Einer aktuellen Umfrage zufolge befürchten viele Deutsche, dass sich die Bundeswehr künftig aktiv an Kampfeinsätzen beteiligen muss. Sorgen bereiten ihnen auch erhöhte Rüstungsausgaben und eine neue Außenpolitik der Bundesregierung.
Angesichts der anhaltenden Eskalation der Gewalt wächst in der Bevölkerung die Sorge vor einer Beteiligung Deutschlands am Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Laut einer aktuellen Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos sind mehr als drei Viertel der Deutschen darüber besorgt.
Schwere Wirtschaftskrise und hohe Schuldenlast befürchtet
Fast die Hälfte der Befragten ist nach eigenen Angaben sehr besorgt über einen möglichen Einsatz der Bundeswehr in der Ukraine. Knapp sieben Prozent machen sich darüber überhaupt keine Gedanken.
Noch größer ist hierzulande die Angst vor den langfristigen wirtschaftlichen Folgen des Krieges. Mehr als acht von zehn Befragten befürchten, dass es wegen des Ukraine-Konflikts zu einer lang anhaltenden Wirtschaftskrise in Deutschland kommen könnte. Nur 16 Prozent der Bevölkerung machen sich eher oder überhaupt keine Sorgen über die wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen gegen Russland.
Unruhe durch hohe Rüstungsausgaben
Drei Viertel der Befragten äußerten zudem die Sorge, dass die Schuldenlast Deutschlands durch die von der Ampelregierung angekündigten Investitionen in die Aufrüstung der Bundeswehr ein unüberschaubares Ausmaß erreichen könnte. Nur eine Minderheit von rund 17 Prozent sieht die drohende Staatsverschuldung als unbedenklich an. Weitere sechs Prozent der Bevölkerung machen sich überhaupt keine Sorgen über eine mögliche Staatsverschuldung.
Die Sorge um die Flüchtlingszahlen ist zweitrangig
Zwar befürchtet eine knappe Mehrheit, dass Deutschland bald eine große Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine aufnehmen müsse, im Vergleich zu den Befürchtungen über die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen des Krieges scheinen diese Befürchtungen derzeit aber eher zweitrangig zu sein. Für jeden vierten Deutschen spielt das Thema Migration derzeit eine eher geringe Rolle, und etwa jeder siebte ist überhaupt nicht besorgt über die zu erwartenden hohen Flüchtlingszahlen.
Sorgen der Deutschen unbegründet?
Dr. Johannes Kaiser, Politik- und Sozialforscher bei Ipsos, hält die deutschen Bedenken vor einem Kampfeinsatz der Bundeswehr für alles andere als irrational. Auch wenn er eine aktive Kriegsbeteiligung der Nato nach wie vor für höchst unwahrscheinlich hält. „Als Reaktion auf Russlands Krieg gegen die Ukraine sind in den letzten zwei Wochen viele alte Gewissheiten deutscher Außenpolitik obsolet geworden“, sagte Dr. Kaiser. Dazu gehört auch die Idee eines mehr oder weniger pazifistischen Deutschlands, das als Brückenbauer zwischen Ost und West fungieren könnte. „Die von der Bundesregierung proklamierte ‚Wende‘ in der Außenpolitik geht nicht nur mit einer bis vor kurzem undenkbaren massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben einher, sondern auch mit Waffenlieferungen an die Ukraine“, stellt der Politologe fest. Hinzu kamen vereinzelte Rufe nach einer Flugverbotszone, die Russland ohne Weiteres als Kriegseintritt interpretieren könnte. Vor diesem Hintergrund sind die Sorgen der deutschen Bevölkerung nachvollziehbar. „Gleichzeitig betonen deutsche Politiker aber, dass sie nicht in den Konflikt mit Nato-Truppen eingreifen wollen, um ein Übergreifen des Krieges auf andere Länder zu verhindern“, so Kaiser abschließend. Trotz aller Forderungen der ukrainischen Regierung bleibt es unwahrscheinlich, dass sich Deutschlands Position dazu ändert.
Durchführung der Befragung
Die Umfrage wurde am 4. März 2022 durchgeführt. 1.000 Personen zwischen 16 und 75 Jahren in Deutschland wurden online befragt. Die Daten wurden gewichtet, um repräsentativ für die in Deutschland wahlberechtigte Bevölkerung nach Alter, Geschlecht, Bildung, Region und Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl zu sein.
Ipsos / RNRed