Düsseldorf (dpa/lnw) – In Nordrhein-Westfalen sind seit Samstag wesentliche Corona-Auflagen aufgehoben. Für Ungeimpfte gibt es also keine Kontaktbeschränkungen mehr. Ebenso gibt es bei Veranstaltungen wie Bundesliga-Fußballspielen keine Zuschauerbegrenzung. Die Maskenpflicht in Innenräumen – etwa beim Einkaufen und in Schulen – wurde bis zum 2. April verlängert. Und in Freizeitbereichen wie Theatern, Museen, Kinos, Zoos, Hotels und Restaurants gilt in NRW vorerst die 3G-Regelung (geimpft, genesen oder getestet).
NRW nutzte damit eine von der Bundesregierung gewährte Übergangsfrist. Bundestag und Bundesrat haben am Freitag das umstrittene neue Infektionsschutzgesetz beschlossen, das das Auslaufen der meisten bundesweiten Corona-Auflagen vorsieht. Es erlaubt den Bundesländern jedoch, die meisten Schutzmaßnahmen vorübergehend für zwei Wochen aufrechtzuerhalten.
Zugangsbeschränkungen wie die 3G-Regelung gelten nicht mehr für Angebote der Jugendarbeit, Outdoor-Sport, Tagungen, Hochzeiten und Feiern in privaten Räumen. Für Großveranstaltungen und Volksfeste gilt in der Übergangszeit aber weiterhin 3G. In Clubs und Diskotheken gilt weiterhin 2G plus, was bedeutet, dass nur geimpfte Personen mit einem zusätzlichen negativen Corona-Test Zugang haben.
Die Maskenpflicht im Freien wird aufgehoben. Die Landesregierung empfiehlt jedoch, in Situationen mit vielen Menschen auf engem Raum einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kritisierte die vom Bundestag beschlossenen weitgehenden Lockerungen inmitten einer Corona-Infektionswelle als „unverantwortlich“. Es wäre zumindest „absolut richtig“ gewesen, die Maskenpflicht in Innenräumen über den 2. April hinaus zu verlängern, sagte Laumann am Samstag im Radiosender WDR 5.
Zugleich warnte der CDU-Politiker vor den Folgen des Öffnungskurses für Wirtschaft und kritische Infrastruktur. Die Länder könnten künftig nur noch mit strengeren Corona-Maßnahmen reagieren, wenn das Gesundheitssystem überlastet sei. Diese wird maßgeblich durch die Belegung der Intensivstationen bestimmt. Derzeit werden weniger Menschen intensiv wegen Corona behandelt. Aber die Leute werden immer noch sehr krank, sagt Laumann. Wer sich ansteckt – und das waren am Freitag allein in NRW mehr als 50.000 – musste sieben Tage zu Hause bleiben. Die vielen Erkrankten seien „ein zunehmendes Problem“ in der Wirtschaft und im sozialen Bereich.
Was in Berlin beschlossen wurde, „passe nicht zur Situation des Virus und der Corona-Pandemie in Deutschland“. Über die Bundesländer sei gar nicht gesprochen worden, sagte der NRW-Minister. „Das ist eine arrogante Politik, und sie ist auch falsch.“
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) will, dass die Bundesregierung zu einer mit den Ländern abgestimmten Corona-Politik zurückkehrt. „Ich hoffe, dass die Bundesregierung bald wieder zur Gemeinsamkeit in der Pandemiepolitik zurückkehrt“, sagte Wüst, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Die Bundesregierung hat dieses Gesetz ohne die explizit zugesagte, frühzeitige Beteiligung der Länder ausgearbeitet. Sie hat auf die Expertise der Länder verzichtet – obwohl die Länder maßgeblich für die Umsetzung verantwortlich sind“, sagte Wüst. Alle Länder sind sich über Parteigrenzen hinweg einig, dass dieses Vorgehen der Bundesregierung nicht hinnehmbar ist.
Die Corona-Inzidenz in Nordrhein-Westfalen ist derweil weiter leicht gestiegen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen am Samstagmorgen bei 1463,9 – am Vortag waren es 1461,5 gewesen. Damit lag die Corona-Inzidenz in NRW noch unter der bundesweiten Inzidenz von 1735,0. Innerhalb von 24 Stunden kamen im bevölkerungsreichsten Bundesland 43.959 bestätigte Corona-Neuinfektionen und 62 Corona-Tote hinzu.
Nach Angaben des Landeszentrums für Gesundheit stieg die sogenannte Krankenhaushäufigkeit in NRW weiter an. Die Zahl der Corona-Infizierten, die innerhalb von sieben Tagen pro 100.000 Einwohner in Kliniken kamen, lag bei 8,42 (Freitag: 8.01).
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