München (dpa/lby) – Trotz der bundesweit extrem hohen Corona-Inzidenz soll Bayern nicht zum Hotspot erklärt werden – damit enden die meisten Corona-Beschränkungen am Wochenende. „Wir werden keine Hotspots für ganz Bayern schaffen. Zumindest nicht in absehbarer Zeit“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag am Rande eines Termins auf dem Münchner Viktualienmarkt. Bayern wird die Infektionslage weiter beobachten. Gleichzeitig betonte er: „Wir haben in Deutschland wirklich keine verlässliche Basis mehr, falls es noch schwieriger wird.“
Nach dem neuen Bundesinfektionsschutzgesetz und einer Übergangsfrist enden am kommenden Wochenende die meisten Corona-Beschränkungen. Bleiben nur noch die Maskenpflicht im Nah- und Fernverkehr, in Pflegeheimen und Kliniken sowie Testpflichten in Pflegeheimen und Schulen. In Einzelhandel, Freizeiteinrichtungen, Schulen und anderen Innenbereichen besteht keine Maskenpflicht mehr.
Das von der Ampelkoalition in der Bundesregierung durchgesetzte neue Infektionsschutzgesetz würde eine Verlängerung der Auflagen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulassen. Eine Kommune kann nur dann zum Hotspot erklärt werden, wenn dort eine gefährlichere Virusvariante auftritt oder die Gefahr besteht, dass Krankenhauskapazitäten überlastet werden. Das ist in Bayern nicht der Fall.
„Ein so schlampiges Gesetz werden wir in Bayern nicht anwenden“, sagte Söder. Es ist auch nicht rechtlich durchsetzbar. Für den Fall, dass die Lage noch schwieriger wird, gibt es in Deutschland jedenfalls keine verlässliche Basis mehr. Jeder muss nun selbst entscheiden, ob er eine Maske trägt. Er selbst wird dies drinnen aufbewahren.
Auch Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kritisierte die Hotspot-Regelung als „extrem schlecht gemacht“https://www.sueddeutsche.de/bayern/. „Wo sind die klaren Kriterien? Wir sehen nur schwammige und nutzlose Formulierungen“, sagte er .
Holetschek hätte wie die Gesundheitsminister mehrerer anderer Länder eine Verlängerung der Übergangsregelung für die Maskenpflicht um vier Wochen gewollt – doch ein entsprechender Antrag scheiterte bei der Gesundheitsministerkonferenz am Montag. „In der Sache waren sich alle einig: Die Maskenpflicht in Innenräumen wäre zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich noch sinnvoll – bundesweit“, sagte Holetschek.
Gleichzeitig forderte Söder die Bundesregierung auf, die Quarantäneregeln an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Es kann nicht sein, dass einerseits die meisten Auflagen am 2. April endeten, die Quarantäneregeln aber unverändert weitergelten: „Das muss die Bundesregierung einfach diskutieren. Das gilt für die kritische Infrastruktur, die Krankenhäuser und allgemein.“
Wie schon am Wochenende betonte Söder auch, dass es in der aktuellen Situation wichtig sei, „ein bisschen Lebensfreude“ zu bewahren. Die Menschen brauchten Nähe und Miteinander, ohne die Vorsicht ganz aufzugeben. „Ich bin dagegen, alles abzusagen, aber wir bleiben vorsichtig. Aber wir müssen auch versuchen, in den schweren Zeiten ein bisschen Normalität zu leben“, sagte er.
Das Kabinett wird daher am Dienstag keine neuen Corona-Regeln für den Freistaat beschließen. Die Zahl der in Bayern gemeldeten Corona-Infektionen war am Wochenende wieder leicht gesunken. Das Robert-Koch-Institut verzeichnete am Montag eine Sieben-Tages-Inzidenz von 2178,1 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Am Freitag erreichte der Messwert einen Rekordwert von 2199,9. Die bayerischen Gesundheitsämter meldeten laut RKI 20.601 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Corona stieg seit Beginn der Pandemie um 13 auf insgesamt 22.394.
Nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) liegt die tatsächliche Zahl der Infektionen sogar noch höher. Gründe sind die Dunkelziffer der Infektionen und Verzögerungen bei der Meldung an die lokalen Behörden. Die Landesregierung hatte zuletzt – vergeblich – entweder eine Verlängerung der Übergangsfrist oder bundesweit einheitliche Kriterien für die Anwendung der Hotspot-Regelung gefordert. Auch die Gesundheitsministerkonferenz der Länder konnte sich am Montag nicht darauf einigen.
Auch Bayerns Vize-Ministerpräsident und Freie-Wahl-Chef Hubert Aiwanger hatte sich dagegen ausgesprochen, ganz Bayern zum Corona-Hotspot zu erklären. „Die Auflagen werden nicht erfüllt, weil wir weder eine besonders gefährliche Virusvariante haben, noch das Gesundheitssystem flächendeckend vor einer Überlastung steht“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). Für den Fall, dass ganz Bayern als Corona-Hotspot eingestuft wird, hat die FDP der Landesregierung mit einer Klage gedroht.
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