Berlin (dpa) – Zwei Wochen vor der nächsten Runde von Bund und Ländern zur Corona-Lage wird zunehmend eine Diskussion über mögliche Lockerungen gefordert. Justizminister Marco Buschmann kündigte an, im März viele Corona-Beschränkungen aufzuheben.
„Ich hoffe, dass viele Schutzmaßnahmen im März zurückgenommen werden können“, sagte der FDP-Politiker der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Voraussetzung sei, dass, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) prognostiziere, „ab Mitte Februar die Fallzahlen wieder sinken“. In Schleswig-Holstein sollen jedoch ab dem 9. Februar eine ganze Reihe von Corona-Regelungen fallen.
Dort gilt in Geschäften nur noch Maskenpflicht, Kunden müssen keine Genesung oder Impfung mehr nachweisen. Zudem wird es in der Gastronomie keine Ausgangssperre geben, wie Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Mittwoch in Kiel mitteilte. Das Land wolle sich „ein Stück weit in Richtung Normalität bewegen“. Er begründete dies damit, dass die Omicron-Variante des Coronavirus ansteckender, aber weniger gefährlich sei.
die Zeit ist noch nicht gekommen
Aus Sicht mehrerer Bundes- und Landespolitiker ist die Zeit für weitreichende Öffnungen noch nicht gekommen. Bremens Oberbürgermeister Andreas Bovenschulte betonte mit Blick auf das Bund-Länder-Treffen, dass dann über das weitere Vorgehen entschieden werden müsse. „Diese Entscheidung muss vorbereitet werden.“ Gleichzeitig sagte er im ZDF „heute journal up:date“: „Da wir aktuell eine stabile Situation in den Krankenhäusern haben, halte ich es für den richtigen Zeitpunkt, über Lockerungen zu diskutieren – noch nicht: sie umzusetzen.“
Die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollen am 16. Februar erneut über Wege aus der Pandemie beraten. In der Runde am 24. Januar hatten sich Bund und Länder bereits darauf verständigt, dass Öffnungsperspektiven für die erarbeitet werden sollen Zeitpunkt, an dem eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann. Befeuert wird die Debatte durch die Aufhebung fast aller Corona-Beschränkungen im Nachbarland Dänemark.
Laut einer Umfrage rechnet die Mehrheit der Bürger nicht mit Lockerungen ab Mitte des Monats. Laut einer Yougov-Umfrage gehen 57 Prozent der Befragten nicht davon aus. Dagegen rechnen 29 Prozent mit Lockerungen ab Mitte Februar. Rund 1000 Personen wurden befragt.
Söder: Brauchen einen Stufenplan
CSU-Chef Markus Söder forderte hingegen einen Stufenplan zur zeitnahen Entlastung. Die Fälle seien zwar gestiegen, die Krankenhausbelegung aber nicht im gleichen Maße, sagte Söder in Berlin zum Auftakt der zweitägigen Winterklausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte im Februar in der „Welt“ Beschlüsse über Öffnungsperspektiven. Die Krankenhausbelegung muss Maßstab des Handelns sein.
Die Gesamtzahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen in Deutschland hat inzwischen die 10-Millionen-Marke überschritten. Am Mittwochmorgen meldete das Robert-Koch-Institut 10.186.644 Infektionen seit Beginn der Pandemie. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards um 5 Uhr morgens widerspiegeln. Der tatsächliche Wert dürfte deutlich höher liegen, weil viele Infektionen nicht erkannt werden. Zudem ist die Zahl der innerhalb eines Tages an das RKI übermittelten Corona-Neuinfektionen auf ein Allzeithoch gestiegen. Laut RKI meldeten die Gesundheitsämter am Mittwochmorgen 208.498 Fälle innerhalb von 24 Stunden. Das RKI gab die 7-Tage-Inzidenz mit 1227,5 an – ein Höchstwert.
Scheitelpunkt noch nicht überschritten
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sprach sich für ein Abwarten mit Lockerungen aus. Dies könne erst geschehen, wenn der Höhepunkt der Omicron-Welle überschritten sei und klar werde, dass den Krankenhäusern keine Überlastung mehr droht, sagte Vorstandsvorsitzender Gerald Gass der Deutschen Presse-Agentur. „Trotzdem halten wir es für notwendig, jetzt klare Perspektiven für Öffnungen zu entwickeln.“
Auch der Virologe Christian Drosten empfiehlt ein vorsichtiges Vorgehen. Im Podcast „Coronavirus Update“ auf NDR-Info verwies die Wissenschaftlerin von der Berliner Charité auf den zähen Impffortschritt in Deutschland im Vergleich zu Dänemark. „Deshalb gibt es für Deutschland keine Entwarnung“, sagte Drosten. Er sieht in den Osterferien eine Zeitschwelle und einen „Planungshorizont“ für die Entspannung der Corona-Situation.
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