Berlin (dpa) – Kann ein Filmfestival in Corona-Zeiten noch viele Menschen ins Kino locken? Und das in Zeiten von Netflix & Co und Streaming auf dem Sofa? Kommen Stars noch nach Berlin?
Die Berlinale ist dieses Jahr ein großer Test. Sie haben lange gekämpft. Für viele war die wichtigste Neuigkeit, dass sie anders stattfand als die gerade abgesagte Leipziger Buchmesse. Das Motto gab die neue Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bei der Eröffnung vor: „Wir lassen uns von Corona nicht unterkriegen.“
Reges Interesse beim Publikum
Ansonsten wirkt der Potsdamer Platz wie ein Wimmelbild, diesmal ist es viel leerer und ruhiger. Das Festival ist geschrumpft. 256 Filme sind angekündigt, im letzten Jahr vor Corona waren es rund 340. Auch beim Filmgucken gilt Maskenpflicht. Busse stehen für Corona-Tests bereit. Pinne die Berlinale-Buttons, um für Impfungen zu werben. Der Wunsch, ins Kino zu gehen, scheint da zu sein: Die Berlinale meldet nach den ersten Tagen „reges Interesse“, sowohl beim Publikum als auch bei den Fachgästen.
Die Kinos dürfen nur halb voll sein, die Gäste sitzen versetzt. „Das Schachbrettsystem funktioniert gut und wird akzeptiert“, so das Festival. Insgesamt kommt auch das Hygienekonzept gut an. „Es gibt nur ganz wenige Situationen, in denen jemand an die Maske erinnert werden muss – meist aus Unachtsamkeit.“
Heimelig kann es bei allen Editionen trotzdem aussehen – wie auf den Bildern zur Präsentation von „Komm mit ins Kino“ im Delphi Filmpalast, bei dem es um zwei Berliner Kinopioniere geht, das Ehepaar Erika und Ulrich Gregor.
Die Bären werden am Mittwoch verliehen
In den vergangenen Berlinale-Jahren wurden rund 330.000 Tickets verkauft, in diesem Jahr werden es aufgrund der reduzierten Platzzahl deutlich weniger sein. Die Bären werden am Mittwoch verliehen und das Festival läuft bis Sonntag. Experten werden sehr genau hinschauen, ob die Bilanz eine Renaissance des Kinos anzeigt.
Eine Innovation mit Vorteilen: Die Tickets gibt es nur online, das Anstehen entfällt. Das erfordert beim Einlass zu den Corona-Kontrollen etwas Geduld. Der rote Teppich bei den Premieren ist nicht so voll wie sonst. Hollywood ist nicht sehr präsent. Ein paar Stars sind gekommen, wie die Französin Juliette Binoche und Charlotte Gainsbourg. Lebenswerkpreisträgerin Isabelle Huppert kann wegen eines positiven Corona-Tests nicht reisen.
Oscar-Preisträgerin Emma Thompson hat einen der umjubeltesten Auftritte: In der Gesellschaftskomödie „Viel Glück, Leo Grande“ spielt sie eine verwitwete Lehrerin, die den Sex neu entdeckt, das Publikum im Friedrichstadt-Palast ist begeistert. Auf der Pressekonferenz prangert die 62-Jährige an, wie sehr Frauen ein Leben lang beigebracht wird, ihren Körper zu hassen. Dann steht Thompson auf und fordert die Leute auf, sich einfach vor den Spiegel zu stellen: nackt, wie sie es im Film tut, und sich dann nicht zu bewegen, sich einfach zu akzeptieren.
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