Von Denise von der Ahé
„Im besten Fall ist der Patient nach drei Jahren Therapie beschwerdefrei“, sagt der Bremerhavener Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Rembert Mammes. Die häufigste saisonale Allergie sei der durch Pollen verursachte Heuschnupfen, sagt Mammes. Die Hausstaubmilbenallergie ist die Nummer eins unter den Ganzjahresallergien – auch in der Region. Viele Menschen reagieren auch allergisch auf Schimmelpilze. Doch um sich für die richtige Therapie zu entscheiden, muss zunächst der richtige Arzt gefunden und ein Allergietest durchgeführt werden.
Zu welchem Arzt gehe ich mit welcher Allergie?
Allergiesymptome können sich an verschiedenen Stellen des Körpers manifestieren. Sie reichen von juckenden Augen und einer laufenden Nase bis hin zu Hautproblemen und Atembeschwerden. Außerdem können Geruchs- und Geschmacksbeeinträchtigungen auftreten. „Grundsätzlich ist der Hausarzt gut und berät gerne“, sagt Mammes. Die weitere Arztwahl sollte sich danach richten, wo die meisten Beschwerden auftreten. „Wenn ich Probleme im Hals-Nasen-Ohren-Bereich habe, gehe ich am besten zum Hörgeräteakustiker“, sagt Mammes. „Denn dahinter kann immer eine andere Krankheit stecken. Bei überwiegender Atemnot und asthmatischen Beschwerden ist der Pneumologe der richtige Ansprechpartner. Wenn du Hautprobleme hast, geh zum Dermatologen.“ In jeder Fachrichtung gibt es spezialisierte Allergologen.
Wie wird eine Allergie diagnostiziert?
Es gibt verschiedene Prüfungen. „Beim Hauttest, im Volksmund Pricktest genannt, werden die Allergene auf die Haut aufgetragen und dann mit einem Stempel eingedrückt“, sagt Mammes. Bei einer allergischen Reaktion treten nach 10 bis 20 Minuten Rötungen und Quaddeln auf. Der RAST-Test (Radio-Allergo-Sorbens-Test) untersucht Blut auf bestimmte Substanzen, die Aufschluss über eine Allergie geben können. Der RAST-Test zeigt, wie viele allergieauslösende Antikörper (Immunglobulin E) im Blut vorhanden sind, sagt Mammes. Es gibt auch den Provokationstest. Dabei handelt es sich laut Deutschem Allergie- und Asthmabund um einen Kontrolltest mit allergieauslösenden Stoffen (Allergenen), die direkt am betroffenen Organ getestet werden. Bei einer Nahrungsmittelallergie wird das allergieverdächtige Lebensmittel gegessen, während Pollenallergiker Pollen einatmen.
Gibt es Medikamente gegen Allergien?
„Die Hauptbehandlung erfolgt mit einem Antihistaminikum oder Histaminblocker“, sagt Mammes. Das sind Arzneimittel in Form von Augentropfen, Nasensprays oder Tabletten, die allergische Symptome wie Juckreiz, Schwellungen und eine laufende Nase beseitigen oder zumindest lindern. Sie verhindern die Wirkung des allergiefördernden Stoffes Histamin, der die Entzündungsreaktionen im Körper auslöst. „Ein Teil der Antihistaminika ist in Apotheken frei erhältlich“, sagt Mammes. „Sie sind bei Patienten nicht so beliebt, weil sie müde machen.“
Diese Nebenwirkung tritt bei verschreibungspflichtigen Antihistaminika seltener auf. „Die Nebenwirkungen sind gering, die Schleimhäute weiten sich wieder, der Patient bekommt mehr Luft“, sagt der Mediziner. Kortisonhaltige Präparate kommen zum Einsatz, wenn Antihistaminika die Symptome nicht ausreichend lindern können. Da der Wirkstoff Kortison in diesen Fällen nur lokal zum Einsatz kommt, etwa als Nasenspray, sei er eher unbedenklich, sagt Mammes. Denn die Aufnahme im Körper liegt unterhalb jeder Nachweisgrenze.
Dr. Rembert Mammes steuert den Bestand an gekühlten Präparaten zur Immuntherapie bei Allergien. Fotos: Hartmann
Was passiert bei einer Hyposensibilisierung?
Wer dauerhaft Medikamente einnehmen muss, um der Allergie standhalten zu können, empfiehlt Mammes, sich einer Hyposensibilisierung zu unterziehen. „Bei Pollenallergie ist es ebenso möglich wie bei Milben- und Schimmelpilzallergie“, sagt der Mediziner. Der Allergiker wird nach und nach an den jeweiligen Allergieauslöser (Allergen) gewöhnt. Die Allergieempfindlichkeit nimmt ab.
