Spielsucht: Illegale Spielautomaten boomen – Unterhaltung

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Spielsucht: Illegale Spielautomaten boomen – Unterhaltung

Nutzer seien meist problematische oder pathologische Spieler, „die dann bereit sind, Haus und Hof an den Geräten zu verlieren“. Trümper spricht aus Erfahrung: Als Sozialarbeiter betreut er seit mehr als 15 Jahren Spieler und deren Angehörige, seit 1992 ist er Geschäftsführer des Arbeitskreises gegen Spielsucht. „Das sind süchtige, kranke Menschen, deren Krankheit hier mit den Geräten unerträglich ausgenutzt wird“, sagt er.

„Insbesondere das Spielen in Spielhallen oder Restaurants scheint mit einem erhöhten Risiko für glücksspielbedingte Probleme verbunden zu sein“, sagt der Arbeitskreis der Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen. Studien zufolge ist die Wahrscheinlichkeit einer pathologischen Spielsucht bei Spielautomaten am höchsten, gefolgt von Poker und Sportwetten.

Die lustigen Spielautomaten kamen meist aus dem Ausland, aus China oder Osteuropa, sagt Trümper. Im Internet kann man sie zu Preisen zwischen 1700 und 3000 Euro kaufen – ganz legal. „Nur das Aufstellen ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 6a SpielV.“ Allerdings ist die Rechtsprechung mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem immer der Verdacht auf illegales Glücksspiel besteht – und das ist eine Straftat.

Nach seinen Schätzungen gab es 2008 bundesweit bis zu 120.000 Fun-Game-Geräte. „Genaue Zahlen gibt es nicht, weil Spaßspiele unter der Flagge von Unterhaltungsautomaten fuhren und somit nicht anmeldepflichtig waren.“ Seit 2008 ist es verboten, sie zu zeigen, aber jetzt sind sie wieder in Mode. „Die Renaissance ist zum einen auf die willkommene Einschränkung legaler Glücksspielgeräte zurückzuführen, zum anderen aber vor allem auf den Rückbau des Drittgeräts in gastronomischen Betrieben.“

In den letzten Jahren hat die Attraktivität legaler Geräte zum Schutz von Spielern weiter abgenommen. Unter anderem waren die Wett- und Verlustmöglichkeiten begrenzt, ebenso wie die Spielzeit. Seit 2019 dürfen in Gastronomiebetrieben nur noch zwei Glücksspielautomaten aufgestellt werden, der bisher erlaubte dritte musste weichen.

„Verluste durch die Demontage des Drittgeräts wurden oft durch das Aufstellen illegaler Geräte kompensiert, mit denen sich auch deutlich höhere Einnahmen erzielen lassen – und zwar ohne Steuern“, sagt Trümper. „Wer nur mit einem Bußgeld von ein paar hundert Euro rechnen muss, entscheidet sich leichter für ein solches Gerät, das laut Experten etwa 10.000 Euro und mehr bares Geld im Monat einbringt.“

Um das Problem zu lösen, fordert die Automatenindustrie, die Anforderungen an ihre legalen Geräte zu lockern, um sie attraktiver zu machen. „Das ist aus meiner Sicht der falsche Weg“, sagt Trümper. Dass der Branchenverband sein Studium finanziert hat, ist für ihn kein Problem. Es ist ein Wiegen von Waren. „Mein Motiv ist ganz klar der Kampf gegen die Verbreitung des illegalen Glücksspiels. Und in diesem Fall stimmen unsere Motive überein, auch wenn die Intention dahinter eine andere ist.“

Er vertrete die Position, „mit aller Rechtskraft – und wir haben die Möglichkeiten – gegen die Etablierung illegaler Spaßspiele vorzugehen“, so Trümper. Dies würde jedoch strengere Kontrollen erfordern. „Viele Ordnungsbehörden sind unterbesetzt, mit vielen ganz unterschiedlichen Aufgaben betraut – und die Kontrolle von Veranstaltungsorten ist dabei nur ein Unterpunkt. Zudem sind die Mitarbeiter oft unzureichend geschult.“

Auch Tobias Hayer, Glücksspielforscher an der Universität Bremen, teilt Trümpers Einschätzung. „Wir müssen das Personal in den Ordnungsämtern aufstocken, damit sie illegales Glücksspiel vor Ort sichtbar machen können.“ Dazu müssten die Fähigkeiten der Mitarbeiter verbessert werden. „Es geht nicht nur um das Personal, sondern auch um die Expertise.“

Die Glücksspielaufsichtsbehörde in Hamburg hat nach Angaben der Behörden zuletzt im Jahr 2020 mehrere Schulungen für Polizei und Kreise durchgeführt. Dann hat Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Die Ausbildung soll im Rahmen der personellen Kapazitäten schnellstmöglich fortgesetzt werden“, sagt die Hansestadt.

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