Gesundheit – Kritik an Ampel-Corona-Politik – FDP wendet sich an RKI-Chef – Gesundheit

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Gesundheit – Kritik an Ampel-Corona-Politik – FDP wendet sich an RKI-Chef – Gesundheit

Berlin/Stuttgart (dpa) – Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Corona-Pandemie in Frage gestellt.

Der Grünen-Politiker sagte am Samstag im Deutschlandfunk: „In einer Pandemie muss der Regierungschef stark führen, anders geht es nicht.“ Kompromisse sollten nicht willkürlich eingegangen werden. Die FDP distanzierte sich vom Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler. Ein Grund ist, dass das RKI den genesenen Status von sechs auf drei Monate verkürzte, was viele Bürger überraschte.

Kretschmann sagte, in der Krise brauche es eine Richtlinienkompetenz des Regierungschefs. Wenn die Koalitionspartner dem nicht relativ frei folgen, ist das ein Problem. Er erinnerte an die Aussage von Scholz, wer bei ihm eine Tour bestelle, bekomme sie auch. Vor allem die FDP in der Bundesregierung – kleinster Koalitionspartner der Ampelregierung – befürwortet Öffnungsschritte und Lockerungen der Corona-Regeln, während Scholz noch auf die Bremse tritt.

Kretschmann warnte davor, Kompromisse einzugehen, auch wenn das in einer Regierung mit drei Partnern kompliziert wäre. Die Lösung, eine generelle Corona-Impfung über Gruppenanträge im Bundestag einführen zu wollen, sei ein langwieriger Prozess „mit der Gefahr, dass am Ende alles zerredet wird und keine klare Linie dabei herauskommt“.

Über die mögliche Einführung einer Impfpflicht soll voraussichtlich im März im Bundestag abgestimmt werden. Die Abgeordneten sollen ihre Stimme ohne Fraktionszwang abgeben und können sich fraktionsübergreifenden Fraktionsanträgen anschließen. Mehrere Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP schlagen in einem Eckpunktepapier vor, dass eine Corona-Impfung für alle Erwachsenen ab 18 Jahren „mit ständigem Wohnsitz in Deutschland“ gelten soll. Sie wäre mit drei Impfungen erfüllt und bis Ende nächsten Jahres befristet. Wer den Nachweis nicht erbringt, dem drohen Geldstrafen, notfalls mehrfach.

In einem weiteren Antrag plädieren Parlamentarier um den FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann für einen Mittelweg – sie befürworten eine verpflichtende fachliche und persönliche Beratung für alle ungeimpften Erwachsenen. Wird die notwendige Impfquote nach einer gewissen Zeit nicht erreicht, könnte eine Pflicht ab 50 Jahren gelten. Eine Fraktion um FDP-Vize Wolfgang Kubicki hingegen will eine Impfpflicht generell verhindern. Auch die AfD hat einen Antrag gegen die Impfpflicht gestellt.

Im benachbarten Österreich ist seit Samstag für fast alle Einwohner ab 18 Jahren eine Corona-Impfung Pflicht. Nach einer Übergangsfrist bis Mitte März drohen Impfverweigerern empfindliche Bußgelder. Das vom Parlament verabschiedete Gesetz sieht Ausnahmen für Schwangere und Personen vor, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, sowie für Genesene.

Der Virologe Klaus Stöhr hält eine generelle Impfpflicht derzeit für „nicht zielführend“. Er sagte der „Fuldaer Zeitung“, dass es generell ein guter Weg sein könnte, die Impfquoten zu erhöhen. „Aber sie ist nicht alternativlos“, sagte er. „Außerdem ist es nicht ohne Nebenwirkungen.“ Stöhr riet dazu, mehr Soziologen und Psychologen einzubeziehen, um mit einem besseren Wissen über die Impfskeptiker gezielte Impfangebote machen zu können.

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte der „Rheinischen Post“: „Wenn Impfpflicht besteht, dann für alle Erwachsenen, nicht nur für ältere Menschen auch sinnvoll umgesetzt werden: „Zuvor muss geklärt werden, wie die Impfpflicht kontrolliert werden soll.“

Auch der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sprach sich für eine Impfpflicht aus. „Der Antrag auf eine generelle Impfpflicht ab dem 18. Lebensjahr für die Dauer von zwei Jahren erscheint mir am sinnvollsten“, sagte er der „Rheinischen Post“. Über die Sanktionen für diejenigen, die noch nicht geimpft sind, ist er jedoch noch unklar.

Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kritisierte im „Spiegel“ das Vorgehen des RKI. „Ich habe großen Respekt vor den Leistungen von RKI-Chef Lothar Wieler in den vergangenen zwei Jahren während der Pandemie“, sagte er. Mit Blick auf die Verkürzung des genesenen Status fügte er hinzu: „Aufgrund dieses jüngsten Fehlverhaltens, das leider kein Einzelfall ist, kann sich Herr Wieler des Vertrauens der FDP nicht mehr sicher sein.“

Das RKI meldete derweil einen weiteren Anstieg der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz auf 1388,0. Gleichzeitig schwächte sich das Impftempo weiter ab. Am Vortag wurden nach RKI-Zahlen vom Samstag mindestens 266.000 Impfdosen gegen das Coronavirus gespritzt. Am Freitag vor einer Woche waren es noch 428.375 Dosen – vor zwei Wochen etwa 589.000 Dosen. 74,4 Prozent der Menschen haben laut RKI einen Basisschutz, meist mit zwei Spritzen. Bisher haben den Angaben zufolge 54,2 Prozent auch eine Auffrischungsimpfung erhalten.

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