Die Literaturkritikerin und Schriftstellerin Elke Heidenreich kritisiert immer wieder die Marginalisierung der Literatur in der deutschen Medienlandschaft. In ihrem SPIEGEL-Format „Weiterlesen mit Elke Heidenreich“ sie versucht diesem schleichenden schwinden entgegenzuwirken und empfiehlt alle zwei wochen zwei bücher. Zuletzt „Meine Schwester“ von Bettina Fltners und „Die Gedichte“ der polnischen Dichterin und Literaturnobelpreisträgerin Wisława Szymborska.
Bettina Flitters: „Meine Schwestern“
Die Filmemacherin und Fotografin Bettina Flitner erzählt in ihrem Roman „Meine Schwester“ von den Wunden und Tränen einer Familie, die von Depressionen und Tragödien heimgesucht wurde. Das Buch beginnt mit einem Telefonat. Thomas, der Mann ihrer Schwester Susanne, schluchzt ins Telefon. „Er hat meine Schwester im Badezimmer gefunden, als er um halb zehn nach Hause kam.“ Der Selbstmord ihrer Schwester erinnert Bettina an den ihrer Mutter, die sich vor 33 Jahren das Leben nahm. Damals rief der Vater an und sagte: „Tina, Mama ist tot“.
Zwischen Gegenwart und Vergangenheit changierend, witzig, ergreifend und berührend blickt Bettina Flitner auf ihre Jugend zurück und porträtiert ihre Schwester. Sie erzählt ohne Pathos, reflektiert und technisch sicher. Es ist die Geschichte einer zunehmend zerbrechlichen Familie, die immer wieder an der überwältigenden Schwere der Depression zu zerbrechen droht. Eine „grandiose Erzähl- und Verzahnungstechnik“, so Heidenreich. „Ein Künstler, der Bilder zu komponieren versteht“
Wisława Szymborska: „Die Gedichte“
Laut Heidenreich erinnerte Flitners Roman sie an die Gedichte der Literaturnobelpreisträgerin Wisława Szymborska. Insbesondere das Gedicht „Lob der Schwester“. Die polnische Dichterin Szymborska hatte sich in ihren Arbeiten oft auf alltägliche Beobachtungen bezogen sie, unprätentiös und oft umgangssprachlich, auf mehreren Ebenen untersucht.