Grenze zur Ukraine: So lief die Hilfsaktion – Region Cham – Nachrichten

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Grenze zur Ukraine: So lief die Hilfsaktion – Region Cham – Nachrichten

Susanne Nock berichtet über die Fahrt von drei Transportern mit Helfern von Waldmünchen bis zur ukrainischen Grenze.

Von Susanne Nocke

06. März 2022
2.30


Die ukrainische Gruppe und das Team aus Waldmünchen Foto: Stefan Wagner

Wald München Susanne Nock, den meisten Waldmünchenern durch ihren Einsatz für das Mehrgenerationenhaus bekannt, schildert den von Stefan Wagner aus Waldmünchen organisierten Ausflug eines Rettungsteams an die ukrainische Grenze:

„Die Aufschrift ‚Waldmünchen hilft – von Bayern in die Ukraine‘ und Schilder mit der ukrainischen und der bayerischen Flagge zierten unseren Konvoi, der am Freitag um 5.45 Uhr Richtung polnisch-ukrainische Grenze aufbrach.

Große Hilfsbereitschaft

Entladen an der polnisch-ukrainischen Grenze

Entladen an der polnisch-ukrainischen Grenze Foto: Stefan Wagner

Aber der Reihe nach: Mein Bruder Stefan Wagner hat am Dienstag die Idee, Spenden für die Menschen in der Ukraine zu sammeln, in den sozialen Netzwerken und in den Zeitungen geteilt. Was folgte, war eine überwältigende Hilfsbereitschaft: Mehr als 300 Männer, Frauen und Kinder brachten Decken, Isomatten, Babywindeln, Medikamente, Socken, Lebensmittel, nicht wenige spendeten kräftig zur Finanzierung der Reise oder zum Beispiel Powerbanks, das sind mobile Ladestationen für Handys. Im Verkaufsraum des Autohauses Wagner stapelten sich die Waren im Handumdrehen bis unter die Decke. Lydia Wagner musste den Überblick behalten. Immer wieder kamen Menschen, um beim Sortieren und Packen zu helfen – Babywindel für Babywindel, Schokolade und Gummibärchen in den „Süßigkeiten“-Kisten und beim Überprüfen aller Medikamente, ob sie noch fahrbereit sind und was an alle verteilt oder nur noch abgegeben werden kann an Mediziner. Ursprünglich war ein Bus mit zwei Fahrern geplant, aber ein zweites und drittes Fahrzeug waren schnell gefunden und die Beladung konnte beginnen.

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Am Donnerstagmorgen mussten zwei Fahrer ihren Einsatz aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen zurückziehen. Aber innerhalb einer halben Stunde hatten wir nicht nur zwei, sondern vier Ersatzfahrer gefunden. Und so haben wir das Wohnmobil geräumt. Da sich herausstellte, dass alle irgendwie aus der Vorstadt kamen, hieß unsere WhatsApp-Gruppe „Ukraine-Glasscherb’nviertel-Hilfe“. Abends bekamen wir eine große Ladung Waldmünchner Brot, Kuchen und Wurst. Für das bekannte Unterwäsche- und Zahnputzset war in den Fahrzeugen kaum Platz. Beim Start am Freitagmorgen am Böhmerkreuz (!) die ersten Herzklopfen: Fehlermeldung ‚Leistungsverlust‘ bei einem Fahrzeug.

Die ukrainische Familie stärkt sich unterwegs.

Die ukrainische Familie stärkt sich unterwegs. Foto: Stefan Wagner

Gut, dass Stefan KFZ-Mechaniker ist und nach kurzem Check ging es schnell über Prag, Brünn, Krakau, Rzeszów nach Lublin, wo wir eine Unterkunft hatten. Unterwegs wurden wir von vielen Begleitfahrzeugen überholt und Überholer gaben uns oft einen ‚Daumen hoch‘ für unsere Aktion. Am Samstagmorgen fuhren wir zu unserer Abladestation, die Stefan von seinem Ansprechpartner bekam, direkt neben der ukrainischen Grenze. Dort warteten bereits junge Ukrainer auf uns und halfen beim Ausladen. Wir teilten Würstchen und Kuchen mit ihnen und fuhren weiter in das kleine Grenzdorf Dorohusk, wo eine Börse eingerichtet wurde.

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Hier war alles perfekt organisiert: vom Parkwächter über die Pavillons der Hilfsorganisationen bis hin zur Meldestelle, wo polnische Polizisten und freiwillige Übersetzer unsere Daten erfassten und Familien zur Mitnahme zuwiesen. Die Übersetzung vom Ukrainischen (inklusive kyrillischer Schrift) ins Polnische und vom Polnischen ins Englische enthielt einige Fehlerquellen, und so gab es einige Odysseen, viele Telefonate und noch mehr Einträge im Google-Übersetzer, bis die Familien endlich ihre Angehörigen fanden in der Nähe von Krakau übergeben werden konnte.

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Auf dem Rückweg begegnen uns unzählige Begleitfahrzeuge und wir haben das Gefühl, dass ganz Europa unterwegs ist, um zu helfen. Kleinbusse, Busse, Lastwagen und Pkw mit Anhänger, voll beladen mit Hilfsgütern, aus Italien, der Schweiz, Österreich, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und natürlich Deutschland treffen aufeinander. An der Raststätte treffen wir zwei Kutschen und verteilen Saft und Schokolade an die Kinder.

Angst vor Militärtransporten

Die ukrainische Familie kann in Krakau untergebracht werden.

Die ukrainische Familie kann in Krakau untergebracht werden. Foto: Manfred Ruhland

Als über uns ein militärisches Transportflugzeug auftaucht, können wir den Kindergesichtern nur erahnen, was in ihren kleinen Köpfen vorgeht. Unzählige liebe Nachrichten erreichen uns über WhatsApp und Facebook, viele sind in Gedanken.

Wir treffen ein Hilfsteam aus Regensburg, das uns von der Situation am großen Grenzübergang Przemysl erzählt. Die Situation dort ist fast außer Kontrolle, trotz enormer Anstrengungen der Polen und vieler, vieler Helfer. Nach Mitternacht kommen wir wohlbehalten in Waldmünchen an mit dem guten Gefühl, einigen – wenn auch wenigen – Menschen geholfen zu haben und vor allem dem Gefühl, Teil einer sehr, sehr großen Solidarität und Hilfsbereitschaft gewesen zu sein.“

Der Entlastungstrupp

  • Fahrerteams:

    Stefan Wagner und Dieter Rügheimer, Maximilian Blume-Nock und Nina Kolbeck, Manfred und Hans Ruhland, Susanne und Alois Nock

  • Packhelfer:

    Maximilian Blume-Nock, Barbara Danzer, Lena Fischer, Edith Grimm, Susi und Laurentius Heiner, Barbara Konering, Eva Kurasiak, Ljuba Müller, Vroni Staudinger, Hilde Wagner, Jakob, Maja, Luis und Lydia Wagner, Birgit Weber

  • Spenden

    von 300 Menschen aus Waldmünchen und Umgebung mit Sach- und Geldspenden


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