Gesundheit: Der Ruf nach einer „Exit-Strategie“ in der Corona-Pandemie wird lauter – innenpolitisch

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Gesundheit: Der Ruf nach einer „Exit-Strategie“ in der Corona-Pandemie wird lauter – innenpolitisch

Bundesfinanzminister Christian Lindner Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte dem „Spiegel“: „Wir sind noch nicht hinter der Omicron-Welle, aber wir müssen jetzt daran arbeiten, wann und unter welchen Bedingungen es zu schrittweisen Öffnungen kommen kann.“ Die nächste Bund-Länder-Runde im Februar soll sich damit befassen.

Man brauche einen wirksamen Gesundheitsschutz, sagt Lindner. „Die ansteckende Omicron-Variante stellt eine Herausforderung dar. Für uns Liberale gilt jedoch, dass Freiheitsbeschränkungen nur in dem Maße vertretbar sind, wie es die Situation erfordert.“

Offene Perspektive wichtig

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur, bei den Beratungen von Bund und Ländern am vergangenen Montag sei zu Recht bereits eine notwendige Öffnungsperspektive in Aussicht gestellt worden. „Dazu sind Bund und Länder gefordert. Gleichzeitig muss unter Einbeziehung des Sachverständigenrates der Bundesregierung frühzeitig beraten werden, welche Branchen und Bereiche zuerst darunter fallen können.“

Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Sepp Müller (CDU) sagte der dpa: „Die omicron-Mauer wird in den nächsten 14 Tagen ihren höchsten Stand erreichen. Alle Beteiligten müssen diese Zeit nutzen, um mit Augenmaß Öffnungsschritte zu skizzieren.“ Vorbereitet werden müssten solche Schritte insbesondere im Kinder- und Jugendbereich sowie im Sport- und Kulturbereich: „Aus meiner Sicht beträgt die Vorlaufzeit für Gastronomie und Veranstaltungen vier Wochen.“ Hier rechnet er mit Anregungen des Sachverständigenrats – Müller sprach unter anderem die Frage an, ob eine Rückkehr zu 3G möglich sei, also Zugang für Geimpfte, Genesene und Getestete.

Der Handel drängt auf die Abschaffung der 2G-Regelung

Lindner sagte auch, er erhoffe sich Rat vom Sachverständigenrat der Bundesregierung. „Einschränkungen können schnell beschlossen werden, aber der Hochlauf erfordert Vorbereitung. Im Handel und in der Gastronomie kann man die 2G-Regularien sehr schnell ändern, in anderen Bereichen braucht man aber einen Planungshorizont. Ich denke an Messen, die Veranstaltungsbranche, den Kulturbereich, die diese Vorlaufzeit brauchen. Es geht darum, eine Erwartungsperspektive zu schaffen, unter welchen Bedingungen und in welchen Schritten was möglich ist.“ Unter anderem drängen Händler angesichts des Umsatzeinbruchs auf die flächendeckende Abschaffung der 2G-Zugangsbeschränkungen für Händler.

Im Beschlusspapier von Bund und Ländern vom Montag hieß es, es sollten Öffnungsperspektiven für den Moment entwickelt werden, in dem eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann. Die nächsten Beratungsgespräche sind für den 16. Februar geplant – sofern nicht der weitere Infektionsverlauf ein früheres Treffen erforderlich macht.

Die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen ist mittlerweile auf einen neuen Höchststand gestiegen. Nach Angaben von Sonntagmorgen haben die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) innerhalb eines Tages 118.970 Neuinfektionen gemeldet. Der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche stieg auf 1156,8 – am Vortag lag die bundesweite Inzidenz bei 1127,7, vor einer Woche waren es 806,8. Experten gehen davon aus, dass es eine hohe und steigende Zahl von Fällen geben wird, die nicht in den RKI-Daten erfasst werden, auch weil Testkapazitäten und Gesundheitsämter vielerorts an ihre Grenzen stoßen.

Weniger schwerer Krankheitsverlauf

„Anders als befürchtet sehen wir trotz steigender Infektionszahlen mit dem Coronavirus glücklicherweise keine Zunahme schwerer Erkrankungen“, sagte der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der dpa. „Ich finde es daher äußerst wichtig, dass wir in der aktuellen Situation ein starkes positives Signal an die Menschen senden und beginnen, ernsthaft und intensiv über mögliche Öffnungsperspektiven zu sprechen.“

Es wäre zu spät, diese Diskussion erst zu beginnen, nachdem der Höhepunkt der Omicron-Welle überschritten ist, sagte Djir-Sarai. „Experten gehen derzeit davon aus, dass die Infektionszahlen gegen Ende Februar wieder sinken werden. Wenn sich das bewahrheitet und keine Überlastung des Gesundheitssystems mehr droht, müssen wir schon jetzt mit einer klaren Ausstiegsstrategie bereitstehen.“

seinen Zenit noch nicht überschritten

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte am Freitag, die Omicron-Welle in Deutschland sei gut im Griff. Der Zenit ist jedoch noch nicht überschritten. Ziel bleibt es, die Folgen zu minimieren und Millionen ungeimpfter älterer Menschen zu schützen. Für die zweite Februarhälfte oder Anfang März könne es dann eine „auflockernde Perspektive“ geben.

In England, wo durch die Omicron-Welle relativ große Freiheiten bestanden, seien noch geltende Maßnahmen bereits getroffen worden. In Dänemark müssen die Menschen ab Dienstag keine Masken mehr tragen oder einen Impfnachweis vorlegen. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hatte gesagt, die hohe Impfbereitschaft habe sich als „Superwaffe“ entpuppt. Omicron verursacht selten schwere Erkrankungen und die Zahl der Krankenhauseinweisungen ist relativ gering.

In Dänemark sind mehr als 80 Prozent der Gesamtbevölkerung zweimal geimpft – das sind mehr als in Deutschland. Wie aus RKI-Daten hervorgeht, erhielten hierzulande 75,7 Prozent der Menschen mindestens eine Impfdosis bis einschließlich Freitag. Das Ziel der Bundesregierung, bis Ende Januar 80 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal gegen Corona zu impfen, ist kaum zu erreichen.

© dpa-infocom, dpa:220130-99-905671/3

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