Geschichte – Berlin – Letzter Leiter der DDR-Auslandsspionage Großmann gestorben – Wissen

Startseite » Geschichte – Berlin – Letzter Leiter der DDR-Auslandsspionage Großmann gestorben – Wissen
Geschichte – Berlin – Letzter Leiter der DDR-Auslandsspionage Großmann gestorben – Wissen

Berlin (dpa) – Der letzte Chef der DDR-Auslandsspionage, Werner Großmann, ist tot. Der frühere stellvertretende Minister für Staatssicherheit starb am Freitag im Alter von 92 Jahren, wie seine Tochter der Deutschen Presse-Agentur in Berlin bestätigte. Seine öffentlichen Auftritte nach der Wende lösten immer wieder Proteste aus. Großmann, einst einer der Stellvertreter von Stasi-Chef Erich Mielke, hatte die Arbeit des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) bis zuletzt rechtfertigt. Die Agenten des Ostens im Westen waren „Friedensscouts“.

1995 nahm der Generalbundesanwalt die Anklage gegen den ehemaligen Stasi-Generaloberst wegen Hochverrats und Bestechung zurück. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor die strafrechtliche Verfolgung von hauptamtlichen Stasi-Geheimdienstmitarbeitern als verfassungswidrig eingestuft. Nach seiner Festnahme am 3. Oktober 1990 war Großmann nur einen Tag in Haft.

Großmann, der 1986 die Nachfolge des langjährigen Spionagechefs Markus Wolf antrat, blieb bis zur Auflösung des Stasi-Ministeriums 1990 Chef der Geheimen Hauptverwaltung. Als Wolf im November 2006 starb, war Großmann auch bei der Urne dabei Beisetzung auf dem Zentralfriedhof in Berlin-Friedrichsfelde, wo sich auch das „Sozialistische Mahnmal“ befindet.

Nach dem Ende der DDR scharte der gelernte Maurer aus Sachsen Gleichgesinnte um sich und beschönigte die Vergangenheit. „Wir haben keine Putsche, Morde oder Entführungen durchgeführt wie andere Geheimdienste“, sagte der Mann mit den weißen Haaren 2007 bei einem Treffen mit ehemaligen Stasi-Offizieren in Dänemark. Das Treffen der Ex-Stasi-Größen stieß auf heftige Kritik von Opferverbänden. An anderer Stelle sagte Großmann, die MfS-Mitarbeiter hätten rechtskonform gehandelt. Im Allgemeinen gab es keine Menschenrechtsverletzungen, aber es kann einzelne Probleme geben.

Proteste gab es auch im März 2006, als Großmann mit anderen Stasi-Beamten zu einer Diskussion in der Gedenkstätte Hohenschönhausen, dem ehemaligen Staatssicherheitsgefängnis, auftrat und ehemalige Häftlinge diffamierte. Grossmann stellte zudem mit Bedauern fest, dass der DDR-Geheimdienst erst 1989 das volle Ausmaß der inneren Krise in der DDR erkannt habe.

2017 stellte er sein Gesprächsbuch „Der Verurteilte“ vor und erläuterte das Innenleben des Stasi-Apparats. „Ich habe nichts zu bereuen, ich habe niemandem geschadet, ich habe kein Verbrechen begangen“, sagte der ehemalige Generaloberst. „Ich bin vollkommen mit mir im Reinen.“ Wie tausende DDR-Bürger hat er mitgeholfen, den Frieden in Europa zu bewahren. „Darauf bin ich stolz.“ Seine Verhaftung nach dem Mauerfall bezeichnete er als „Auszeichnung und Anerkennung meiner Arbeit“.

Der politische Rentner fasste seine frühere Arbeit so zusammen: Jeder Schritt von relevanten Personen wurde kontrolliert. Folglich sei getan worden, „was heute jeder Staat tut, der seine Bürger vor Terroranschlägen schützen will“. Und weiter: „Wir haben alle geplanten Standorte für US-Raketen in Deutschland abgeklärt, wir haben Informationen vom Nato-Hauptquartier in Brüssel erhalten.“ Die Hauptverwaltung für Aufklärung hatte alle politischen Parteien in der Bundesrepublik im Blick.

© dpa-infocom, dpa:220128-99-892609/2