Endlich scheint wieder die warme Frühlingssonne ins Büro. Schnell den Schreibtisch näher ans Fenster schieben und dem „Sonnenbaden“ während der Arbeitszeit steht nichts mehr im Wege. Aber sollte man trotzdem Sonnencreme auftragen, um auf der sicheren Seite zu sein? Wir haben mit einem Experten gesprochen.
Oberndorf – Wer sitzt nicht gerne am Fenster, wenn die Sonne hereinscheint, oder genießt die warmen Strahlen durch das Dachfenster im Auto. Aber besteht nicht irgendwann die Gefahr eines Sonnenbrandes?
Um die Antwort vorwegzunehmen: Nein, durch eine Glasscheibe bekommt man wirklich keinen Sonnenbrand. Ein Hitzschlag hingegen kann nicht ausgeschlossen werden. Das Fensterglas lässt die Wärmestrahlung durch, nicht aber die hautschädigende UV-Strahlung. Warum das so ist, weiß Bruno Gompf, promovierter Physiker an der Universität Stuttgart.
Dazu muss er etwas zurückgehen und erklären, was Fensterglas und Sonnenlicht eigentlich sind.
Fensterglas ist normalerweise transparent. Das liegt an der molekularen Struktur von Siliziumoxid, aus dem Glas chemisch aufgebaut ist, erklärt Bruno Gompf. Sichtbares Licht kann daher durch das Material hindurchtreten. Allerdings kommen nicht alle Sonnenstrahlen unbeschadet durch das Material.
Die Wellenlänge bestimmt die Eigenschaft
Nun zum Sonnenlicht: Im Sonnenlicht gibt es Strahlen, die sichtbar sind, andere sind unsichtbar. Manche sind warm, manche nicht. Und einige sind harmlos, während andere schädlich für die Haut sind. Der Wissenschaftler betont jedoch, dass es keine unterschiedlichen Arten von Sonnenstrahlung gibt. Ob UV-Strahlung, sichtbares Licht oder Infrarotstrahlung – alles ist elektromagnetische Strahlung. Der einzige Unterschied ist die Wellenlänge. Die Energie bewegt sich also mit Schwingungen bei unterschiedlichen Frequenzen. Wie schnell die elektromagnetischen Strahlen schwingen, ändert ihre Eigenschaften.
„Radiowellen sind sehr langwellig, leicht kurzwellige Handy- oder Mikrowellenstrahlung, wenn es dann noch kurzwelliger wird, kommen wir irgendwann zur Wärmestrahlung, sichtbares Licht ist noch kurzwelliger, UV-Strahlung ist noch kurzwelliger und Röntgenstrahlen zum Beispiel sind sehr kurzwellig.“ Gompf-Beispiele. Während das unsichtbare ultraviolette Licht sehr kurzwellig ist, ist Infrarot – auch Wärmestrahlung genannt – langwellig.
UV-Strahlung zerstört Moleküle
Wenn kurzwellige Strahlen auf Gegenstände treffen, können sie deren Oberfläche beschädigen. Viele haben dies mindestens einmal gespürt, wenn sie zu lange in der Sonne waren. Aber wie machen die Strahlen das?
Alles besteht aus Atomen. „Elektronen umkreisen den Atomkern, sind also fest daran gebunden“, sagt Gompf. „Strahlung mit der richtigen Wellenlänge kann Elektronen aus ihrer atomaren Verbindung lösen, indem sie ihnen ihre Energie gibt. Die Strahlen wirken ionisierend, wie man so schön sagt. Die Moleküle zerfallen. Das beginnt aber erst bei Wellenlängen im UV-Bereich.“ Die Zerstörung von Die chemischen Verbindungen äußern sich in der Haut als Sonnenbrand.
Sonnencreme absorbiert Strahlung
Der Körper hat die Fähigkeit, kaputte Moleküle bis zu einem gewissen Grad zu reparieren und den Sonnenbrand zu heilen. Damit er das gar nicht erst machen muss, gibt es Sonnencreme. Und sie nutzen das Prinzip.
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„Die Creme absorbiert die Strahlungsenergie und fängt sie ab, bevor sie auf die Haut trifft. Die Moleküle im Sonnenschutzmittel werden also abgebaut und es baut sich mit der Zeit ab. Deshalb wirkt das Sonnenschutzmittel nur wenige Stunden, bevor Sie es erneut eincremen“, erklärt sie der Physiker.
Normales Fensterglas ist ein Schutzschild
Was aber noch effektiver und vor allem dauerhaft gegen den Einfluss kurzwelliger elektromagnetischer Strahlung wirkt, ist einfaches Fensterglas. „Es lässt keine UV-Strahlen durch.“ Die Dicke der Fensterscheibe spielt keine Rolle.
In der Physik werden die Wellenlängenbereiche noch detaillierter eingeteilt, nämlich in UV-A bis -C. Und der UV-A-Strahlungsbereich, also die längerwelligen UV-Strahlen, passieren das Fensterglas gerade so. Für einen Sonnenbrand reicht das aber nicht. „Man muss lange vor dem Fenster sitzen“, sagt Gompf.
Langwelligere Strahlung, beispielsweise Infrarotstrahlung, durchdringt das Glas jedoch wie beschrieben problemlos. „Deshalb funktionieren Gewächshäuser. Die Wärme dringt fast ungehindert durch das Glas und wird im Inneren gehalten.“
Nicht nur die Haut wird durch Sonnenlicht geschädigt
Aber wenn die kurzwelligen UV-Strahlen wie Sonnencreme vom Glas abgefangen werden, warum wird dann nicht auch das Material geschädigt? „Tu es!“ betont Gompf. „Glas ist ziemlich stark, also ist es nicht so offensichtlich. Aber andere Materialien, wie Plexiglas oder Kunststoff, werden spröde und spröde und können sogar ihre Farbe ändern, wenn sie längere Zeit dem Sonnenlicht ausgesetzt werden. Das ist genau der Grund. Die Moleküle auf der Oberfläche werden durch UV-Licht beschädigt .“
Das bedeutet für alle, die im Winter das Licht vermisst haben: An schönen Tagen steht dem Sonnenbaden vor dem Fenster und dem Fahren mit dem Dachfenster auf dem Dach nichts mehr im Wege.