Stand: 31.01.2022 10:19 Uhr
Täglich werden in Deutschland rund 500 künstliche Kniegelenke eingesetzt. Experten warnen: Das ist zu viel. Die Patienten leiden nach der Operation häufig unter vorderen Knieschmerzen (peripatellares Schmerzsyndrom).
Durch die Weiterentwicklung der Operationstechnik, der Implantate und der Instrumente ist das Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks heute relativ schonend und präzise. Aber ein künstliches Knie sollte immer die letzte Option sein, da es nicht rückgängig gemacht werden kann. Und rund 20 Prozent der Patienten sind mit dem Ergebnis unzufrieden.
Alternativen: Schlittenprothese bzw konservative Therapie
Ein kompletter Ersatz eines Knies ist oft nicht notwendig und oft nicht der beste Weg. Wenn Betroffene jedoch die Diagnose „Arthrose“ hören, meinen viele, sie bräuchten unbedingt eine Vollprothese. Es gibt kleinere und für manche Patienten viel bessere Eingriffe, die leider nur wenige Chirurgen gut beherrschen:
- Statt das komplette Kniegelenk zu ersetzen, kann eine Teilprothese, eine sog Schlitten, werden verwendet. Der Knorpel wird durch Kunststoff ersetzt, die Gleitflächen durch Metall. Der Vorteil ist, dass Kreuzband und Muskulatur intakt bleiben – was für eine hohe Stabilität sorgt.
- Wenn der Knorpel im Knie bereits stark geschädigt ist, die Schädigung aber nur einen kleinen Bereich betrifft, a Knochenknorpeltransplantation die Alternative zum künstlichen Knie sein. Der beschädigte Knorpel wird zunächst mit einer Stanze entfernt. An einer weniger belasteten Stelle im Knie wird dann ein etwas größeres Stück entnommen und wieder in die defekte Stelle gepresst. Es sitzt dann nahtlos.
- Wenn der Knorpelschaden zu groß ist, um mit Knorpel repariert zu werden, aber zu klein, um eine Teil- oder Vollprothese zu verwenden, a Knopfprothese eine Alternative zum künstlichen Knie. Die Mini-Prothese ersetzt nur die beschädigte Stelle, die gesunden Gelenkanteile bleiben erhalten. Das Implantat wird durch einen Fräsvorgang in das Gelenk eingesetzt. Dort ersetzt es den erkrankten Teil des Knorpels und schließt bündig mit dem gesunden Bereich ab.
Am besten wäre jedoch gar keine Operation. In vielen Fällen arbeitet man konservative Therapie: gezieltes Training, Sport, Physiotherapie. Das ist anfangs schmerzhaft, aber der Muskelaufbau soll die Knochen entlasten. Dazu kommt Aufklärung, denn die Betroffenen müssen genau wissen, was sie tun und warum.
Ursachen für Schmerzen im vorderen Knie
Nach dem Einsatz einer Knieprothese ist häufig die Struktur des Kniegelenks verändert. Verschiedene Faktoren können dann vordere Knieschmerzen verursachen:
- Der hinteres Kreuzband hat nach der Operation nicht immer die nötige Spannung, um den Oberschenkel bei gebeugtem Bein zu halten. Der Oberschenkel kann nach vorne rutschen und die Kniescheibe berühren. Das führt zu starken Schmerzen, das Gelenk fühlt sich instabil an, als würde die Kniescheibe nach vorne kippen.
- gleitet die knöcherne Kniescheibe nach der Operation nicht mehr in der vorgesehenen Nut am Femur, treten Schmerzen beim Beugen und Strecken auf. Rutscht die Kniescheibe einige Millimeter aus der Nut, kratzt sie an der Metallbeschichtung des künstlichen Kniegelenks. Dies ist schmerzhaft und kann Arthrose der Kniescheibe verursachen.
- Auch eine Infektion oder Metallunverträglichkeit kann Knieschmerzen verursachen.
Physiotherapie stärkt Bein, Rumpf und Becken
Bis das künstliche Kniegelenk einwandfrei funktioniert, kann es bis zu zwei Jahre dauern. Die neuen Gleitflächen müssen auf das Zusammenspiel mit Sehnen, Bändern und Muskeln „trainiert“ werden, denn sie halten die Beinachse stabil. Bei sehr schwacher Muskulatur kann die Beinachse beim Gehen nicht gehalten werden. Verschiebt es sich, entstehen Spannungspunkte im Gelenk – Schmerzen sind die Folge. Entscheidend für den Erfolg einer Prothese ist daher, dass das Bein gerade ist. Kontinuierliche Physiotherapie ist wichtig, um Bein, Rumpf und Becken zu stärken.
Reoperation: Zweite Meinung einholen
Bleiben die Schmerzen trotz regelmäßiger Krankengymnastik bestehen, kann eine erneute Operation sinnvoll sein. Dies ist meist bei Instabilität und Fehlpositionierung der Prothese der Fall. Eine Operation sollte jedoch nur durchgeführt werden, wenn die Ursachen der Schmerzen bekannt sind und sicher behoben werden können. Andernfalls ist die Operation überflüssig und kann die Symptome sogar verschlimmern.
Vor einer erneuten Operation sollten sich Betroffene eine Zweitmeinung einholen – am besten von einem Kniespezialisten in einer Klinik, die viel Erfahrung mit sogenannten Revisionsoperationen hat.
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