigen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rechnet Mitte Februar mit täglich mehreren Hunderttausend Neuinfizierten. Politiker von FDP und CSU fordern trotz explodierender Corona-Infektionszahlen einen am Montag von Bund und Ländern beratenden Plan für künftige Lockerungen der Schutzmaßnahmen.
Das sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt WeltEr erwartet von der Ministerpräsidentenrunde mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine kluge Strategie, „stückweise aus der Pandemie herauszukommen“. Es ist klar, dass die Omicron-Variante die Situation ändert und eine neue Bewertung erfordert. Auch „Ermüdungserscheinungen in der Gesellschaft“ seien zu berücksichtigen, so der CSU-Politiker. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte in der ARD-Sendung von Anne Will, wenn der für Mitte Februar erwartete Höhepunkt der Omicron-Welle überschritten und auch die Zahlen in den Krankenhäusern gesunken seien, müssten die Maßnahmen gelockert werden. Dies versteht sich von selbst.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), verwies auf die stark steigenden Infektionszahlen bei RTL und ntv. „Die Kernbotschaft lautet jetzt: Keine Lockerungen!“ Alle Entscheidungen müssen jedoch verhältnismäßig sein. Im Beschlussentwurf für die Bund-Länder-Beratungen, der laut Deutscher Presse-Agentur den Stand von Sonntag 18 Uhr wiedergibt, heißt es lediglich: „Bund und Länder werden für den Moment einer Überlastung der Gesundheit Öffnungsperspektiven entwickeln System ausgeschlossen werden kann.“ (24.01.2022)
Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 840,3
In Deutschland steigt die Zahl der nachgewiesenen Infektionen nach Angaben der Website des Robert Koch-Instituts (RKI) um 63.393. Vor einer Woche waren es noch 34.145 Infektionen. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt 840,3. Zum Vergleich: Am Vortag lag der Wert bei 806,8, in der Vorwoche am Montag bei 528,2 und am selben Tag des Vormonats bei 222,7. Experten rechnen mit immer mehr Fällen, die nicht erfasst werden können, auch weil Testkapazitäten und Gesundheitsämter zunehmend am Limit sind.
Die Zahl der Todesfälle ist laut RKI um 28 auf insgesamt 116.746 gestiegen. Seit Beginn der Pandemie wurden insgesamt 8.744.840 Infektionen mit Sars-CoV-2 nachgewiesen. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen unentdeckt bleiben. (24.01.2022)
Mindestens 70 Festnahmen in Brüssel
Zehntausende Menschen haben in Brüssel gegen die Corona-Auflagen demonstriert – teilweise mit Gewalt. 50.000 Menschen versammelten sich am Sonntag in der Brüsseler Innenstadt, wie eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Sechs Personen seien vor Beginn der Demonstration wegen Besitzes gefährlicher oder verbotener Gegenstände festgenommen worden, sagte die Sprecherin.
Laut Polizeiangaben wurden insgesamt mindestens 70 Personen unter anderem wegen Sachbeschädigung oder wegen Mitführens gefährlicher oder illegaler Gegenstände festgenommen. Drei Polizisten und zwölf Demonstranten wurden verletzt ins Krankenhaus gebracht, niemand schwebt in Lebensgefahr. Premierminister Alexander De Croo verurteilte die Ausschreitungen scharf. „Jeder ist frei, seine Meinung zu äußern. Aber unsere Gesellschaft wird niemals blinde Gewalt tolerieren“, sagte De Croo laut der Nachrichtenagentur Belga.
Die Demonstranten marschierten vom Nordbahnhof ins Europaviertel, wo es zu Ausschreitungen kam, wie Belga und andere Medien berichteten. Demonstranten warfen demnach Gegenstände auf Polizisten und beschädigten Gebäude. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein, um die Beteiligten zu vertreiben. Videos zeigten zerbrochene Fenster des Gebäudes des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Nach Angaben der Polizei wurde die Demonstration gegen 15 Uhr aufgelöst
Laut einem Belga-Bericht hielten die Demonstranten Flaggen verschiedener Länder wie Deutschland, Frankreich und Polen, viele trugen keine Masken. Schilder enthielten den Angaben zufolge Parolen gegen die Corona-Impfung und Aufrufe zum „Schutz“ von Kindern. Laut Belga wurde die Demonstration von verschiedenen europäischen Gruppen organisiert. (23.01.2022)
Wer soll die Impfpflicht im Gesundheitssystem kontrollieren?
Ökonomen: Pandemie kostet Deutschland 350 Milliarden Euro
Die Corona-Krise hat in den vergangenen zwei Jahren enorme wirtschaftliche Schäden verursacht. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln kommt in einer Analyse zu dem Ergebnis, dass der Wertschöpfungsverlust bei rund 350 Milliarden Euro liegt. Ein großer Teil davon ist auf Einbußen beim privaten Konsum zurückzuführen, teilweise aufgrund von Lockdown-Maßnahmen.
Der Modellrechnung zufolge dürften in den vergangenen acht Quartalen Einbußen beim privaten Konsum in Deutschland in Höhe von insgesamt 270 Milliarden Euro eingetreten sein. Auch „Verhaltensänderungen“ seien aufgetreten, erklärte der Autor der Analyse, Michael Grömling. Das heißt, selbst wenn Kinos, Theater und Restaurants wieder geöffnet hätten, hätten sich viele aus Vorsichtsgründen zurückgehalten und auf einen Besuch verzichtet. Gleichzeitig ist die Sparquote der privaten Haushalte während der Pandemie deutlich gestiegen – mit anderen Worten: Verbraucher legen Geld auf die hohe Kante.
Selbst wenn das Vorkrisenniveau des Bruttoinlandsprodukts bis Ende 2022 wieder erreicht werden sollte, klafft laut einem IW-Kurzgutachten immer noch eine „deutliche Lücke“ in der Wirtschaftsleistung im Vergleich zu einer Situation ohne Pandemie. Dies lag der Deutschen Presse-Agentur vor. „Nur mit einem starken Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren können die pandemiebedingten Wertschöpfungs- und Einkommenslücken Stück für Stück geschlossen werden.“ (23.01.2022)