Billigflieger Wizz Air: Das sollten Sie über den Millionär József Váradi wissen

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Billigflieger Wizz Air: Das sollten Sie über den Millionär József Váradi wissen

Wizz Air-Chef József Váradi.
picture alliance / Franz Neumayr / picturedesk.com

In der europäischen Airline-Branche ist viel von einer vergleichsweise jungen Fluggesellschaft die Rede: Wizz Air, die vor 18 Jahren gegründet wurde, ist gerade volljährig geworden.

2003 gründete der ungarische Geschäftsmann József Váradi Wizz Air mit dem Ziel, eine „Ultra-Low-Cost-Airline“ zu entwickeln – billiger als Low-Cost-Carrier wie Ryanair.

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Heute hat József Váradi seine Mitarbeiter, die für ihn seine Flugtickets von Wizz Air verkaufen. Das war längst nicht immer so, zumindest wenn man einer Anekdote aus dem „Manager Magazin“ mag glauben. Demnach soll Váradi bei der Gründung von Wizz Air im Alter von 38 Jahren selbst Flyer an der Victoria Station in London verteilt haben, um „polnische Landsleute davon zu überzeugen, vom Fernbus auf das Flugzeug umzusteigen“.

Inzwischen sterben Branchengrößen wie Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Ryanair-Chef Michael O’Leary nicht mehr Varadi herum. Wizz Air hat sich in den letzten Jahren zu einem ernsthaften Konkurrenten für europäische Fluggesellschaften entwickelt. Die Fluggesellschaft Váradis hat ihren Sitz in Budapest, Ungarn. Von dort fliegen gut 150 Kurzstreckenflugzeuge quer durch Europa. Die Airbus-Maschinen sind meist nur wenige Jahre alt. Wenn es um das Streckenmanagement geht, ist Wizz Air flexibel – noch flexibler als Ryanair. Wizz Air hat keine festen Drehkreuze wie Lufthansa. Váradi posiert derzeit auf dem Cover der ungarischen Ausgabe des Magazins „Forbes“ – als eine der Top 100 Selfmade-Persönlichkeiten des Landes.

Vom Flyerverteiler bis zum Topmanager: Wir zeichnen hier den Werdegang von József Varadi zu.

Er arbeitete früher für eine ungarische Staatsfluggesellschaft

Der „Manager Magazin“ beschreibt Váradi, der auf Fotos oft in Jeans zu sehen ist, als sportlich und jünger aussehend, als er ist. In der Vergangenheit hat er sogar in der ungarischen Jugendnationalmannschaft Karate gekämpft. Die um ihn herum nennen ihn locker „Joe“.

Seine Karriere begann im Wesentlichen, als er 1991 zum amerikanischen Konsumgüterkonzern Procter & Gamble ging. Dort startete er als Handelsvertreter und arbeitete sich schließlich bis zum Vertriebsleiter für Zentral- und Osteuropa hoch.

Nach seiner Zeit bei Procter & Gamble leitete Váradi das ungarische Pendant zur Lufthansa – die angeschlagene ungarische Staatsfluggesellschaft „Malév Hungarian Airlines“. Zwei Jahre nach seiner Anstellung gab es einen Regierungswechsel, der ihn umbrachte: 2003 wurde er gefeuert. Zusammen mit einigen Mitstreitern reagierte er prompt und gründete Wizz Air.

Beim Aufbau von Wizz Air wurde er von Bill Franke unterstützt, einem angesehenen Luftfahrt-Senior, der in den USA mit der Entwicklung mehrerer Low-Cost-Airlines für Furore sorgte. Franke investierte mit seiner Firma Indigo Partners in Váradis neue Airline. Váradi nutzte eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs: Er gründete Wizz-Air kurz bevor Ungarn und neun weitere Länder der EU beitraten – ein potenzieller Wachstumsmarkt in Osteuropa.

Váradi hat das Low-Cost-Prinzip von Ryanair auf die Spitze getrieben

Während Low-Cost-Airlines wie Ryanair selbst kleinste Kosten optimieren, treiben Váradi und sein Team dieses Prinzip auf die Spitze: Sie optimieren die bereits optimierten Kostenstrukturen der etablierten Low-Cost-Airlines weiter. Váradi nennt sein Konzept gerne „Ultra-Low-Cost“.

Konkret bedeutet das: regionale, kleinere Flughäfen abseits der großen Drehkreuze (günstiger), die junge Flotte (weniger Reparaturen) und die Fokussierung auf eins Flugzeugtyp (reduziert Aufwand bei Wartung und Lizenzierung von Flugbegleitern und Piloten). Und natürlich: Nebenverdienst über Nebenverdienst. Váradi hat sogar an zusätzliche Gebühren für die Mitnahme von nur einem Handgepäckstück gedacht.

Damit greift er vor allem die etablierten Fluggesellschaften an. Zum „HandelsblattEr sagte, Wizz Air und Ryanair seien „die einzigen europäischen Fluggesellschaften mit guten Geschäftsaussichten“. Für Váradi sind Airline-Gruppen wie Air France/KLM und Lufthansa „alte“ Unternehmen: Unternehmen mit Altlasten.

Und tatsächlich zeigen die Geschäftszahlen, dass die Pandemie Wizz Air offenbar nicht so stark getroffen hat wie viele andere Fluggesellschaften hierzulande. Wizz Air hat weder staatliche Beihilfen noch Kurzarbeit in Anspruch genommen.

Gewerkschaften kritisieren die Arbeitsbedingungen bei Wizz Air

Ob Wizz Air in Deutschland weiter expandieren wird, ist derzeit unklar. Wizz Air soll während der Pandemie ein Übernahmeangebot für Easyjet abgegeben haben. Die britische Airline soll abgelehnt haben. Wizz Air fliegt derzeit vom Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) aus osteuropäische Ziele an – zum Beispiel Flughäfen in Albanien, Bulgarien, Georgien, Ungarn und Rumänien. In Deutschland fliegt Wizz Air auch ab Hamburg, Frankfurt-Hahn, Nürnberg und Köln.

Richtig ist aber auch, dass Gewerkschaften regelmäßig die Arbeitsbedingungen bei Wizz Air kritisieren, allen voran die österreichische Flugbegleitergewerkschaft Vida. József Váradi selbst verhehlt nicht, dass er kein Fan von Gewerkschaften ist. Zum „HandelsblattEr sagte, dass der Verzicht auf Gewerkschaften in seinem Unternehmen zu einer „besseren Unternehmenskultur“ führe.

Dieser Artikel wurde zuletzt am 15. Februar 2022 aktualisiert. Er wurde am 14. Februar 2022 veröffentlicht.

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