Unmittelbar nach der ersten „Orientierungsdebatte“ im Bundestag, die in zwei Wochen stattfinden soll, würden Abgeordnete der SPD Eckpunkte für einen Gesetzentwurf vorstellen, sagte Fraktionschef Rolf Mützenich in Berlin. Sie sollen dann zusammen mit Parlamentariern anderer Fraktionen die Grundlage für einen Fraktionsvorschlag sein.
Es dürfe nicht länger als zwei Monate dauern, bis das Parlament im Bundestag eine Entscheidung trifft, sagte Mützenich: „Das werden wir natürlich im März fertig haben.“
Sechs Wochen nachdem sich der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz – damals Vizekanzler – für eine generelle Impfpflicht ausgesprochen hat, liegt nun erstmals ein Zeitplan für die Umsetzung des Vorhabens vor. Es könnte jedoch länger dauern, bis eine Entscheidung getroffen wird, als Scholz vorgeschlagen hatte. Die SPD-Politikerin hatte Anfang Februar oder Anfang März die gewünschten Termine für die Einführung der Impfpflicht genannt. Das sei nur mit Sondersitzungen des Bundestages möglich.
Scholz war in den vergangenen Wochen zunehmend unter Druck geraten. Die Union hatte ihm in der Debatte Führungsschwäche vorgeworfen und um einen Zeitplan gebeten. Dieser Forderung kommt die SPD nun nach und entlastet den Kessel. Mützenich war entschlossen, alles zu tun, damit die Entscheidung noch vor Ende März fallen konnte.
Sondersitzungen möglich
Mit Blick auf eine lange Phase ohne Bundestagssitzungen im Februar schloss der SPD-Fraktionschef Sondersitzungen nicht aus. „Wenn es notwendig ist, sind wir (…) immer in der Lage, im Deutschen Bundestag zu beraten“, sagte er.
Die Ampel-Koalition hatte vereinbart, dass die Abgeordneten frei entscheiden können, ob sie sich impfen lassen, ohne sich an eine bestimmte Fraktionslinie halten zu müssen. Aus den Reihen von SPD, Grünen und FDP gab es bislang nur einen Antrag von Bundestagsabgeordneten, Vizepräsident Wolfgang Kubicki von der FDP, in dem eine Impfpflicht abgelehnt wird.
Orientierungsdebatte Ende Januar
Bevor die SPD die Eckpunkte zur Impfpflicht vorstellt, soll in der Woche vom 24. bis 28. Januar die Orientierungsdebatte stattfinden. Grundsätzlich lud Mützenich alle Parlamentarier ein, sich anschließend an einem gemeinsamen Fraktionsvorschlag zu beteiligen. Mit Blick auf die AfD fügte er jedoch hinzu, dass diese in den vergangenen Monaten nichts unternommen habe, um mit Provokationen auf die Herausforderungen der Pandemie zu reagieren. Er sei zuversichtlich, dass die Mehrheit der SPD-Abgeordneten für die allgemeine Impfpflicht stimmen werde.
Kurz vor Mützenichs Äußerungen kritisierte sogar Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen das Tempo der Impfdebatte: „Wir verlieren viel Zeit.“ Die Ministerpräsidenten hatten Bundesregierung und Bundestag gebeten, noch vor Weihnachten einen Fahrplan vorzulegen.
FDP: Impfpflicht gegen Omikron-Welle zu spät
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, er wolle nicht für eine bestimmte Sitzungswoche zur Abstimmung angesetzt werden. Aber: „Wenn Sie im ersten Quartal zu einer Entscheidung kommen, sehe ich überhaupt kein Problem darin, sie so umzusetzen, dass sie im Herbst wirksam wird.“ Eine Impfpflicht gegen die aktuelle Omikron-Welle käme ohnehin zu spät, sagte Dürr.
„Großartig“ wäre es auch, wenn eine Impfpflicht entfallen würde, denn mehr Auffrischungsimpfungen würden die Wahrscheinlichkeit erhöhen, von einer Pandemie in eine Endemie, also eine weniger ernste Situation überzugehen.
Union ohne Gesetzespläne
In der Union gab es ein hin und her in der Frage. Am Nachmittag machte die Fraktionsspitze der Union deutlich, dass CDU und CSU derzeit keinen eigenen Gesetzesvorschlag zur Impfpflicht im Bundestag vorlegen. Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger hatte zuvor seinen eigenen Gewerkschaftsvorschlag in den Zeitungen der Funke Mediengruppe angekündigt.
Schließlich bot Union-Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus (CDU) den Ampel-Regierungsgesprächen zur Impfpflicht an. Wenn man eine solche Impfpflicht mache, brauche man „einen breiten demokratischen Konsens und nicht eine Situation, in der man dann vier Gruppenanträge hat und ein Gruppenantrag dann einfach irgendwo durchkommt“, sagte Brinkhaus.
Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Brandner, kündigte einen eigenen AfD-Antrag gegen die Einführung von Impfpflichten an. „Wir werden uns nicht an Gruppenvorschlägen beteiligen, die nur dazu dienen, das verbale Verhalten der anderen Parteien zu verschleiern.“
Umfrage: Mehrheit für Impfpflicht
Laut einer Forsa-Umfrage spricht sich die Mehrheit der Menschen in Deutschland für eine generelle Impfpflicht aus. 70 Prozent der Befragten waren dafür, 28 Prozent dagegen. Die Zustimmung ist demnach bei den Anhängern der SPD (84 Prozent) und der Grünen (74 Prozent) sowie der CDU/CSU (79 Prozent) am höchsten. FDP-Anhänger äußerten sich mit 57 Prozent überwiegend negativ über eine generelle Impfpflicht. Die Ablehnung von AfD-Anhängern war mit 89 Prozent sogar noch höher.
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