Die Hyposensibilisierung kann durch Injektionen, Tropfen oder Tabletten erfolgen. Neueste Studien hätten gezeigt, dass die Wirksamkeit von Tabletten und Tropfen inzwischen genauso gut sei wie die von Injektionen, sagt Mammes. Wer sich für die Spritze entscheidet, muss mindestens drei Jahre lang einmal im Monat zum Arzt, anfangs auch öfter. Wer sich für die Tabletten entscheidet, muss diese drei Jahre lang täglich einnehmen. Das Medikament wird als Tropfen oder Spray unter die Zunge gegeben. „Wichtig ist, dass es regelmäßig eingenommen wird“, sagt Mammes. „Sonst ist es nutzlos.“ Wer durchhält, hat gute Chancen, seine Symptome zu lindern. „Mehrfache Desensibilisierungen sind möglich“, sagt Mammes. „Zum Beispiel kann eine wöchentliche Spritze gegen ein bis drei Allergene wie Birke, Hasel und Erle in einen Arm gegeben werden. Bei den anderen könnte zum Beispiel eine Spritze gegen Gräser- und Roggenallergie gegeben werden, wenn es medizinisch sinnvoll ist.“
Gibt es neue Behandlungsmöglichkeiten?
Bei manchen Patienten führen langanhaltende Allergien und langanhaltende Entzündungen zur Bildung von Polypen in Nase und Nebenhöhlen. „Diese Wucherungen haben nichts mit den im Volksmund ‚Polypen‘ genannten mandelartigen Wucherungen zu tun, die oft im Kindesalter durch eine harmlose Operation entfernt werden müssen“, sagt Mammes. Neue Medikamente, sogenannte Biologika, hätten dazu geführt, dass sich die durch Allergien verursachten Polypen bei den ersten Patienten vollständig zurückgebildet hätten, sagt Mammes. „Auf diese Weise kann den Patienten eine Operation erspart werden, die mit erheblichen Risiken wie dauerhaftem Geruchsverlust verbunden ist und oft Jahre später wiederholt werden muss.“
Das Problem bei den neueren Medikamenten: „Sie sind sehr teuer, 30.000 Euro im Jahr. Bisher zahlen die Krankenkassen nur, wenn der Arzt nachweisen kann, dass vorher viel ausprobiert wurde und dem Patienten anders nicht zu helfen ist.“ Die Hürden sind also hoch. Aber ich sehe darin eine echte Zukunftschance, wenn die Kosten sinken. Natürlich kann ich als Arzt nicht über mögliche Preisentwicklungen von Medikamenten spekulieren. Die Arzneimittelpreise sind das Ergebnis der Nutzenbewertung durch das Gemeinsamer Bundesausschuss und die anschließenden Preisverhandlungen zwischen dem Spitzenverband der Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmen.
Gibt es alternative Behandlungen?

Dr. Juliane Reiners, HNO-Ärztin und Homöopathin aus Bremerhaven.
„Man kann auch verschiedenste Allergien homöopathisch behandeln“, sagt Dr. Juliane Reiners, HNO-Ärztin und Homöopathin. Um ein geeignetes homöopathisches Mittel zu finden, muss beim Patienten zunächst eine homöopathische Anamnese erhoben werden, die sich stark von der schulmedizinischen Anamnese unterscheidet und sich nicht nur auf die Allergie, sondern auf das gesamte Krankheitsbild bezieht. „Die Homöopathie reagiert sehr spezifisch auf das Individuum“, sagt Reiners. Ziel ist es, ein einziges wirksames Medikament zu finden. „Manchmal gibt es auch Kombinationspräparate aus verschiedenen homöopathischen Wirkstoffen, die in Apotheken frei erhältlich sind.“ Es ist sehr unterschiedlich, wie Patienten auf die Behandlung reagieren. Es kommt auch darauf an, wie viel Zeit man sich nimmt. Homöopathische Mittel seien durchaus eine Alternative zu Antihistaminika, sagt der Mediziner. „Man kann es so versuchen. Oftmals stellt sich eine Linderung der allergischen Symptome ein. Reicht die Homöopathie nicht aus, kann man die Behandlung mit einem Antihistaminikum ergänzen.“ Auch (Ohr-)Akupunktur hilft beispielsweise, die allergischen Symptome zu lindern, womit oft überraschend gute Ergebnisse erzielt werden können.