Geflügelwirtschaft fordert Kennzeichnungspflicht: „Gaststättenbesucher sollen wissen, woher ihr Geflügel kommt“ – Wirtschaft

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Während die Fleischlust der Deutschen allgemein abnimmt, ist sie in einem Bereich anders: Der Appetit auf Hähnchen wächst. Allerdings hat die Geflügelindustrie unter Tierschützern nicht den besten Ruf. Kritisiert wird, dass weder die Haltung der Legehennen noch die Mast der Hühner in überfüllten Ställen etwas mit Tierschutz zu tun haben. Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft, weist dies zurück. Er sagt: Nirgendwo sind die Standards höher als in Deutschland. Deshalb fordert der Verband eine Herkunftsbezeichnung für Geflügelfleisch nicht nur im Handel, sondern auch in der Gastronomie.

Herr Ripke, Sie plädieren dafür, dass Restaurant- und Kantinenbesucher erfahren können, wo Hähnchenbrust oder Putenkeulen herkommen. Wieso den?
Wir haben Verbraucher gefragt, und 78 Prozent sagten, dass sie sich eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie wünschen. Der Trend zur Regionalität ist ungebrochen. Aber ohne Herkunftsbezeichnung geht das nicht.

Ist die Herkunft aus Deutschland wirklich ein gutes Verkaufsargument? Ihre Branche hat sich in der Vergangenheit nicht gerade durch Tierwohl ausgezeichnet. Die meisten Masthähnchen leben noch heute darin Freilauf und am Ende des Mastes überhaupt keinen Platz mehr haben, sich zu bewegen.

Einspruch. Im weltweiten Vergleich sind die deutschen Haltungskriterien zusammen mit Österreich und der Schweiz die strengsten.

Friedrich-Otto Ripke war früher Staatssekretär im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium und ist heute Präsident des Geflügelverbandes….Foto: Promo

Weil es woanders schlimmer ist?
Nein, in den letzten Jahren ist viel passiert. Beim Thema Tierschutz sind wir weiter als unsere EU-Nachbarn. Wir mästen Hühner mit einer Besatzdichte von 35 kg/m² zum Zeitpunkt der Auswilderung. In der EU sind noch 42 kg/m² erlaubt. Legehennen werden bei uns seit vielen Jahren nicht mehr in Käfigen gehalten und Käfige werden in der EU erst 2027 verboten. In Polen werden 80 Prozent der Legehennen in Käfigen gehalten. Unsere Schnäbel werden nicht mehr gestutzt und wir sind die ersten auf der Welt, die aus dem herauskommen Das Töten von Küken stieg aus. Die Lebensmittelsicherheit ist hier höher als im Ausland. Waren aus Deutschland zu kaufen ist gut für den CO²-Fußabdruck und damit für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Außerdem wollen die Verbraucher deutsches Geflügel. Der Verbrauch steigt. Jeder Bundesbürger verzehrt durchschnittlich 22,3 Kilogramm Geflügelfleisch im Jahr, verglichen mit 195 Jahren vor fünf Jahren. Wir produzieren gesundes, preiswertes Protein. Ich wünsche mir daher ein kombiniertes Haltungs- und Herkunftssiegel.

Wo bleibt der Tierschutz, wenn man ein Kilo Hähnchenschenkel für 2,50 Euro bekommt? Oder ist das kein deutsches Huhn?
Das musst du den Supermarkt fragen.

Soll die Herkunftskennzeichnung verhindern, dass billigere Importware Ihre Produkte verdrängt?
Ja, denn unsere Ware ist qualitativ hochwertiger, sowohl in Bezug auf das Tierwohl als auch auf die Lebensmittelsicherheit. Das hat seinen Preis. Es kann nicht sein, dass billige Importware unsere Produkte verdrängt. Aber das ist
nicht nur ein Einzelhandelsthema. Im Geflügelbereich gehen mehr als 50 Prozent des Fleisches über Kantinen, Kantinen, Imbisse oder Restaurants an die Kunden. Es ist nicht mehr zeitgemäß, wenn ich im Restaurant nicht weiß, woher das Geflügel kommt.

