Berlin (dpa) – Die Union kämpft weiter mit nur wenigen Corona-Schutzregeln gegen das geänderte Infektionsgesetz. Der Deutsche Städtetag geht von einer baldigen Gesetzeskorrektur aus.
Der Bundestag hatte die neue Regelung beschlossen, der Bundesrat ließ sie durch, allerdings unter breitem Protest. Von einer Einberufung des Vermittlungsausschusses hat die Staatenkammer abgesehen, weil es sonst ab Sonntag vorerst keine Rechtsgrundlage gegeben hätte. Das geänderte Gesetz wurde am Freitag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Die neue Rechtsgrundlage soll ab morgen gelten, da die jetzige an diesem Samstag ausläuft. Zur Eindämmung der Pandemie können die Bundesländer noch einige wenige generelle Auflagen für Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen wie Kliniken und Pflegeheimen festlegen. In Bussen und Bahnen soll weiterhin eine Maskenpflicht gelten. Für regionale „Hotspots“ sind jedoch weitere Einschränkungen möglich, wenn der Landtag für sie eine besonders kritische Corona-Lage feststellt. Alle Länder wollen eine Übergangsfrist nutzen und die geltenden Schutzregeln bis längstens 2. April beibehalten.
Kritik am Gesetz
Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, bezeichnete das Gesetz als „schrecklich“. Damit ist ein richtiger Grundschutz nicht mehr möglich. Die „Hotspot“-Regelung bringe die Länder in eine sehr unsichere Rechtslage, kritisierte der CDU-Politiker in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). „Ich sage es ganz klar: Wir wollen mit diesem Gesetz nichts zu tun haben. Wir halten das, was die Ampel hier präsentiert, für völlig unverantwortlich“, sagte Frei.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek beklagte, das Gesetz sei nicht praktikabel. Es sei nicht klar, wie es angewendet werden könne und welche Standards und Parameter für „Hotspots“ gelten, sagte der CSU-Politiker der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstag). Bayern plant daher vorerst keinen Gebrauch davon. Nach dem 2. April würden keine Vorkehrungen getroffen, sagte Holetschek.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kritisierte den Verzicht der Bundesregierung auf das Gesetz zur Expertise der Länder. Alle Länder seien sich über Parteigrenzen hinweg einig, dass dieses Vorgehen nicht hinnehmbar sei, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Wüst fügte hinzu: „Ich hoffe, dass die Bundesregierung bald wieder zur Gemeinsamkeit in der Pandemiepolitik zurückkehrt.“
FDP verteidigt Recht
Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigte das Gesetz. Sie ist „verantwortlich“ und findet die richtige Balance zwischen individuellem und staatlichem Gesundheitsschutz. Die Länder blieben mit der „Hotspot“-Regelung handlungsfähig, sagte der FDP-Chef der „Augsburger Allgemeinen“ https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/. „Wir machen jetzt mit Corona einen Schritt in Richtung Normalität“, sagte Lindner. „In dieser Phase der Pandemie stärken wir wieder die Eigenverantwortung der Menschen“, betonte er.
Der Deutsche Städtetag rechnet mit einer schnellen Korrektur der neuen Regeln. „Es ist jetzt ein Flickenteppich zu befürchten“, sagte Stadtratspräsident Markus Lewe den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). „Und es ist sehr wahrscheinlich, dass das Gesetz bald wieder korrigiert werden muss“, fügte er hinzu.
Viele Länder in Europa haben die Corona-Regeln bereits weitgehend abgeschafft. Österreich zieht angesichts stark steigender Infektionszahlen nun die Zügel wieder an. Ab Mitte nächster Woche müssen in öffentlichen Innenräumen wieder FFP2-Masken getragen werden, wie Gesundheitsminister Johannes Rauch am Freitagabend mitteilte. Im Nachbarland ist die Sieben-Tage-Inzidenz etwa doppelt so hoch wie in Deutschland.
© dpa-infocom, dpa:220319-99-584767/2