Die Schüler wissen wenig über Wildbienen

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Die Schüler wissen wenig über Wildbienen

Wissenschaftlich belegt ist seit Jahren ein steigendes Insektensterben in Deutschland und vielen anderen Regionen der Welt. Der Verlust vieler Arten, insbesondere bei Bienen, wird weitreichende Folgen für die Bestäubung unserer Pflanzen und die Stabilität von Ökosystemen haben. Umso wichtiger ist es, das Bewusstsein für die komplexen Zusammenhänge und die Vielfalt der Bestäuber zu schärfen. Doch laut einer neuen Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) können Schulkinder die Bedeutung von Wildbienen kaum richtig einschätzen und zwischen verschiedenen Bienenarten unterscheiden.

„Damit fehlen die Voraussetzungen für einen wirksamen Schutz dieser Insekten, denn wie heißt es doch oft: Schützen kann man nur, was man kennt“, sagt Laura Christ von der Arbeitsgruppe Biologiedidaktik der JGU. Vor diesem Hintergrund wurde ein Projekt entwickelt, um Schulkindern das Thema Wildbienen näher zu bringen, damit sie sich aktiv für ihren Schutz einsetzen können. Das Projekt „Hummeln helfen! Rhein-Main“ wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) im Rahmen des Bundes Biologische Vielfalt gefördert Programm für drei Jahre mit 345.000 Euro.

Das Insektensterben hat weitreichende ökonomische und ökologische Folgen

Der Verlust von Insektenarten wird in einigen Regionen voraussichtlich 10 Prozent erreichen, wobei Europa stärker betroffen ist als andere Teile der Welt. Ursachen sind der Klimawandel und der Verlust intakter Lebensräume und Nahrungsquellen durch Urbanisierung und Intensivierung der Landwirtschaft. Besonders besorgniserregend ist der Rückgang der Bienen als wichtige Bestäuber für Wild- und Kulturpflanzen. Die Folgen werden in ökonomischer und ökologischer Hinsicht zu spüren sein: 70 Prozent der 124 wichtigsten Kulturpflanzen für die menschliche Ernährung sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Der wirtschaftliche Wert der Bestäubung durch Insekten erreicht in der EU jährlich fast 15 Milliarden Euro. Die ökologischen Folgen sind nicht weniger massiv. Insekten sorgen für die Stabilität vieler Ökosysteme und tragen zur Vielfalt der Blütenpflanzen bei.

Das Phänomen der Honigbienen: Mit „Bienen“ sind nur Honigbienen gemeint

Um das volle Ausmaß der drohenden Verluste zu erfassen, sei es laut Laura Christ wichtig, beim Wort „Bienen“ nicht nur an die allseits bekannte Honigbiene zu denken, sondern auch an Wildbienen. „Laut Roter Liste sind rund 53 Prozent der Wildbienen in Deutschland gefährdet, vom Aussterben bedroht oder extrem selten“, sagt die Biologielehrerin. „Aber die wenigsten wissen, dass zum Beispiel Hummeln auch Wildbienen sind.“ In Deutschland sind rund 560 verschiedene Wildbienenarten bekannt, darunter 41 Hummelarten. „Wildbiene ist übrigens kein wissenschaftlicher Begriff, sondern wird verwendet, um die Honigbiene von den anderen abgegrenzten Arten innerhalb der echten Bienenfamilie zu unterscheiden“, bemerkt der Wissenschaftler.

Ob den Schülerinnen und Schülern diese Vielfalt bewusst ist, hat Laura Christ im Rahmen ihrer Doktorarbeit an weiterführenden Schulen im Rhein-Main-Gebiet untersucht. Sie führte das Konzept der Species Awareness Disparity (SAD) bei Bienen ein. „Wir wollten wissen, ob die Studierenden verschiedene Wildbienenarten erkennen und ob sie sich ihrer Bedeutung für die biologische Vielfalt bewusst sind“, sagt Christ. 421 Schülerinnen und Schüler der Klassen fünf bis sieben nahmen an der Studie mit dem Titel „SAD but True: Species Awareness Disparity in Bees Is a Result of Bee-Less Biology Lessons in Germany“ teil. Mithilfe eines Fragebogens sollten sie zunächst beantworten, was sie mit dem Begriff „Wildbiene“ verbinden und dann anhand von zwölf Fotos Wildbienen neben Honigbienen und Schwebfliegen erkennen.

Demnach scheint die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler bei dem Begriff „Wildbiene“ nicht an die große Vielfalt der Bienen zu denken, sondern eher an die Honigbiene. Nur 2,7 Prozent der Elf- bis Vierzehnjährigen konnten alle Wildbienen und Honigbienen auf den Fotos richtig identifizieren. Andererseits konnten 13,8 Prozent der Befragten eine einzelne Wildbienenart nicht richtig zuordnen. „Insgesamt herrscht eine hohe Unsicherheit“, sagt Christ. „Schüler erkennen die große Vielfalt im Aussehen und in der Lebensweise der Bienen nicht. Viele denken, dass Wildbienen Honigbienen sind, die in freier Wildbahn leben und nicht von Imkern gehalten werden.“

Wenig Wissen über die Bienenvielfalt weist auf Handlungsbedarf hin

Um das Wissen über Biodiversität im Biologieunterricht zu verankern, hat der Arbeitskreis Didaktik der Biologie unter der Leitung von Prof. Dr. Daniel Dreesmann nach dem ersten Projekt „Hallo Hummel!“ Eine weitere Initiative startete: „Hummeln helfen! Rhein-Main“ startete 2021 mit 12 Lerngruppen, in diesem Jahr starten 26 Lerngruppen in den Klassen fünf bis acht an elf Schulen in Mainz, Wiesbaden, Bingen, Nieder-Olm und Ingelheim. Die Schülerinnen und Schüler untersuchen zunächst das eigene Schulgelände auf die Blütenvielfalt und das Vorkommen von Wildbienen und bestimmen diese anhand eines eigens dafür gestalteten Bestimmungsfächers. Anschließend erarbeiten sie Vorschläge, wie das Schulgelände hummel- und insektenfreundlich gestaltet werden könnte, beispielsweise durch Hochbeete, Nisthilfen oder die Auswahl bestimmter regionaler Blühpflanzen. Um ihr privates Umfeld und andere Kreise über die Problematik und Bedeutung der Biodiversität zu informieren, entwickeln die Studierenden Informationsmaterial wie Flyer oder Postkarten.

„Wir denken, dass Schüler viel besser für den Artenschutz motiviert werden können, wenn sie gezielt in Aktivitäten eingebunden werden. Wir orientieren uns daher am Citizen-Science-Ansatz, bei dem auch Forscher und Laien zusammenarbeiten“, sagt Laura Christ. Bei „Hummeln helfen! Rhein-Main“ können sich Schülerinnen und Schüler Wissen über Wildbienen aneignen, die Artenvielfalt kennenlernen und sich mit den Faktoren des Bienen- und Insektensterbens auseinandersetzen, um anschließend selbst aktiv zu werden.

Weitere Informationen:

Projekt „Hummeln helfen Rhein-Main“

Projekt „Hallo Hummel“