Seit Russland die Ukraine angegriffen hat, sind die Energiepreise in die Höhe geschossen. Auch einige Unternehmen in der Region leiden unter den Folgen des Ukraine-Krieges.
Altkreis Münden – „Wir spüren die Preissteigerungen extrem. Unsere Kosten haben sich etwa verdoppelt“, klagt Can Bahar, Inhaber des Taxiunternehmens Drei-Flüsse-Taxi Hann. Münder. Die Auftragslage sei bisher gut, aber „so kann es nicht weitergehen“, sagt Bahar.
Auch Udo Auerbach, Inhaber des Taxiunternehmens Taxi Ruba, klagt über die Situation: „Es ist eine Katastrophe für alle.“ Der Dieselfahrer zahlt sowieso schon mehr Kfz-Steuer. Und jetzt noch mehr beim Tanken. Für Auerbach gibt es daher nur eine vernünftige Lösung. „Die Steuern müssen gesenkt werden. Das hat auch in anderen EU-Ländern funktioniert“, sagt er.
Taxiunternehmen leiden unter den Preiserhöhungen
Ralf Scholz, Inhaber von Taxi Stemmer in Hann. Münden, geht davon aus, dass der nächste Monat für das Taxigewerbe noch schwieriger wird. „Die erste große Rechnung kommt am Ende des Monats. Erst dann sieht man, wie hoch die Kosten wirklich sind“, vermutet er. „So etwas passiert nicht über Nacht.“
Auch für die Spedition Krüger aus Göttingen haben die Preiserhöhungen „dramatische Auswirkungen“. Vor drei Wochen wurde ein Team zusammengestellt, um die Kunden des Mittelständlers über die Preiserhöhungen zu informieren.
„99 Prozent der Kunden haben verstanden“, sagt Axel Lange, Vertriebsleiter der Spedition. Das Unternehmen musste den Dieselzuschlag von fünf auf 20 Prozent erhöhen. Dieser sogenannte Dieselfloater wird bei Krüger in der Regel monatlich berechnet und dient dazu, den schwankenden Dieselpreisen entgegenzuwirken.
Spedition mit 65 Lkw: Preise erhöht
Jetzt passiert das wöchentlich. „Wir mussten aufstocken, um unsere Kosten halbwegs zu decken“, betont der Vertriebsleiter. Der Fuhrpark seines Unternehmens besteht aus 65 Lkw, die täglich im Einsatz sind und betankt werden müssen.
Auch die Industrie im Landkreis leidet unter den hohen Preisen für Strom, Gas und Öl. Betroffen ist unter anderem der DBW-Konzern, der in Bovenden Faserprodukte unter anderem für die Automobilindustrie herstellt. Göttingens Landrat Marcel Riethig hat sich dort gestern ein Bild gemacht.
So setzt sich der Spritpreis zusammen
Ein Drittel des Rohöls in Deutschland stammt in der Regel aus Russland. Knapp 15 Prozent des in Deutschland betriebenen Diesels stammen aus russischen Raffinerien. Aber nicht nur wegen des Krieges sind die Spritpreise gestiegen, auch die Steuern machen einen großen Teil davon aus. Pro Liter Benzin wird eine Energiesteuer von 65,45 Cent erhoben. Für Diesel beträgt die Energiesteuer 47,04 Cent pro Liter. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer von 19 Prozent.
Rechnung 400 Prozent höher: Auch der DBW-Konzern aus Bovenden spürt Preiserhöhungen
Die DBW-Gruppe in Bovenden-Reyershausen ist ein Global Player: Das Unternehmen hat weltweit zehn Standorte, darunter in Ungarn, Polen und Shanghai, China, und beschäftigt insgesamt 800 Mitarbeiter, davon über 100 aus der Region.
Der Jahresumsatz liegt nach Angaben der Geschäftsführung derzeit bei rund 80 Millionen Euro. DBW entwickelt, produziert und verarbeitet Faser- und Metallprodukte für die Automobilindustrie, darunter Schallschutzteile für die Elektroautos ID.3 und 4 von VW.
Die Mobilitätswende sei seit langem geplant und sehe große Chancen für das Unternehmen, sagt Thomas Esser aus der Geschäftsführung.
Ein weiteres Problem überrascht das Unternehmen seit Anfang des Jahres: Die Rede ist von den explosionsartig gestiegenen Preisen für Strom und Gas: Denn die Fasern, die DBW herstellt, müssen aus dem Ausgangsmaterial Basalt bei 1300 Grad Celsius geschmolzen werden sogenannten Fässern wird viel Energie benötigt.
Der jährliche Stromverbrauch beträgt 9.000 Megawattstunden, was dem Jahresverbrauch von rund 2.250 Vier-Personen-Haushalten entspricht. 36.000 Megawattstunden Erdgas als Energieträger werden verbraucht. Das entspricht laut DBW dem Jahresverbrauch von 15.000 Vier-Personen-Haushalten.
Strom- und Gasrechnungen stiegen in die Höhe
Von Dezember 2021 bis Januar 2022 stiegen die Stromrechnungen um über 300 Prozent und die Gasrechnungen um über 400 Prozent – bei nahezu identischem Verbrauch. „So kann es nicht weitergehen“, sagen Thomas Esser und Thomas Bauer von der DBW.
Abschaffung der EEG-Umlage: Beihilfen nützen dem Unternehmen nichts
Auch der Staat profitiert von den hohen Preisen, weil er durch Steuern und Abgaben viele zusätzliche Einnahmen generiert. Der Wegfall der EEG-Umlage hilft dem Unternehmen nicht, da energieintensive Industrien ohnehin davon ausgenommen sind. Die Politik müsse etwas tun, sagten Esser Bovendes Oberbürgermeister Thomas Brandes und Göttingens Landrat Marcel Riethig, die sich vor Ort ein Bild von der Arbeit des Unternehmens machten.
Riethig versprach, das Thema bei Landes- und Bundesregierung zur Sprache zu bringen. Es brauche kurzfristige Lösungen, sagte der Landrat. „Es ist unser vitales Interesse, die Unternehmen in der Region zu unterstützen, und dafür werden wir uns einsetzen“, so Riethig weiter. Vor allem der rasante Preisanstieg sei ein echtes Problem, bestätigte Bovendens Bürgermeister Brandes.
Sparen Sie Geld: Reduzieren Sie den Energieverbrauch
Laut CEO Esser nutzt das Unternehmen die Möglichkeiten zur Reduzierung des Energieverbrauchs bestmöglich. „Obwohl wir viel Energie in die Produktion stecken müssen, produzieren wir Produkte, die zum Gelingen der Energiewende beitragen und später die Umwelt weniger belasten“, erklärte er.
Auch der selbst produzierte Strom könne den Bedarf des Unternehmens nicht decken: „Wir haben ausgerechnet, dass wir die 95-fache Fläche unseres Hallendachs mit Solarzellen ausstatten müssten, nur um den Stromverbrauch zu decken“, erläuterte Esser die Dimensionen.
Es sei frustrierend, dass die Auftragsbücher voll seien, das Geschäft gut laufe, aber die hohen Energiekosten eine solche Belastung seien, sagt Esser. Die Einstellung der Energielieferungen aus Russland ohne adäquate Alternativen hätte für viele Industrieunternehmen schwerwiegende Folgen, ist sich Esser sicher, insbesondere wenn Länder wie China weiterhin billigere Energie nutzen könnten. „Unsere Standorte hier sind wichtig für die heimische Wirtschaft und Unabhängigkeit von Importen“, betonte Esser. (Thomas Schlenz und Clara Pinto)