Geschichte – Berlin – Lederer gegen Umbenennung von Lutherstraßen – Wissen

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Berlin (dpa/bb) – Berlins Kultursenator Klaus Lederer hat sich gegen die Umbenennung von Straßen nach Martin Luther oder Richard Wagner ausgesprochen. „Wir sollten uns fragen, welche dieser Personen für uns in der Gegenwart noch relevant sind“, sagte der Linken-Politiker in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der „Berliner Morgenpost“. Bei Wagner ist dies sein kompositorisches Werk und bei Luther sein Wirken als Reformator.

„Das kann man nicht einfach wegwischen“, sagt Lederer. „Aber man kann nicht übersehen, dass beide auch Antisemiten waren, die das auch öffentlich sehr nachdrücklich verteidigt haben. Deshalb müssen wir nach Wegen suchen, diesen Widerspruch sichtbar zu machen, damit zukünftige Generationen daraus lernen können.“

Im Dezember initiierten der Berliner Beauftragte gegen Antisemitismus, Samuel Salzborn, und der Politikwissenschaftler Felix Sassmannshausen eine Debatte über Straßennamen mit antijüdischen Bezügen. In einem Dossier listeten sie rund 290 Straßen und Plätze in der Hauptstadt auf, die nach historischen Persönlichkeiten benannt sind, die heute als Antisemiten gelten, die antisemitische Äußerungen getätigt oder antijüdische Ressentiments vertreten haben sollen. In einigen Fällen empfiehlt Sassmannshausen eine Umbenennung, in anderen Fällen weitere Recherchen oder eine „Kontextualisierung“. Das bedeutet zusätzliche Informationen zum Namensgeber, zum Beispiel in digitalen Straßenverzeichnissen oder auf einer Ortstafel.

„Die Debatte ist wichtig, sie ermöglicht historisches Lernen. Es gibt sehr unterschiedliche Wege, Persönlichkeiten in ihren Widersprüchen ernst zu nehmen“, sagte Lederer. „Das muss nicht zwingend mit einer Umbenennung einhergehen, sondern kann auch kontextualisiert werden. Ich bin kein Freund davon, die Geschichte aus der Stadt zu tilgen. Aber es gibt Namen, bei denen eine Umbenennung die richtige Konsequenz ist.“ Als Beispiel nannte er den Historiker, Politologen und Publizisten Heinrich Gotthard von Treitschke (1834-1896), der heute als Antisemit gilt. Die Treitschkestraße in Berlin-Steglitz ist nach ihm benannt.

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