Berlin (dpa) – Nach der Eröffnung der Berlinale hat am Freitag das eigentliche Festival begonnen.
Die ersten drei Wettbewerbsfilme waren im Programm: „Die Linie“ von Ursula Meier über eine Mutter-Tochter-Beziehung, „Robe of Gems“ über den mexikanischen Drogenkrieg und „Rimini“ von Ulrich Seidl.
„Rimini“ erzählt die Geschichte eines alternden Schlagersängers namens Richie Bravo – dargestellt von Michael Thomas, der auch ein echter Sänger ist, sagte Seidl am Freitag in Berlin. „Ein älterer Mann, der irgendwie veraltet ist.“ Der Tod seiner Mutter führte ihn aus seiner Wahlheimat Italien zurück in seine Heimat Niederösterreich.
„Es geht um Sehnsucht“, sagte Seidl. So verkauft Richie Bravo mit seiner Popmusik Träume. Es geht um die Sehnsucht nach Liebe, nach Geborgenheit und Zärtlichkeit – und immer wieder ums Scheitern.
Die französisch-schweizerische Filmemacherin Ursula Meier geht in ihrem neuen Film härter vor. „The Line“ beschäftigt sich mit der Darstellung weiblicher Gewalt. Im Kino gehe Gewalt meist von Männern aus, sagte sie am Freitag in Berlin. Sie und Co-Drehbuchautorin und Schauspielerin Stéphanie Blanchoud stellten sich die Frage: „Warum sollten wir nicht eine weibliche Persönlichkeit haben, die auch gewalttätig ist?“
Der Film erzählt die Geschichte zwischen einer Mutter und ihren Töchtern. Als eine der Töchter ihre Mutter in einem Streit verletzt, wird ihr der Kontakt verboten. Familienkonflikte eskalieren.
„The Line“ ist einer von 18 Titeln, die um den Goldenen Bären konkurrieren. Am Freitag soll in dieser Rubrik neben „Rimini“ auch „Robe of Gems“ zu sehen sein.
Das Drama „Robe of Gems“ erzählt die Geschichte von drei Frauen, die mit dem Drogenhandel in Schwierigkeiten geraten. Regisseurin Natalia López Gallardo hatte die Idee zu dem Film, nachdem sie Interviews mit Müttern geführt hatte, deren Kinder in Mexiko verschwunden waren, sagte sie in Berlin.
Hunderte Gäste bei Berline-Eröffnung
Sie wollten kein gesellschaftspolitisches Statement formulieren, sagte Gallardo. „Ich wollte dieser spirituellen Wunde, die ich fühlte und die, glaube ich, alle Mexikaner tragen, irgendwie nahe sein.“
Die Berlinale ist neben Cannes und Venedig eines der wichtigsten Filmfestivals der Welt. Hunderte Gäste kamen zur Eröffnung, um den Film «Peter von Kant» des französischen Regisseurs François Ozon zu sehen.
Auch auf der Berlinale geht es ums internationale Filmgeschäft: Sony Pictures sicherte sich mit Tom Hanks (65) die weltweiten Rechte an der Neuverfilmung des schwedischen Erfolgsfilms „A Man Named Ove“ ebenso wie die Branchenpublikationen „Deadline“, „The Hollywood Reporter“ und „Variety“ berichtet. Regie führte Marc Forster („Ein Quantum Trost“). Hanks („Philadelphia“, „Forrest Gump“) spielt die Hauptrolle im Hollywood-Remake. Die Messe European Film Market ist Teil der Berlinale. Sie findet am statt das Internet wegen der Corona-Pandemie.
Roth: „Du rennst mir in viele, viele Türen“
Auf der Berlinale hat die Initiative Pro Quote Film die Ungleichbehandlung von Frauen in der Filmbranche angeprangert. „Die Präsenz von Frauen in kreativen Schlüsselpositionen in der Film- und Fernsehbranche muss zunehmen“, forderte Regisseurin Esther Gronenborn. Dies gelte „insbesondere dort, wo öffentliche Mittel verwendet werden“.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) überbrachte ihre Forderungen vorab symbolisch an Pro Quote Film, wie in einem Videoclip zu sehen ist. „Du rennst mir in viele, viele Türen“, betonte Roth. Es ist höchste Zeit, nicht nur für eine feministische Außenpolitik oder eine feministische Entwicklungspolitik, sondern auch für eine feministische Filmpolitik.
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