Vor dem Abbiegen muss man sich immer über den nachfolgenden Verkehr am Steuer informieren. Wer diese Rückblickpflicht verletzt, kann nach einem daraus resultierenden Unfall vollumfänglich haftbar gemacht werden. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München (Az.: 10 U 1012/19), auf das sich der ADAC beruft.
Keine Kollision mit Schlepper – kein Ausgleich?
Nach dem Hinterfahren eines Traktors begann ein Autofahrer an geeigneter Stelle zu überholen. In diesem Moment bog der Traktor nach links auf einen Feldweg ab. Der Fahrer konnte bremsen und eine Kollision vermeiden. Doch er kam während des Manövers von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum.
Der Mann forderte später Schadensersatz von der Versicherung des Traktorfahrers. Sie weigerte sich zu zahlen. Der Mann war schuld, weil er in einer unklaren Situation überholen wollte. Außerdem wäre es nicht zu einer Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen gekommen. Die Sache ging vor Gericht.
Schaute nicht zurück und verursachte einen Unfall
In zweiter Instanz schloss sich das Oberlandesgericht dem Fahrer an. Beim Linksabbiegen hätte der Traktorfahrer vor dem Einfädeln und unmittelbar vor dem Abbiegen noch einmal nach hinten schauen müssen. Ein richtig eingestellter Außenspiegel hätte es problemlos ermöglicht, den überholenden Fahrer gut zu sehen. Da er diese Rückwirkungspflicht verletzt habe, müsse er zu 100 Prozent haften.
Es spielte auch keine Rolle, dass das Auto und der Traktor nicht wirklich zusammengestoßen waren. Aufgrund der schwerwiegenden Verletzung der Rückblickpflicht wurde hier das Betriebsrisiko des Pkw trotz Überholen komplett reduziert.
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dpa