Gesundheit – Holpriger Neuanfang – Europa ringt um Einfluss in Afrika – Gesundheit

Startseite » Gesundheit – Holpriger Neuanfang – Europa ringt um Einfluss in Afrika – Gesundheit
Gesundheit – Holpriger Neuanfang – Europa ringt um Einfluss in Afrika – Gesundheit

Brüssel (dpa) – Die Europäische Union will mit Milliardeninvestitionen ihren Einfluss in Afrika sichern und sich gegen Konkurrenten wie China behaupten.

„Die EU will Afrikas erster Partner bleiben, ein loyaler Partner“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag nach einem zweitägigen Gipfel in Brüssel mit der Afrikanischen Union (AU). Dafür mobilisiert die EU 150 Milliarden Euro, zum Beispiel für Energienetze und Digitalisierung. Trotz der Aussicht auf einen Neuanfang waren die Erwartungen der rund 70 Staats- und Regierungschefs sehr unterschiedlich. Vor allem der Umgang mit Impfstoffpatenten sorgte für Zwietracht.

„Europa und Afrika können die großen Fragen unserer Zeit nur gemeinsam beantworten“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Der senegalesische Präsident Macky Sall, der die AU-Präsidentschaft innehat, betonte: „Wir müssen den europäisch-afrikanischen Beziehungen eine neue Denkweise verleihen.“ Dies muss auf einer gemeinsamen Vision von Partnerschaft basieren und nicht nur auf einer unterstützenden Beziehung. In der gemeinsamen Abschlusserklärung, an der bis Freitagabend gearbeitet wurde, ist die Rede von einer erneuerten Partnerschaft und einer gemeinsamen Zukunft als engste Partner und Nachbarn.

Große strategische Bedeutung

Afrika ist mit seinen 55 Staaten und rund 1,3 Milliarden Einwohnern von großer strategischer Bedeutung für die EU. Große Teile des Kontinents wurden bis Ende des 20. Jahrhunderts von einigen EU-Staaten brutal kolonisiert. Politische Instabilität, Terrorismus und wirtschaftliche Schwierigkeiten plagen heute viele afrikanische Länder, und viele Menschen suchen nach einem besseren Leben in der EU. Gleichzeitig versuchen Länder wie China, Russland und die Türkei, durch riesige Investitionen, Waffenlieferungen und Verteidigungskooperationen an Einfluss zu gewinnen.

Dem will Europa mit der Global-Gateway-Initiative entgegenwirken – ein Gegenstück zu Chinas sogenannter Neuer Seidenstraße. Die EU-Kommission will über sieben Jahre mehr als 150 Milliarden Euro mobilisieren – unter anderem für Investitionen in Stromnetze, klimafreundlichen Wasserstoff, Internetinfrastruktur und Verkehrskorridore. Bundeskanzler Scholz sprach von einem „aufrichtigen Kooperationsangebot“.

Ein Teil des Geldes dafür muss allerdings noch aufgebracht werden. Etwa 36 Milliarden Euro sollen aus dem EU-Haushalt kommen, 53 Milliarden Euro sind Kreditbürgschaften, rund 20 Milliarden Euro sollen die EU-Staaten beisteuern, heißt es aus deutschen Regierungskreisen. Der Rest soll aus der Privatwirtschaft kommen.

Sind die Investitionen ausreichend?

Ob das EU-Paket ausreicht, ist fraglich. Der afrikanische Kontinent brauche Investitionen zwischen 130 und 170 Milliarden Dollar pro Jahr (zwischen 114 und 150 Milliarden Euro), sagte Senegals Präsident Sall. Ihm zufolge haben 600 Millionen Afrikaner keinen Zugang zu Elektrizität. „Die Priorität für uns Afrikaner ist ganz klar der universelle Zugang zu Elektrizität und die Industrialisierung des Kontinents.“

Gleichzeitig gibt es Streit, weil die EU sich weiterhin weigert, afrikanische Forderungen nach einer Freigabe der Patente von Corona-Impfstoffen zu unterstützen. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat den Konflikt am Freitag auf offener Bühne mit von der Leyen ausgetragen. Spenden allein seien kein nachhaltiger Weg, um Resilienz aufzubauen, sagte er. Es darf nicht sein, dass Afrika bei Medikamenten immer hinten ansteht. Scholz pochte dagegen auf Patentschutz.

Nur 12 Prozent der Bevölkerung sind geimpft

Die Impflücke zwischen Afrika und der EU ist immer noch riesig. In Afrika sind nur rund 12 Prozent der Bevölkerung geimpft, in der EU sind es über 70 Prozent. Die Abschlusserklärung spricht nun unter anderem von „freiwilligem Technologietransfer“. In diese Richtung geht auch ein Projekt, das am Rande des Gipfels angekündigt wurde. Demnach sollen mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in sechs afrikanischen Ländern patentfreie mRNA-Impfstoffe hergestellt werden. Die Länder sollen die notwendige Technologie erhalten und bei der Ausbildung von Fachkräften unterstützt werden. Der Impfstoff soll 2023 fertig sein.

Vor allem der erste Tag des Gipfels war überschattet von einem Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs zur Lage in der Ukraine. Am Donnerstagmorgen kündigte auch Frankreich den Abzug seiner Truppen aus Mali an. Die geopolitische Situation in Afrika dürfte es der EU erschweren, ihre Investitionen zu platzieren. Länder wie Mali, Burkina Faso oder Sudan, die für Europa von zentraler Bedeutung sind und in denen Russland seinen Einfluss erhöhen will, saßen in Brüssel nicht am Verhandlungstisch.

© dpa-infocom, dpa:220218-99-186899/7