Gesundheit: Schimpansen stecken Insekten in Wunden

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Gesundheit: Schimpansen stecken Insekten in Wunden

Osnabrück (dpa) – Auch Affen können Wirkstoffe nutzen, die in Tieren enthalten sind: Freilebende Schimpansen fangen und zerquetschen Insekten und platzieren sie in ihren eigenen Wunden und denen von Gruppenmitgliedern.

Diese Entdeckung machten Forscher aus Osnabrück und Leipzig beim Schimpansenprojekt „Ozouga“ im Loango-Nationalpark in Gabun. Über ihre Beobachtungen berichten sie im Fachblatt „Current Biology“.

Das Team um den Primatenforscher Tobias Deschner und die Kognitionsbiologin Simone Pika von der Universität Osnabrück beobachtet im Nationalpark eine Gemeinschaft von rund 45 Schimpansen. Im Mittelpunkt stehen soziale Beziehungen, Interaktionen und Streitigkeiten innerhalb der Gruppe. Auch das Jagdverhalten der Tiere, ihr Werkzeuggebrauch sowie ihre kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten werden untersucht.

in die Wunde legen

Über einen Zeitraum von 15 Monaten dokumentierten die Forscher 76 Fälle, in denen Tiere offene Wunden hatten. Bei 22 von ihnen wurde beobachtet, wie gezielt Insekten in die Wunde gesetzt wurden. Dazu fingen die Primaten ein Insekt aus der Luft oder nahmen es von einem Blatt und zerquetschten es zwischen ihren Lippen, berichten die Forscher. Dann legten sie es mit dem Mund oder den Fingern auf die Wunde und bewegten es mit den Fingerspitzen hin und her. Dann zogen sie das Insekt mit den Fingern oder dem Mund aus der Wunde. Dieser Vorgang wurde mehrmals wiederholt.

Dass Insekten, die bestimmte Substanzen enthalten, zur Schmerzlinderung und Entzündungsminderung eingesetzt werden, sei bisher nur vom Menschen bekannt, sagte Kognitionsforscherin Pika. Es war jedoch bereits klar, dass viele Tiere Pflanzenteile oder andere Dinge für medizinische Zwecke verwenden. „Zum Beispiel konsumieren unsere nächsten lebenden Verwandten, die Schimpansen und Bonobos, bestimmte Blätter, um sich vor Darmparasiten zu schützen.“

Insekten sollen analysiert werden

Die Forscher waren auch erstaunt, dass die Schimpansen nicht nur ihre eigenen Wunden, sondern auch die anderer Tiere in der Gruppe mit den zerquetschten Insekten verletzten. „Solche prosozialen Verhaltensweisen für Gruppenmitglieder wurden bisher nur sehr selten bei nichtmenschlichen Tieren beobachtet“, sagt Pika. Ob die von den Schimpansen gefangenen Insekten tatsächlich bestimmte Stoffe enthalten, die beispielsweise die Wundheilung fördern, ist noch unklar. Um das zu klären, wollen die Forscher die Überreste der verwendeten Insekten sammeln und analysieren.

„Es ist faszinierend, dass uns Schimpansen trotz jahrzehntelanger Forschung immer wieder mit neuen Verhaltensweisen und Fähigkeiten überraschen“, sagt Tobias Deschner, Direktor der Ozouga-Station. Über die nächsten Verwandten der Menschen gibt es noch viel zu lernen. Ihr Schutz und der ihrer Lebensräume muss intensiviert werden.