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Aber das ist bei Schweinen und Rindern nicht anders. Warum sind Sie die Speerspitze der Bewegung?
Wir wollen, dass sich etwas bewegt. Die Viehkommission Borchert hat Vorschläge für eine bessere Tierhaltung und -förderung gemacht, vom Schwein über Geflügel bis zur Milch. Aber seitdem ist nichts passiert. Unsere Tierhalter sind völlig verunsichert. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir spricht nur von einer Haltungskennzeichnung, nicht aber von einer Herkunftskennzeichnung. Aber wir brauchen beides. Die Politik muss die deutsche Nutztierhaltung sichern. Dazu gehören sichere Umsätze und eine langfristig gesicherte Finanzierung!

Viele Legehennen unter einem Dach: Im Vergleich zum Rest der Welt seien die deutschen Vorschriften jedoch streng, sagt Ripke.Foto: dpa/Karl-Joseph Hildenbrand

Für die Tierhaltung gibt es im Handel eine vierstufige Skala: Stufe eins ist nur der gesetzliche Mindeststandard, Stufe vier ist Bio. In welche Kategorie fällt der Großteil des deutschen Puten- oder Hähnchenfleisches?
In Klasse eins haben wir praktisch nichts mehr, 85 bis 90 Prozent des Geflügelfleisches ist Klasse zwei oder besser.

Und die Etappen drei und vier?
vier Prozent ausmachen. Seit 25 Jahren haben wir das Katzensystem für Eier, so dass Sie sehen können, aus welchem ​​Land, Hof und Haltungsform das Ei stammt. Das kann auch ein Vorbild für das Fleisch sein.

Was ist mit Nudeln oder Keksen? Ich weiß nicht einmal, woher die Eier kommen.
Ja, und auch das muss sich ändern. Umso mehr, als das Töten von Küken seit diesem Jahr in Deutschland verboten ist. Die meisten Eier in verarbeiteten Produkten werden importiert, weil sie im Ausland billiger sind.

Als das Kükentötungsgesetz verabschiedet wurde, warnten Sie davor, dass deutsche Brütereien nicht mehr wettbewerbsfähig seien. Haben sich Ihre Sorgen bewahrheitet?
Leider ja. Kleine Brütereien haben aufgegeben, ebenso kleine Legehennenhalter, und viele werden dies auch weiterhin tun. Wenn Sie 3000 Legehennen halten, können Sie den Preis für Junghennen, die Sie alle zwei Jahre wechseln müssen, nicht verdoppeln. Der Preis für Eier spiegelt das nicht wider. Wir hätten eine europäische Lösung gebraucht. Stattdessen drängte Deutschland voran. Nun wird ein Teil der Junghennen bei EU-Nachbarn bestellt, zum Beispiel in Holland. Und die Brüderhähne, die wir jetzt aufziehen müssen, werden in diesen Ländern getötet. Wir haben bei der Aber auch die Bruderhahnmast hat erhebliche Probleme.

Auch Männchen dürfen leben: Seit das Töten von Küken verboten ist, werden Eier mit männlichen Küken entweder gar nicht ausgebrütet oder…Foto: dpa/Jens Büttner

Wie sehen sie aus?
Wir haben nicht genug Ställe. Obwohl wir rund sechs Millionen Mastplätze für die Bruderhähne geschaffen haben, gibt es in Osteuropa genauso viele Tiere. Und wir von Kat müssen jetzt prüfen, wie die Mastbedingungen dort sind. Außerdem wollen derzeit nur wenige Verbraucher das Bruder-Hahnfleisch. Es ist dunkel und faserig. Das Gesetz war ein Schnellschuss, der bis heute nicht praktikabel ist. Derzeit können jährlich nur etwa sechs Millionen Eier selektiert werden, um die Männchen im Ei auszusortieren. Aber wir brauchen mehr als das Doppelte.

Wie viele Betriebe sind gefährdet?
Bei der letzten offiziellen Landwirtschaftszählung gaben 41 Prozent der 54.000 befragten Betriebe an, keinen Nachfolger zu haben. Die meisten stammen aus Kleinviehbetrieben.

