Gesundheit – 18+ Impfpläne nehmen Gestalt an – Gesundheit

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Gesundheit – 18+ Impfpläne nehmen Gestalt an – Gesundheit

Berlin (dpa) – Wenige Tage vor den ersten Beratungen zur Corona-Impfpflicht im Bundestag nehmen die Pläne der Befürworter Gestalt an.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese, der gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Ampelkoalition die Eckpunkte für die Impfpflicht ab 18 Jahren vorbereitet, nennt nun Details zu den Plänen: Die Pflicht soll auf einen beschränkt werden zwei Jahre, gelten für nicht mehr als drei Impfungen und werden durch Bußgelder durchgesetzt, sagt der Innen- und Rechtspolitiker der Deutschen Presse-Agentur. Er will auf ein Impfregister verzichten, weil es zu zeitintensiv sei, und Ausnahmen vom Amtsarzt prüfen lassen.

Am Freitag hatte Wiese gemeinsam mit sechs Politikern von Grünen und FDP in einem Brief an alle Bundestagsabgeordneten außer denen der AfD einen Sammelantrag auf Impfpflicht ab 18 Jahren angekündigt. Es ist der Antrag, hinter dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stehen soll, der sich bereits für eine Impfpflicht ab 18 Jahren ausgesprochen hat. Scholz warb am Wochenende erneut in der „Süddeutschen Zeitung“: „Ohne Impfpflicht werden wir die Quote nicht auf das Niveau bringen können, das nötig ist, damit wir die Pandemie hinter uns bringen können.“ Statt der derzeitigen Impfquote von 75,4 Prozent bei den Erstimpfungen sind 90 Prozent notwendig.

Das sind die konkreten Pläne der Koalitionsabgeordneten:

Pflicht für nur drei Impfungen

Zwei, drei oder am Ende noch mehr Spritzen? Es muss geklärt werden, wie viele Impfungen zur Erfüllung der Pflicht notwendig sind. Im Fraktionsantrag der Koalitionsabgeordneten sollen es drei sein. „Auf Basis der aktuellen Studien kann man sagen, dass man mit drei Impfungen eine gute Grundimmunisierung gegen einen schweren Verlauf erreicht hat“, sagt Wiese. Wenn später eine weitere Auffrischungsimpfung für ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen sinnvoll ist, sollte diese freiwillig sein.

Befristet auf ein bis zwei Jahre

„Diese Impfpflicht sollte nicht ewig gelten“, sagt Wiese. „Es kann sein, dass wir irgendwann eine so hohe Grundimmunität haben, dass wir keine Impfung mehr brauchen.“ Bei der Dauer der Frist wollen die Abgeordneten auf den Rat von Experten setzen. „Aber es werden sicher nicht nur ein paar Monate sein, sondern eher ein bis zwei Jahre.“

Bußgeld als Hauptsanktion

Und mit welchen Sanktionen sollen Ungeimpfte zur Impfung bewegt werden? Wiese und Dahmen sind für Bußgelder und gegen Zwangsmaßnahmen wie Zwangshaft. Nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz sind Geldbußen von fünf bis 1.000 Euro möglich, „sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht“. Sie könnten auch für die Impfpflicht noch höher angesetzt werden. Dahmen plädiert für einen „mittleren dreistelligen Bereich“. Bei Nichtzahlung könne man laut Wiese über eine individuelle Strafzahlung nachdenken. „So könnte man bei der Bestimmung der Körpergröße auch die persönlichen Lebensumstände berücksichtigen.“ Nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz liegt die Obergrenze für ein Bußgeld bei 25.000 Euro.

Impfregister? Aus Zeitgründen nicht praktikabel

Die Umsetzung der Impfpflicht könnte durch die Erfassung von Impfungen in einem zentralen Register erfolgen. Seine Struktur ist jedoch komplex und es gibt Bedenken von Datenschutzbeauftragten. „Das ist für die aktuelle Debatte aus Zeitgründen nicht sinnvoll“, sagt Wiese. Die Impfpflicht soll noch für den nächsten Herbst und Winter gelten. Dafür würde der Aufbau eines Impfregisters zu lange dauern. „Es gibt ein paar Ideen, wie man die Bürger trotzdem anschreiben kann: über die Krankenkassen oder über die Kommunen, die die Meldedaten haben“, sagt Wiese.

Der Arzt sollte Ausnahmen kontrollieren

Ausgenommen von der Impfpflicht sind Personen, bei denen gesundheitliche Gründe gegen eine Impfung sprechen. „Ich bin dafür, dass es nicht vom Hausarzt, sondern vom Amtsarzt bestätigt wird“, sagt Wiese. Hintergrund ist, dass es unter Ärzten auch Anti-Impf-Ärzte gibt, die befürchten, dass sie bei der Ausstellung von Befreiungsbescheinigungen sehr großzügig sein könnten.

Zeitplan: gültig im Sommer

Die Entscheidung im Bundestag soll bis Ende März fallen. Danach muss das Impfgesetz noch in den Bundesrat, bevor es in Kraft tritt. Es soll dann eine Art Schonfrist geben, in der Ungeimpfte geimpft werden können, um Sanktionen zu vermeiden. „Der Zeitraum von gut drei Monaten für die einrichtungsbezogene Impfpflicht könnte eine Orientierung bieten“, sagt Wiese. Unter dem Strich würde die Impfpflicht bei Zustimmung des Bundestages im März irgendwann zwischen Juni und August greifen.

Was macht die Konkurrenz?

Das Konzept der Koalitionsabgeordneten ist nicht konkurrenzlos. Der FDP-Politiker Andreas Ullmann bereitet einen Antrag auf Impfpflicht ab 50 vor. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hat bereits einen gegen die Impfpflicht gestellt. An diesem Montag werden sich die stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andrea Lindholz und Sepp Müller, zu den Plänen der Union äußern. Kubicki befürchtet Chaos bei der Umsetzung der Impfpflicht, weil seiner Meinung nach viele Impfgegner trotz Bußgeld ablehnen werden. „Ein Staat, der nicht umsetzen kann, was er befiehlt, ist lächerlich. Und das wäre Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker und Corona-Leugner“, sagte der FDP-Politiker laut „Bild am Sonntag“.

Wie ist die Stimmung in der Bevölkerung?

Eine klare Mehrheit spricht sich nach wie vor für eine Impfpflicht aus. Doch laut einer von der Deutschen Presse-Agentur in Auftrag gegebenen YouGov-Umfrage sinkt die Zustimmung leicht. Demnach befürworten 60 Prozent die Verpflichtung, 32 Prozent sind dagegen, 8 Prozent machen keine Angaben. Anfang Dezember waren noch 63 Prozent dafür und nur 30 Prozent dagegen.

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