Monarchfalter in Kalifornien: Viel Nachwuchs im amerikanischen Königshaus – Wissen

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Monarchfalter in Kalifornien: Viel Nachwuchs im amerikanischen Königshaus – Wissen
© imago images / Nature Picture Lib.

Richard Freibe

Vor einem Jahr schien die westliche Bevölkerung dem Untergang geweiht. Jetzt sind die Tiere wieder da. Experten rätseln über die Gründe. Spielt Corona eine Rolle?

Pacific Grove ist eine kleine Stadt südlich von San Francisco. Der Hobbyökologe und spätere Literaturnobelpreisträger John Steinbeck lebte hier zeitweise und fand Vorbilder für seine Romanfiguren. Und der spätere Chemie-Nobelpreisträger Paul Berg organisierte hier 1975 im Konferenzzentrum Asilomar den wichtigsten Kongress in der Geschichte der Molekularbiologie.

Aber der Ort ist berühmt für ein biologisches Phänomen: den Höhepunkt der epischen Wanderung der Monarchfalter.

In den Bäumen

Millionen von ihnen überwinterten einst dort. Aber bis Dezember 2020 waren sie aus Butterfly Town USA so gut wie verschwunden. Ein Jahr später jedoch berichtete das US National Public Radio (NPR) „10.000 Monarchfalter in der Krone einer Monterey-Kiefer“. Eine Volkszählung an bekannten Überwinterungsgebieten in Kalifornien bezifferte die Zahl auf etwa 250.000 Personen, mehr als das 100-fache der fast 2.000 im Jahr zuvor.

In den Berichten der US-Medien ist das Aufatmen der Experten fast zu hören. Sie hatten mit etwas ganz anderem gerechnet: Die Bevölkerung schien 2020 zusammengebrochen zu sein, was ihr Aussterben unausweichlich machte. Tatsächlich deuten sowohl die Erfahrungen von Ökologen als auch Modellrechnungen darauf hin, dass ab einer gewissen Mindestzahl ein Point of no Return erreicht wird. Denn die verbleibenden Tiere haben es nun schwerer, Partner zu finden, sind Raubtieren ohne den Schutz des Schwarms noch hilfloser ausgesetzt oder durch genetische Verarmung anfälliger.

Marsch der Generationen

Monarchfalter sind für ihre Fernreisen durch weite Teile Nordamerikas bekannt. Allerdings legt kein Einzelner die ganze Strecke zurück, sondern der Staffelstab wird von Generation zu Generation weitergegeben. Wie die Tiere das tun, welche Art von genetischer Programmierung sie auf ihren Weg schickt und die Ururenkel der wandernden Bevölkerung der östlichen Rocky Mountains zu bestimmten mexikanischen Wäldern und die westlichen zurück zu demselben Pinienhain in Pacific Grove ortet, beschäftigt sich Neuro- und Verhaltensbiologen seit Jahrzehnten. Ihr Gehirn hat nicht mehr als die Größe eines Stecknadelkopfes und etwa eine Million Nervenzellen, verglichen mit etwa 90 Milliarden beim Menschen.

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Anfang 2022 beschäftigt die Monarch-Experten vor allem die Frage, was hinter der jüngsten Auferstehung steckt. Es war wahrscheinlich eine Kombination außergewöhnlich günstiger Umstände – günstig zumindest für die Schmetterlinge. Zum Beispiel sagte der Entomologe Paul Meredith gegenüber NPR, dass eine große Anzahl von Wildblumen in Gebieten, die von den großen Waldbränden von 2019 betroffen waren, möglicherweise eine optimale Nahrung für die wandernden Tiere darstellten.

Gutes Essen, gutes Wetter

Louie Yang, ein Entomologe an der University of California in Davis, glaubt, dass die Wolfsmilch (Gattung Asklepias), auf denen sich die Raupen entwickeln, fanden im vergangenen Jahr optimale Bedingungen vor. Die Wetterbedingungen in den Winterquartieren der Falter waren vergleichsweise sehr gut. Und die geringe Bevölkerungsdichte hätte auch Vorteile bringen können, etwa dass sich die sonst so verbreiteten parasitären Erkrankungen nicht so leicht wie sonst unter den weitverstreuten Individuen verbreiteten. Das könnten sie Naturschützer und die Biologin Emma Pelton könnten Einwanderer aus der anderen östlichen Bevölkerung stammen.

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Zudem zeigen Studien des Schmetterlingsforschers Art Shapiro, der ebenfalls in Davis arbeitet, dass Monarchfalter in Jahren besser abschnitten, als aufgrund von Dürre weniger Felder bestellt und damit weniger Pestizide ausgebracht wurden. Ähnliches hätte auch 2021 der Fall sein können.

Ein Corona-Effekt?

Diesmal sei die Hauptursache jedoch der durch die Corona-Epidemie verursachte Arbeitskräfte- und Pestizidmangel, sagte Elizabeth Crone, Ökologin an der Tufts University in Boston, gegenüber NPR.

All diese Faktoren bedeuten aber auch eines: Mit dem Glücksjahr 2021 hat sich der Trend keineswegs umgekehrt. Selbst 250.000 Exemplare von Danaus plexippus sind im Vergleich zu früher mehr als zehn Millionen noch zu vernachlässigen.