EINAnrufe von Freunden oder Geschwistern, die in ganz Deutschland oder im Ausland leben, haben immer etwas Schönes. Aber manchmal auch etwas Beklemmendes. Frankfurt wird beäugt wie ein fremder Planet. „Wie? Steigt die Inzidenz in Frankfurt wieder?“, sagt die Schwester aus der Schweiz. Da kann man sie daran erinnern, dass es ihrer Wahlheimat Zürich auch nicht besser geht. Nur bei einer Sache hilft es gar nicht beschönigen die Dinge dieser Tage. Im Gegenteil, sie sollten jeden Frankfurter aufwecken. Der Bürgermeister Sache. Peter Feldmann (SPD) wird Vorteilsnahme vorgeworfen. Und das, wie am Donnerstag bekannt wurde, auch in direktem Zusammenhang mit seinem Wahlkampf Bürgermeister, der von der AWO mitfinanziert worden sein soll. Im Gegenzug sollte sich Feldmann als gewählter Bürgermeister wohlwollend bei der Auftragsvergabe verhalten. Der Verdacht wiegt so schwer, dass Feldmann trotz Unschuldsvermutung zurücktreten müsste um Schaden von der Stadt abzuwenden. Doch der SPD-Politiker weist die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft einfach ab, als ob nichts gewesen wäre. Das zeigt, wie groß sein Respekt vor rechtsstaatlichen Institutionen ist. Scheinbar kaum vorhanden.
Apropos Druck: Davon spürt auch Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) einiges. Richtig so. Jahrelang hat sie die Einführung der E-Akte hinausgezögert. Jetzt kommt es sechs Jahre später als erwartet. Und das in einer ohnehin überlasteten Justiz. Zu allem Überfluss ist auch Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) keine Hilfe, die mit ihrem überschaubaren Ressort zunehmend überfordert zu sein scheint. Kühne-Hörmann wird von der Opposition nach Bekanntwerden der Defizite „Versagen“ vorgeworfen. Es ist zu erwarten, dass solche scharfen Töne von der Opposition kommen werden. Schwerer trifft es den Minister, dass in Justizkreisen allgemeine Unzufriedenheit herrscht. Man muss sich vorstellen, dass in Hessen nur noch die Papierakte rechtsverbindlich ist. Alle Dokumente, die elektronisch eingehen, müssen zunächst ausgedruckt werden. Das ist tiefe Steinzeit. Und noch dazu nicht besonders ökologisch.