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vonTanja Banner
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Eine ausrangierte SpaceX-Raketenstufe befindet sich derzeit auf Kollisionskurs mit dem Mond. Wenn der Weltraumschrott den Himmelskörper unkontrolliert treffen soll.
Frankfurt – Wird eine Rakete ins All geschossen, ist sie meist schon nach wenigen Minuten nicht mehr interessant – schließlich ist sie nur der Transporter und hat ihren Zweck erfüllt: eine Weltraummission auf den Weg zu bringen. Bei SpaceX, dem privaten Raumfahrtunternehmen des Milliardärs Elon Musk, ist die erste Stufe der Rakete nach dem Start immer noch relevant: Sie landet normalerweise auf einem autonomen Schiff oder an Land und wird für den nächsten Raketenstart vorbereitet. Aber für die zweite Raketenstufe gilt meist das Sprichwort „aus den Augen, aus dem Sinn“.
Kein Wunder: Die zweite Raketenstufe wird meist durch einen Absturz in die Erdatmosphäre zum Verglühen gebracht. Doch eine 2015 von SpaceX gestartete Raketenstufe erregt plötzlich wieder Aufmerksamkeit. Im Februar 2015 beförderte eine Falcon-9-Rakete von SpaceX den NOAA-Satelliten Deep Space Climate Observatory (DSCOVR) ins All. Es war der erste interplanetare Raketenstart von SpaceX, der seine Fracht aus der Erdumlaufbahn brachte.
SpaceX-Raketenstufe auf Kollisionskurs mit dem Mond
Als der NOAA-Satellit seine Reise zu einem sogenannten LaGrange-Punkt begann, der mehr als eine Million Kilometer von der Erde entfernt ist, ging der zweiten Stufe der Rakete der Treibstoff aus, um in die Erdatmosphäre gelenkt zu werden und dort zu verbrennen. Und ihr fehlte auch die Energie, um der Schwerkraft von Erde und Mond zu entkommen.
Die zweite Stufe einer Falcon-9-Rakete von SpaceX soll im März 2022 den Mond treffen. (Archivfoto)
© imago/leckwinkel
Und so taumelt seit Februar 2015 eine SpaceX-Raketenstufe in einem chaotischen Orbit durch das Erde-Mond-System. Doch das Schicksal des Objekts ist nun offenbar besiegelt: Eine neue Berechnung zeigt, dass seine Umlaufbahn das abgeworfene Objekt auf Kollisionskurs bringt mit dem Mond. Bill Gray, der eine Software entwickelt hat, die von professionellen und Amateurastronomen weltweit zur Beobachtung von erdnahen Objekten, Asteroiden und Kometen verwendet wird, glaubt, dass der unkontrollierte Aufprall der SpaceX-Rakete auf dem Mond Anfang März stattfinden sollte.
SpaceX-Raketenstufe taumelt unkontrolliert auf den Mond zu
Da die Raketenstufe in ihrer Umlaufbahn zu wackeln scheint, hat Gray vor einiger Zeit zu Beobachtungen aufgerufen, um mehr Daten zu erhalten. Anhand dieser neuen Daten erwartet Gray, dass die Raketenstufe Falcon 9 am 4. März 2022 auf der anderen Seite des Mondes in der Nähe des Äquators einschlägt.
Allerdings gebe es noch Unsicherheiten, denn „Weltraumschrott kann ein bisschen knifflig sein“, wie Grey auf seiner Website schreibt. Wie sich das Sonnenlicht auf das Objekt auswirkt, ist „schwer genau vorherzusagen“, erklärt Gray. „Die unvorhersehbaren Auswirkungen sind sehr gering, aber sie werden sich zwischen jetzt und dem 4. März summieren“, fuhr der Forscher fort.
Die SpaceX-Raketenstufe soll im März 2022 den Mond treffen
Grey will den Einschlag der Rakete auf dem Mond möglichst genau vorhersagen, um den Einschlag erforschen zu können. Die Mondorbiter „Lunar Reconnaissance Orbiter“ (LRO) der NASA und „Chandrayaan-2“ aus Indien könnten den entstandenen Krater auf der Mondoberfläche finden und vielleicht sogar den Einschlag beobachten. Bisher befürchtet Gray, dass seine Vorhersage um einige Minuten abweichen könnte, und hofft auf weitere Beobachtungen im Februar, die die Unsicherheit minimieren könnten.
Raumfahrt: SpaceX-Raketenstufe dürfte Einschlagskrater auf dem Mond hinterlassen
Sollte die SpaceX-Raketenstufe den Mond treffen, wäre dies laut Gray der erste versehentliche Einschlag von Weltraumschrott auf dem Mond. Im Oktober 2009 ließ die US-Raumfahrtbehörde Nasa die Raumsonde Lunar CRater Observation and Sensing Satellite (LCROSS) gezielt auf dem Mond einschlagen, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Zuvor hatten Sonden, die landen sollten, bereits den Mond getroffen. Auch die „Apollo“-Missionen der NASA hatten absichtlich Teile von Raumfahrzeugen auf dem Mond abgeworfen.
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Der bevorstehende Aufprall der Raketenstufe auf dem Mond ist „im Wesentlichen ein freies LCROSS“, schreibt Gray. Sie werden den Aufprall jedoch wahrscheinlich nicht sehen, da er wahrscheinlich auf der Rückseite des Mondes stattfindet. „Wenn wir den Leuten von LRO und Chandrayaan genau sagen können, wo sich der Krater befindet, könnten sie an dieser Stelle einen sehr frischen Einschlagskrater sehen und möglicherweise etwas über die Geologie dieses Teils des Mondes lernen“, vermutet Gray. Immerhin kennen wir die Masse einer leeren zweiten Stufe der Falcon 9 – vier Tonnen – und die Geschwindigkeit, mit der sie aufprallen wird – 2,58 km/s (etwa 9300 km/h). (Tab)
SpaceX steht immer wieder für seine Satellitenkonstellation „Starlink“ in der Kritik: Eine aktuelle Studie zeigte, dass die Satelliten vor allem in der Dämmerung die Astronomie beeinflussen – und genau das ist wichtig für die Suche nach potenziell gefährlichen erdnahen Objekten. Auch die Auswirkungen der unzähligen Raketenstarts auf die Umwelt werden thematisiert.
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