Schluss mit Jammern – SWR Aktuell

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Kann es nicht wieder gute Nachrichten geben? Die Bösen sind so schwer zu ertragen, sagt Constance Schirra.

Wirklich! Einmal morgens NUR gute Nachrichten: Der Klimawandel ist gestoppt; der Hunger ausgerottet; Rechtsextremismus gibt es nicht mehr; die CDU hat Hans-Georg Maaßen rausgeschmissen; die SPD Gerhard Schröder; alles wird billiger; es gibt ein Medikament gegen Krebs; die Vereinten Nationen haben einstimmig einen verbindlichen Friedensvertrag für die ganze Welt verabschiedet!

Sie können sich hier auch das Audio der Kolumne von Constance Schirra anhören:















Ich würde so komisch aufwachen! Stattdessen sind die Nachrichten düster, düsterer, am dunkelsten: Der Klimawandel findet statt; der Hunger wächst; mehr Rechtsextreme begehen mehr rechtsextreme Straftaten; die CDU duldet Schröder, die SPD Maaßen oder umgekehrt; alles wird teurer; Menschen sterben neben Krebs jetzt auch an Covid. Und statt eines weltumspannenden Friedens herrscht nun Krieg in Europa. Krieg! Neeee… das auch nicht… was gibt es da noch zu verkraften… Ach schade!


Russlands zweiwöchiger Krieg in der Ukraine hat Tausende getötet und mehr als zwei Millionen Menschen zur Flucht gezwungen






picture alliance/dpa/AP | Efrem Lukatsky


Mein Kopf ist schon so voll! Krankenwagen, Intensivbetten, Beatmungsgeräte … Jetzt kommen die erschreckendsten aller Horrorbilder hinzu: Bomben, Panzer, Atompilze, Bunker, Raketen, Soldaten! Schlagzeilen tanzen vor meinen Augen wie leuchtende Werbetafeln: „Svetlanas Tränen“, „Hilf uns“, „Schock teilen“, „Erdgasbeben“, „Papa, wir alle müssen jetzt sterben“ … Ich halte es nicht aus es mehr! Ich muss etwas dagegen tun! „Werden Sie aktiv gegen den Krieg“, raten Psychologen.

„Krieg beenden!“ Kerzen anzünden!

Also gut! Halten Sie ein Pappschild hoch: „Stop War!“ Kerzen anzünden! Singt Friedenslieder! Schreiben Sie einen Brief an Putin: „Sehr geehrter Herr Putin, bitte hören Sie auf…“ Nein, nicht LIEBER! Also kein Brief, besser für die Flüchtlinge spenden: Decken, Klamotten, Spiele, Geld… verdammt noch mal, liebe Psychologen! Nichts hilft! Ich nicht und schon gar nicht die Menschen in der Ukraine. Und der Typ im Kreml ist völlig unbeeindruckt. Das ist alles zu viel! Die Welt ist so schlecht! Kann es nicht wieder gute Nachrichten geben? O schade!

Ich könnte nach Nordkorea auswandern. Die Medien feiern jeden Tag ihren „geliebten Anführer“. Oder nach Russland. Da ist kein Krieg. Es gibt nur eine „militärische Spezialoperation“. Dann habe ich meine gute Nachricht. Aber dafür… ein ziemlich elendes Leben, stelle ich mir vor. Vielleicht muss ich verhungern, ich darf meine Meinung nicht sagen, ich werde verfolgt, belästigt, gefoltert, eingesperrt, getötet.

Ja, ich höre jeden Tag schlechte Nachrichten. Streit mit der Welt. bin wütend Hilflos. Habe Angst. Und das muss ich aushalten. Und das tut weh. Aber was ist das im Vergleich zu dem, was Menschen im Krieg ertragen müssen. Also: Genug mit meinem Jammern. Die Welt ist, wie sie ist. Ich tue mein Bestes. Und ich habe verdammtes Glück.