Viele wissen nichts über die FFP2-Maskenpflicht im Einzelhandel

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SStellen Sie sich vor, es gibt eine neue Corona-Schutzverordnung und kaum jemand nimmt davon Notiz. Dass in Hessen seit Anfang der Woche FFP2-Masken beim Einkaufen in Lebensmittelgeschäften, Banken oder Postämtern, kurz in allen Groß- und Einzelhandelsgeschäften, Pflicht sind, scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben. Probe am Montagmorgen im Supermarkt: Kunden ziehen ihre Masken brav über Mund und Nase. Dass dies in den meisten Fällen nicht mehr der neuesten Schutzverordnung entspricht, ist den Adressaten neu.

Marie-Lisa Kehler

Stellvertretender Leiter des Regionalteils der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Oliver Böck

Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung für den Rheingau-Taunus-Kreis und für Wiesbaden.

Seit diesem Montag gelten in Hessen neue Regeln. Die FFP2-Maskenpflicht im Groß- und Einzelhandel für alle Kunden ab 15 Jahren ist nur eine davon. Aber es gibt auch Lockerungen. So wurde die 2-G-Regel im gesamten Einzelhandel gekippt. Beim Betreten eines Geschäftes darf der Impfstatus nicht mehr abgefragt werden. Auch wer nicht geimpft ist oder noch keinen vollen Impfschutz hat, darf wieder in allen Geschäften einkaufen. Zudem reicht nach der neuen Verordnung ein aktueller Negativnachweis aus, um zum Beispiel Schwimmbäder, Zoos oder Museen zu besuchen.

Inzidenz nicht mehr relevant

Zudem werden Landkreise und kreisfreie Städte, in denen die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen 350 übersteigt, nicht mehr als „Hotspots“ geführt. Bisher galten in Hotspots strengere Regeln, darunter die Maskenpflicht in Fußgängerzonen. Die Neuregelung „stelle in keiner Weise einen Strategiewechsel dar“, sagt ein Sprecher des Hessischen Sozialministeriums. Es geht immer darum zu bewerten, was sich im Kampf gegen die Pandemie bewährt hat und was nicht. „Die Hotspot-Verordnung hat sich selbst abgeschafft.“ Seit Wochen wird der Grenzwert in allen hessischen Städten und Landkreisen mehrfach überschritten. „Deshalb wurden Teile dieser Regelung jetzt einfach in den normalen Rezeptbetrieb überführt“ – Prostitutionsbetriebe dürfen unter Auflagen wieder öffnen.

Die Sieben-Tage-Inzidenz soll laut Ministeriumssprecher künftig nur noch als Orientierung dienen, um einschätzen zu können, wie sich das Infektionsgeschehen innerhalb der Bevölkerung entwickelt. Damit wären „keine konkreten Maßnahmen“ verbunden. „Die Krankenhausbelegung wird wie in den vergangenen Monaten das Hauptkriterium bleiben – und insbesondere die hessischen IVENA-Daten.“ Diese Daten geben unter anderem Auskunft darüber, wie viele Intensivbetten in Hessens Kliniken derzeit mit Corona-Patienten belegt sind und welche Kliniken noch freie (Beatmungs-)Kapazitäten haben. Sollte die Zahl der belegten Intensivbetten 400 überschreiten oder die sogenannte Hospitalisierungsrate über neun steigen, könnte die Landesregierung wieder strengere Regeln erlassen.

Größte Herausforderung: Personalabbau

Im Gegensatz zur Hotspot-Verordnung werde das Eskalationskonzept weiter eingehalten, so das Sozialministerium. Kritik gab es zuletzt an der Hospitalisierungsrate, die misst, wie viele Corona-Infizierte pro 100.000 Einwohner in einer Klinik behandelt werden müssen. Die Zahl lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob der einzelne Patient wegen eines schweren Corona-Verlaufs in die Klinik gebracht wurde oder ob die Corona-Infektion eher eine Zufallsdiagnose während eines ohnehin notwendigen Krankenhausaufenthalts war. Mit der neuen Corona-Virenschutzverordnung wurde deshalb die Grenze für die Hospitalisierungsrate von acht auf neun angehoben. Die aktuelle Corona-Verordnung für Hessen soll bis zum 6. März gelten.

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Laut Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Frankfurt, ist der Corona-bedingte Ausfall von Ärzten und Pflegekräften derzeit eine größere Herausforderung als die Versorgung von Covid-Patienten. „Unsere große Frage ist erstmals in dieser Pandemie nicht, wie wir mit den vielen zusätzlichen Patienten umgehen, sondern wie wir unsere Arbeitsfähigkeit erhalten“, sagte Graf, der im Hessischen Ministerium auch den Planungsstab für die stationäre Versorgung leitet Die Gesundheit. Immer wieder müssen Mitarbeiter auch ohne Symptome in Quarantäne. Andere müssen zu Hause bleiben, weil ihre Kinder infiziert sind oder die Kita geschlossen ist.

„Menschen dort erreichen, wo sie sind“

Die Landeshauptstadt Wiesbaden hat inzwischen eine mehrsprachige Werbekampagne für Impfungen gestartet. Damit soll die Impfquote in Hessens zweitgrößter Kommune, in der fast 40 Prozent der Bürger einen Migrationshintergrund haben, erhöht werden. „Mit der Werbekampagne wollen wir die Menschen dort erreichen, wo sie sind. Zum Beispiel in Kneipen, Shisha-Bars oder sozialen Netzwerken“, sagte Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD). Die von der Agentur „kraftundadel“ entwickelte Kampagne setzt das Impfen mit Bedürfnissen, Vorlieben und Lieblingsorten gleich. Sie heißt daher „impfen = leben“. „impfen = Freunde“, „impfen = Shisha“, „impfen = Kino“ oder „impfen = feiern“, gefolgt von dem Aufruf: „Lass dich kostenlos impfen! Für dich. Für uns. Für Wiesbaden.“ Insgesamt werden mehr als 3.400 Plakate aufgehängt. Da die Botschaft auf Türkisch, Polnisch, Rumänisch, Italienisch, Bulgarisch, Arabisch, Griechisch, Englisch und Russisch verbreitet wird, sollen sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger angesprochen fühlen. Ergänzt wird die Plakataktion durch Flyer und Social Media Posts auf Facebook, Twitter und Instagram.

In Hessen haben 81,5 Prozent der Bürger ab zwölf Jahren mindestens zwei Impfungen erhalten, 58,5 Prozent gelten als aufgefrischt. Ab Montag können sich Menschen auch in Apotheken gegen das Coronavirus impfen lassen.