Klima – Bundesrechnungshof fordert Neuausrichtung der Klimapolitik – Wissen

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Berlin (dpa) – Der Bundesrechnungshof hat die bisherige deutsche Klimaschutzpolitik als weitgehend wirkungslos kritisiert und eine schnelle Neuausrichtung gefordert. Alle Klimaschutzmaßnahmen müssen laut einem Sonderbericht sofort auf den Prüfstand.

Milliarden werden für Programme ausgegeben, die nicht effektiv sind, und es mangelt an Kontrolle und Koordination. „Die Bundesregierung muss unverzüglich die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die vielen Haushaltsmittel auch für den Klimaschutz eingesetzt werden“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller.

Mit den bisherigen Maßnahmen laufe Deutschland dem Bericht zufolge Gefahr, sein Klimaschutzziel für 2030 deutlich zu verfehlen. Statt der angestrebten Treibhausgasminderung von 65 Prozent – ​​bezogen auf das Basisjahr 1990 – seien nur 49 Prozent zu erwarten erreicht werden. Die neue Bundesregierung hat mehr Tempo und weitere Maßnahmen angekündigt. „Aber wir sind davon überzeugt, dass dies allein nicht ausreichen wird“, sagte Scheller mit Blick auf die bisherige schlechte Steuerung und Koordination.

Er beklagte auch, dass die Bundesregierung ihre teuren Klimaschutzmaßnahmen konterkariere, indem sie weiterhin klimaschädliche Subventionen in Milliardenhöhe zulasse. Finanzhilfen in Höhe von 16 Milliarden Euro für das vergangene Jahr standen nach Angaben des Bundesfinanzministeriums in positivem Zusammenhang mit den deutschen Umwelt- und Klimazielen. Fast zeitgleich bewertete das Umweltbundesamt Subventionen in Höhe von 65 Milliarden Euro im Jahr 2018 als umweltschädlich.

Sonderbericht als Vortrag für die alte Regierung

Der Bundesrechnungshof empfiehlt, diese Subventionen zu reduzieren. Künftig sollen für alle Klimaschutzmaßnahmen konkrete Zielwerte zur Reduktion von Treibhausgasen festgelegt werden. Der Staat muss die Milliarden für den Klimaschutz dorthin lenken, wo sie am meisten bewirken. Im Haushaltsplan sind Einnahmen und Ausgaben dahingehend darzustellen, ob sie das Erreichen der Klimaschutzziele fördern oder behindern. Eine effektive Koordination der Klimaschutzaktivitäten aller Ressorts ist notwendig. Zudem muss die Regierung die bisher nicht aussagekräftigen jährlichen Klimaschutzberichte zu einem echten Monitoring-Instrument ausbauen.

Der Sonderbericht liest sich wie ein Vortrag für die alte Bundesregierung und eine dringende Bitte an die neue Ampelkoalition, den Kurs zu ändern. Laut Scheller hat die Regierung derzeit nicht einmal einen genauen Überblick darüber, wie viele Programme und Maßnahmen es zum Klimaschutz gibt. Bei den meisten der derzeit mehr als 100 Förderprogramme ist zudem unklar, ob und ggf. in welchem ​​Umfang sie zur Reduktion von Treibhausgasen beitragen. „Dadurch fließen Haushaltsmittel in Programme, die für den Klimaschutz ineffektiv und ineffizient sind. Das erschwert und gefährdet das Erreichen der Klimaziele“, so der Bundesrechnungshof.

„Klimakabinett führt bisher nur ein Schattendasein“

Konkret nannte er das Klimaschutzprogramm 2030 vom Oktober 2019. Dieses beinhaltet 96 sektorale und sektorübergreifende Maßnahmen zur Emissionsminderung. Vermutlich führten nur 4 davon zu signifikanten Emissionseinsparungen. „Das sind vor allem die Maßnahmen zur Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung und der Ausbau erneuerbarer Energien“, sagte Scheller.

Besonderen Handlungsbedarf sieht der Bundesrechnungshof in der ressortübergreifenden Abstimmung der Klimaschutzpolitik. „Bisher hat das sogenannte Klimakabinett nur ein Schattendasein geführt. In der letzten Legislaturperiode sollte es Ressortaktivitäten steuern und koordinieren, ist aber nur einmal zusammengetreten“, kritisierte der Präsident des Bundesrechnungshofs.

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