Suchen Sie beim größten deutschen Reisemobilhersteller, Nummer zwei in Europa!
Am Mittwoch, 26. Januar, rollte unerwarteter Besuch auf das Firmengelände der Erwin Hymer Group in Bad Waldsee (Baden-Württemberg) – hier befindet sich auch die Firmenzentrale des Reisemobilriesen.
Staatsanwälte und Polizisten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg suchten nach „beweiserheblichen Unterlagen“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart zu BILD.
Der Vorwurf: Verdacht auf Betrug und strafbare Werbung im Zusammenhang mit Gewichtsangaben beim Verkauf von Wohnmobilen. Darüber hinaus gab es auch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren.
Falsche Gewichtsangaben? Viele kennen das aus dem Privatleben, aber warum sollte ein Reisemobilhersteller so etwas machen?
Dafür gibt es triftige Gründe. Für Camper spielt das Gewicht eine wichtige Rolle: Rund 80 Prozent der verkauften Reisemobile gehören der Klasse bis 3,5 Tonnen an. Hersteller wollen ihre Fahrzeuge in diesem Bereich positionieren. Die Gewichtsangabe bezieht sich auf das maximale Gewicht mit Ladung und Passagieren.
Für schwerere Fahrzeuge gelten Geschwindigkeitsbegrenzungen. Und noch wichtiger: Nur wer seinen Führerschein vor 1999 gemacht hat, darf Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen fahren. Ansonsten ist eine zusätzliche Fahrerlaubnis für leichte Lkw erforderlich.
Wird das zulässige Gewicht überschritten, drohen dem Fahrer hohe Strafen, im schlimmsten Fall fährt er sogar ohne Führerschein – auch wenn der Fahrer nichts davon wusste. „Beim Fahren ohne Führerschein ist auch die fahrlässige Kontrolle strafbar“, sagte Uwe Lenhart, Fachanwalt für Verkehrs- und Strafrecht, zu BILD.
ALLE Wohnmobilbauer haben mit dieser Gewichtsgrenze zu kämpfen. Erst recht für Premiumhersteller wie Hymer. Eine hochwertige und umfangreiche Ausstattung wiegt natürlich mehr.
Wurden bei der Durchsuchung Beweismittel beschlagnahmt? Dazu wollte sich die Staatsanwaltschaft derzeit nicht äußern.
Hymer sagt auch nicht viel. Eine Sprecherin von BILD: „Die Erwin Hymer Group hat großes Interesse an einer vollständigen Aufklärung des Vorwurfs und steht in Kontakt mit den Behörden. Im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen (…) können derzeit keine weiteren Details kommentiert werden.“
Zittern im Schwergewicht der Branche – und es ist nicht das erste! Der Hersteller wird seit langem von einer Serie von Pleiten, Pech und Pannen geplagt: Anfang 2019 erschütterte ein Betrugsskandal die US-Tochter.
Bereits 2016 stellte AUTO BILD Reisemobil bei Fahrversuchen mit der damaligen Hymer B-Klasse massive Probleme mit dem Stabilitätsprogramm ESP fest, das Testfahrzeug kippte fast um (siehe Bild oben), Hymer korrigierte schnell. Bei einem Dauertest der Reisemobil-Experten von AUTO BILD ist ein Hymer-Modell mit Qualitätsmängeln aufgefallen.
Die Erwin Hymer Group wurde im Februar 2019 an den amerikanischen Branchenriesen Thor Industries verkauft und erwirtschaftete 2020/21 satte 2,7 Milliarden Euro Umsatz. Auch die bekannten Campingmarken Bürstner und Dethleffs gehören zu Hymer.
Hoffentlich wird bald klar, was es mit den Betrugsvorwürfen auf sich hat.