Warum ist das so?
Das schrittweise Abschaffen des Kükentötens erhöht die Kosten pro Ei um zwei Cent, wobei höhere Energie- und Futterkosten weitere zwei Cent hinzufügen. Die Kosten pro Ei sind um vier Cent gestiegen, aber der Lebensmitteleinzelhandel zahlt den Mehrpreis immer noch nicht. Vor allem kleine Produzenten können damit kein Geld mehr verdienen. Kollateralschäden gibt es übrigens auch andernorts: Viele Zoos müssen ihre Futterküken inzwischen in Spanien kaufen.

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In der Geflügelzucht gibt es Tierfabriken mit hunderttausenden Tieren. Müssen sie schließen, wenn Cem Özdemir Ernst macht und die Tierhaltung davon abhängt, dass die Betreiber genug Land haben, um die Tiere zu füttern und den Mist zu entsorgen?

Solche Fabriken gibt es in Russland, China und Südamerika, aber nicht hier.

Allein die Deutsche Frühstücksei GmbH hat schätzungsweise 16 Millionen Legehennen.
Die Zahl ist völlig übertrieben und liegt korrekterweise unter fünf Millionen. Die Legehennen stehen nicht alle auf dem gleichen Hof, sondern auf vielen Höfen in vielen Ställen. Andernfalls wäre dies mit dem deutschen Raumordnungsrecht nicht vereinbar. Wir haben keine riesigen Tierfabriken in Deutschland. Wir können uns nicht mehr mit Eiern versorgen. 30 Prozent der Schaleneier müssen wir aus dem Ausland kaufen, meist aus Holland oder Polen. Ernährungssicherung und Tierschutz müssen hier dringend in Einklang gebracht werden.

Wie funktioniert das?
Je höher die Haltungsstufe, desto weniger Tiere befinden sich im Stallbereich. Dies bedeutet natürlich höhere Preise für die Verbraucher. Aber ein jahrzehntelang bestehendes Unternehmen wird nicht aufgelöst. Das ist überhaupt nicht legal. Was für die Zukunft und für mehr Tierschutz wichtig ist: Wir müssen den Zielkonflikt mit dem Baurecht lösen. Wenn Sie Ihren Stall umbauen wollen, brauchen Sie eine Genehmigung. Das dauert Jahre und verhindert schnelle Lösungen für tiergerechtere Ställe. Das muss sich ändern. Wir müssen Landwirten die Umstellung ermöglichen, wenn sie dies nach klar definierten, staatlichen Haltungskriterien tun wollen. Dazu brauchen wir Öffnungsklauseln, die den Bauämtern die Arbeit erleichtern. Aber das muss schnell gehen.

Eier aus Freilandhaltung könnten aufgrund der Vogelgrippe knapp werden.Foto: imago stock&people/Strussfoto

Was ist mit dem Vogelgrippe? Jetzt kommen Gänse und Kraniche zurück. Wie groß ist die Gefahr?
Mit den Zugvögeln hat die Krankheit wenig zu tun. Unsere heimischen Wildvögel haben das Vogelschädlingsvirus in sich – das ganze Jahr über. Leider wird die Vogelgrippe endemisch.

Was bedeutet das praktisch?
Wir brauchen einen Impfstoff gegen die Vogelgrippe, einen neuen Markerimpfstoff, der uns erlaubt, geimpfte von kranken Tieren zu unterscheiden. Aber das wird wohl noch Jahre dauern. Es gibt 140 Subtypen der Vogelgrippe.

Glauben Sie, dass Eier aus Freilandhaltung zu Ostern knapp werden könnten?
Solange wir keinen Impfstoff haben, bleibt nur die Quarantäne. Das gilt für die Freilandhühner, die in den Stall müssen, wenn in der Region die Vogelgrippe ausbricht. Es ist gut, dass es immer mehr Legehennen in Freilandhaltung gibt, aber wenn Freilandhühner länger als 16 Wochen im Stall bleiben müssen, dürfen ihre Eier nur noch als Bodenhaltungseier vermarktet werden. Das bremst natürlich die Entwicklung hin zur Freilandhaltung. Und ja, es kann sein, dass das eine oder andere Regal voll mit Boden- oder Bio-Eiern ist, aber Eier aus Freilandhaltung fehlen. Im Bio-Bereich müssen die Bio-Hühner ein Drittel ihres Lebens im Freien sein. Das ist flexibler. Das wünschen wir uns auch für die Freilandhaltung und wollen, dass die EU-Vermarktungsnorm entsprechend geändert wird.