Universum: Riesiger Sonnensturm traf vor Tausenden von Jahren die Erde – Forscher sehr besorgt

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Vor fast 9.200 Jahren traf ein gewaltiger Sonnensturm auf die Erde – während des Sonnenminimums. Warum diese neue Entdeckung die Forscher beunruhigt.

Frankfurt – Vor 9.125 Jahren traf ein gewaltiger Sonnensturm auf die Erde und hinterließ seine Spuren tief im Eis der Antarktis und in Grönland. Das haben Forscher der Universität Lund in Schweden herausgefunden und ihre Studie durchgeführt veröffentlicht in der Zeitschrift Nature Communications. Bisher ging man davon aus, dass Sonnenstürme eher dann auftreten, wenn sich die Sonne in der aktiven Phase ihres etwa 11-jährigen Zyklus befindet, dem sogenannten Sonnenmaximum. Doch die Forscher aus Schweden zeigen nun, dass diese Annahme bei sehr starken Sonnenstürmen nicht immer stimmen muss.

Auf der Sonne finden immer wieder sogenannte koronale Massenauswürfe statt – bei diesen Eruptionen schleudert die Sonne Plasma ins All. Dieses Plasma besteht aus geladenen, elektrischen Teilchen, die mit Magnetfeldern wechselwirken. Wenn dieser Sonnensturm oder geomagnetische Sturm auf das Magnetfeld der Erde trifft, kann das Magnetfeld der Erde verwirrt werden. Im besten Fall entstehen wunderschöne und farbenfrohe Nordlichter – im schlimmsten Fall können Satelliten ausfallen und das Stromnetz und die Internetinfrastruktur auf der Erde in Mitleidenschaft gezogen werden.

Forscher entdecken Hinweise auf einen massiven Sonnensturm im Eis

Um dem Sonnensturm auf die Spur zu kommen, untersuchten Forscher aus Schweden Eisbohrkerne aus Grönland und der Antarktis und achteten dabei besonders auf die radioaktiven Isotope Beryllium-10 und Chlor-36. Diese Isotope werden von hochenergetischen kosmischen Teilchen produziert, die die Erde erreichen. Sie können in Eis und Sedimenten, aber auch in Baumstämmen konserviert werden. „Wir haben Spuren eines massiven Sonnensturms entdeckt, der vor etwa 9.200 Jahren während einer passiven Phase der Sonne auf die Erde traf“, erklärt der Geologe Raimund Muscheler, einer der Co-Autoren der Studie. Den Angaben zufolge war es einer der stärksten bekannten Sonnenstürme, der jemals die Erde getroffen hat.

Es sei eine sehr zeit- und kostenintensive analytische Arbeit, sagt Muscheler in einem Mitteilung der Universität Lund. „Wir waren daher positiv überrascht, als wir einen Maximalwert fanden, der auf einen bisher unbekannten gewaltigen Sonnensturm bei geringer Sonnenaktivität hindeutet“, so der Geologe weiter. Der unerwartete Fund beunruhigt die Forscher, zeigt er doch, dass massive Sonnenstürme die Erde treffen könnten, wenn sie am wenigsten erwartet werden. „Diese massiven Sonnenstürme werden derzeit noch nicht ausreichend in Risikobewertungen berücksichtigt“, warnt Muscheler. Es sei „von größter Bedeutung zu analysieren, was diese Ereignisse für die heutige Technologie bedeuten könnten und wie wir uns schützen können“.

Sonnenstürme können verheerende Auswirkungen auf die Erde haben

Gäbe es einen vergleichbaren Sonnensturm wie vor 9125 Jahren, hätte das verheerende Auswirkungen: Stromausfälle, beschädigte Satelliten, der Ausfall diverser Kommunikationssysteme, aber auch Folgen für den Flugverkehr und Astronauten im All. „Wenn zum Beispiel eine Apollo-Mission während des Sonnensturms im August 1972 geflogen wäre, hätte die Strahlung, der die Astronauten ausgesetzt waren, schwerwiegende, möglicherweise sogar tödliche Folgen gehabt“, schreiben die Forscher in ihrer Studie. Stattdessen fanden im April und Dezember 1972 die Mondmissionen „Apollo 16“ und „Apollo 17“ statt.

Auch ein bekannter Sonnensturm, der im Jahr 774 die Erde traf, ereignete sich den Forschern zufolge in der Nähe eines Sonnenminimums – „entgegen den Erwartungen, aber in Übereinstimmung mit früheren Studien“, heißt es in der Studie, dieses Ergebnis sei erreicht worden. Die Forscher empfehlen, nach Beweisen für andere vergangene Sonnenstürme zu suchen und sie zu analysieren, um festzustellen, ob es ein „konsistentes Muster beim Auftreten von Extremereignissen im Zusammenhang mit dem 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus und dem Niveau der Sonnenaktivität im Allgemeinen gibt“. Nach Angaben des Forschungsteams soll man dann auch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten solcher extremen Sonnenstürme bestimmen.

Carrington-Ereignis: 1859 traf ein starker geomagnetischer Sturm die Erde

Auch ein starker Sonnensturm traf 1859 die Erde. Das sogenannte Carrington-Ereignis gilt als der erste wissenschaftlich beobachtete Sonnensturm, der die Erde traf. Die Auswirkungen waren damals noch viel geringer, da Elektrizität noch nicht weit verbreitet war, elektrisches Licht beispielsweise erst um 1880 Einzug in die Privathaushalte hielt. Schwerwiegend war hingegen das gerade installierte Telegrafennetz vom Sonnensturm betroffen. Nordlichter wurden auch in südlichen Regionen wie Rom, Havanna und Hawaii beobachtet, die normalerweise nur in höheren Breiten vorkommen.

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Wenn heute ein Sonnensturm von der Größe des geomagnetischen Sturms von 1859 die Erde treffen würde, wären die Auswirkungen schwerwiegend. Eine Studie aus dem Jahr 2013, die die Auswirkungen eines Carrington-Ereignisses auf das damals aktuelle US-Stromnetz untersuchte, kam zu dem Schluss, dass 20 bis 40 Millionen Menschen allein in den USA bis zu zwei Jahre ohne Strom sein könnten. Die volkswirtschaftlichen Kosten würden sich daher auf bis zu 2,6 Billionen US-Dollar belaufen Dollar allein in den USA.

Im Juli 2012 entging die Erde nur knapp einem vergleichbaren Sonnensturm, wie die US-Weltraumbehörde Nasa zwei Jahre später mitteilte. Der Sonnensturm verfehlte die Erde knapp, wie zwei NASA-Sonden zeigten. Um die Sonne und ihre Aktivität besser zu verstehen, schickte die Nasa die Mission „Parker Solar Probe“ zu unserem Stern. (Tab)