Russische Invasion: Von Kriegsangst überwältigt: Was jetzt zu tun ist – Unterhaltung

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Russische Invasion: Von Kriegsangst überwältigt: Was jetzt zu tun ist – Unterhaltung

„Angst entsteht aber auch, wenn abstrakte Werte wie Sicherheit oder Frieden bedroht sind“, sagt Hoyer. Die damit verbundene Anspannung wird unter anderem durch ein anderes Stresssystem reguliert, das über einen längeren Zeitraum aktiviert wird – und das nicht nur in einer heiklen Situation. Dabei spielt das Stresshormon Cortisol die Hauptrolle.

Experten sind nicht überrascht

Die Experten halten es für völlig normal, dass die Menschen dieser Tage auch in Deutschland Angst vor den Bildern und Nachrichten aus der Ukraine haben. „Wir sind soziale Wesen – viel sozialer, als uns bewusst ist“, sagt Margraf. Die westliche Welt ist nachdrücklich individuell geworden. Wenn es jedoch zu Konflikten kommt, taucht das Gruppendenken wieder auf. „Genetisch sind wir noch primitiv.“

Ein wichtiger Faktor dabei ist das Unvorhersehbare: „Wir haben übertriebene Angst vor allem Unbekannten“, sagt Margraf. Auf der anderen Seite tendiert man dazu, bekannte Risiken dramatisch zu unterschätzen – zum Beispiel, wenn man beim Autofahren das Handy ans Ohr hält. „Krieg ist eine diffuse Bedrohung, Körper und Geist geraten in einen latenten Alarmzustand“, sagt Hoyer. „Es ist keine Erleichterung in Sicht.“ Und die meisten von ihnen hatten keine Vorerfahrung mit dem Thema.

Wenn Angst das Leben begrenzt

Angst an sich ist körperlich nicht gefährlich. Psychisch belastend und schmerzhaft wird es aber, wenn es ausufert, unangemessen stark ist oder lange anhält. Wenn es soweit ist, testen Experten zum Beispiel mit standardisierten Fragebögen. Für den Einzelnen ist dies jedoch oft schwer einzuschätzen. Hinweise gibt es laut Margraf, wenn Angst das Leben einschränkt, alltägliche Handlungen vermeidet oder Leiden verursacht. Partner spiegeln dies oft wider, sagt Hoyer, denn auch ihr Leben sei davon betroffen.

Als Gegenmaßnahme raten die Experten unter anderem dazu, sich Zeitfenster zu nehmen, um sich über den Krieg zu informieren und darüber nachzudenken. „Darüber kann man nachdenken, aber produktiv sollte es sein“, sagt Margraf. Niemand braucht zwei Stunden Specials auf einer Schleife.

Ablenkung hilft

Wichtig ist, eine möglichst sinnvolle Ablenkung zu finden, die die volle Aufmerksamkeit beansprucht. Das kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein, sagt Hoyer – vom Spielen mit Kindern bis zur Abgabe der Steuererklärung sind die Möglichkeiten unbegrenzt. „Jedes sinnvolle Handeln zugunsten persönlich wichtiger Dinge drängt die Angst in den Hintergrund. Wenn das gelingt, ohne die Angst zu verleugnen oder zu bagatellisieren, ist das der psychisch gesunde Weg.“

Margraf sagt: „Das Schönste ist, wenn man etwas kontrollieren kann.“ Vorhersagbarkeit ist das zweitbeste. Und man sollte positive Dinge suchen, zum Beispiel mit Freunden spazieren gehen und seine Gedanken teilen. Es ist auch falsch, auf schöne Dinge zu verzichten. „Du kannst lachen und Spaß haben, obwohl Krieg ist.“

Wichtig für Kinder: Routinen einhalten

Psychologin Hartmann-Strauss rät, gerade bei Kindern an Routinen festzuhalten. „Nichts ist sicherer, als sich abends die Zähne putzen zu lassen.“ Und man sieht, wie man selbst konstruktiv handeln kann: „Was kann ich heute hier eigentlich tun, um zu helfen? Wie kann ich mich solidarisch zeigen?“

Es ist wichtig, zuerst anzuerkennen, dass Sie Angst haben. „Und dann die eigene Befürchtung klar äußern“, rät Hartmann-Strauss. Von anderen Menschen zu hören, dass sie Ihre Ängste teilen, ist gut. „Angst, die nicht artikuliert wird, nimmt oft irrationale Züge an und lässt mich zunehmend hilflos und machtlos fühlen.“

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