Jeden Tag Stunden Video: Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit vor dem Bildschirm, um Streaming-Dienste zu nutzen. Die Zahl der „Intensivnutzer“ ist förmlich explodiert.
Berlin/Hamburg – Kinder und Jugendliche wenden sich zunehmend Streaming-Plattformen wie YouTube oder Netflix zu. Das zeigt eine Studie der Krankenkasse DAK Gesundheit in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die der Deutschen Presse-Agentur vorab vorliegt.
Zwischen November 2020 und Mai 2021 stieg der tägliche Konsum bei den Zehn- bis 17-Jährigen um 45 Prozent. Der Anteil der Teenager, die unter der Woche fünf Stunden oder mehr am Tag mit Streamingdiensten verbringen, stieg um 180 Prozent auf 14 Prozent der Jugendlichen dieser Altersgruppe. Sie gelten den Studienmachern zufolge als „Intensivnutzer“.
Streaming bedeutet, Videos im Internet anzusehen. Für die erste Sonderauswertung dieses Medienkonsums wurden bundesweit 1.200 Kinder und Jugendliche befragt.
Fast 90 Prozent der im Mai 2021 Befragten gaben laut DAK-Studie an, in den vergangenen sechs Monaten mindestens einmal wöchentlich Streaming-Plattformen genutzt zu haben, fast die Hälfte sogar täglich. Die durchschnittliche Nutzungsdauer betrug unter der Woche knapp drei Stunden und am Wochenende fast vier Stunden. Zwischen den Geschlechtern gibt es keine nennenswerten Unterschiede: Während Jungs unter der Woche durchschnittlich 175 Minuten streamen, sind es bei Mädchen 171 Minuten.
Auch die Nutzung von Streamingdiensten übersteigt laut Studie die Zeit, die Zehn- bis 17-Jährige mit Computerspielen oder in sozialen Netzwerken verbringen. 39 Prozent gaben an, täglich Social Media zu nutzen (Computerspiele), während 59 Prozent der Befragten angaben, Social Media täglich zu nutzen.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, hält eine „breite Aufklärung“ für notwendig. Frühere Erhebungen hätten einen „steilen Anstieg“ der Mediennutzung während der Corona-Pandemie gezeigt, sagte Blienert der Deutschen Presse-Agentur. Er gehe aber davon aus, dass sich die Mediennutzung „auf hohem Niveau einpendeln, langfristig aber nicht zunehmen wird“.
Mediensucht ist eine behandlungsbedürftige Krankheit, für die Deutschland mehr Beratungsstellen braucht, so Blienert. Das Phänomen Streaming ist „relativ neu“ und übt auf viele junge Menschen einen besonderen Reiz aus – auch weil es so bequem ist. Nun gilt es, bestehende Präventions- und Aufklärungsprogramme um den Umgang mit Streaming-Angeboten zu erweitern. dpa