Am Freitag starten in Peking die Winter-Paralympics. Bis zum 13. März kämpfen mehr als 700 Athleten in sechs Sportarten um 78 Goldmedaillen und persönliche Höchstleistungen. Das Coronavirus und der Krieg in der Ukraine erschweren die Konzentration auf den Sport. Das Wichtigste über den Sport, die deutsche Mannschaft und alles andere.
Welche Wettkämpfe gibt es bei den Winterparalympics?
Ski Alpin, Langlauf, Biathlon, Snowboard, Eisstockschießen und Eishockey – diese sechs Sportarten sind im Winter bei den Paralympics angesagt. Mehr als 700 Athleten aus 50 Nationen kämpfen um 78 Goldmedaillen.
Beim Ski Alpin, Langlauf und Biathlon werden die Teilnehmer in die drei Kategorien „sehbehindert“, „körperbehindert stehend“ und „körperbehindert sitzend“ eingeteilt. Beim alpinen Skilauf absolvieren die sehbehinderten Athleten die Strecke mit Hilfe eines Guides, der durch akustische Signale die Laufrichtung anzeigt. Die Sitzenden benutzen den sogenannten Monoski. Ein Behindertensystem stellt sicher, dass die Leistungen trotz der differenzierten Behinderungsarten vergleichbar sind. Je nach Grad der Behinderung wird die Zeit mit einem bestimmten Faktor multipliziert.
Beim Biathlon und Langlauf nutzen Rollstuhlfahrer und stark gehbehinderte Sportler einen Sit-Ski, einen speziellen Skischlitten, während sehbehinderte Sportler auf herkömmlichen Langlaufskiern laufen und von einem Begleiter unterstützt werden. Die Athleten aller Kategorien im Biathlon tragen ihre Waffe nicht auf den Laufrunden, sondern greifen erst am Schießstand zur Hand. Die Ziele sind zehn Meter voneinander entfernt. Die sehbehinderten Athleten zielen mit einem akustischen Signal. Je höher der Ton, desto mehr zielt der Schütze in die Mitte.
Snowboard-Wettkämpfe sind seit 2014 die jüngste Sportart bei den Paralympics. Beim Snowboardcross fahren die Athleten auf einer Rennstrecke, die aus verschiedenen Renn- und Freestyle-Elementen besteht. Es gibt auch den sogenannten Banked Slalom. Die Snowboarder fahren auf Zeit in einem mit Steilkurven präparierten Parcours. Alle Teilnehmer kämpfen dreimal gegen die Zeit. Für das Endergebnis wird der schnellste Lauf ermittelt.
Rollstuhlcurling ist seit 2006 Teil des Paralympischen Programms, gemischte Teams treten gegeneinander an, jedem Team muss mindestens eine Frau angehören. Im Gegensatz zum Curling für Nichtbehinderte gibt es kein Fegen.
Hohes Tempo, hoher körperlicher Einsatz, blitzschnelle Aktionen und sehenswerte Paraden: Schlitteneishockey, das seit 1994 zum Programm gehört, hat sich dank vieler spektakulärer Momente zu einer der Attraktionen bei den Paralympischen Winterspielen entwickelt. Gespielt wird grundsätzlich nach den Regeln des Internationalen Eishockeyverbandes IIHF. Der wichtigste Unterschied zum Eishockey ist die Ausrüstung: Die Spieler bewegen sich auf Schlitten mit Kufen, in jeder Hand einen Stock, an dessen Ende zur Bewegungsverbesserung Spikes angebracht sind.
Wie war das nochmal mit den Startklassen?
Im Parasport besteht die Herausforderung, Wettkämpfe so fair und gleichzeitig so unvorhersehbar und einseitig wie möglich zu gestalten. Das Ziel kann nicht sein, dass der am wenigsten beeinträchtigte Athlet gewinnt. Im Gegenteil, es soll sichergestellt werden, dass die sportliche Leistung über die Medaillengewinner entscheidet. Daher gibt es sportspezifisch unterschiedliche Startklassen. Im Grunde ist dies vergleichbar mit Einteilungen nach Alter, Geschlecht oder Gewicht.
Das International Paralympic Committee (IPC) unterteilt folgende Behinderungen:
• Beeinträchtigung der Muskelkraft: wie Lähmungen, Muskelschwund, Folgen von Polio und Spina bifida.
• Beeinträchtigung des passiven Bewegungsapparates: zB bei Gelenksteifheit.
• Fehlende Gliedmaßen: wie Fehlbildungen oder Amputationen.
• Unterschiedliche Beinlänge
• Kleinwuchs
• Muskelhypertonie, eine Zunahme der Muskelspannung bei verminderter Dehnungsfähigkeit des Muskels. Tritt als Folge von Verletzungen des zentralen Nervensystems auf, z. B. nach einem Schlaganfall oder einer Hirnaresis.
• Ataxie, eine Bewegungskoordinationsstörung, die als Folge von Verletzungen des Zentralnervensystems auftritt, wie z. B. bei Multipler Sklerose, Schlaganfall und Zerebralparese.
• Athetose, dh anhaltende, unwillkürliche Muskelbewegungen.
• Sehbehinderung
• Geistige Behinderung, die die Anpassungsfähigkeit im Alltag einschränkt.
Wer vertritt Deutschland?
Das Team Deutschland ist klein, nur 17 Starter und fünf Guides sind in Peking. Weder beim Curling noch beim Eishockey ist eine deutsche Mannschaft am Start. Eine der erfolgreichsten Athletinnen ist Monoskifahrerin Anna-Lena Forster, die bereits fünf paralympische Medaillen gewonnen hat, zwei davon Gold. Der 26-Jährige ist in Topform, zuletzt gewann er vier Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften. Ihre Teamkollegin Andrea Rothfuss nimmt bereits an ihren fünften Spielen teil und hat bereits 13 paralympische Medaillen zu Hause. Auch im Biathlon und Langlauf ist Anja Wicker eine aussichtsreiche Medaillenkandidatin in der Klasse Sitzen.
Jüngste Deutsche ist die erst 15-jährige Linn Kazmeier in den nordischen Disziplinen. Alexander Ehler ist der älteste Athlet am Start. Der 52-Jährige ist Langläufer und Biathlet. Das deutsche Team befindet sich im Umbruch, sieben Starter sind 22 Jahre oder jünger.
Was ändert sich durch den Krieg in der Ukraine?
Nach einigem Hin und Her werden russische und weißrussische Athleten von den Wettkämpfen in Peking ausgeschlossen. Nachdem der IPC am Mittwoch überraschend entschieden hatte, dass die Athleten dieser beiden Nationen unter neutralen Flaggen antreten dürfen, ruderte der Verband am Donnerstag zurück. Zu groß war die internationale Kritik, einige Mitgliedsverbände hatten mit Boykott gedroht. Der Deutsche Behindertensportverband begrüßte das Umdenken: „Es ist eine wunderbare Wende“, sagte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher: „Wir, die Athleten, aber auch die meisten Nationalen Paralympischen Komitees haben eine unglaubliche Last verloren.“
Die IPC-Entscheidung sei „einfach schön“, sagte Beucher. „Wir wollten diese Entscheidung nicht verstehen, dass gleichzeitig ukrainische Athleten sich Sorgen um ihre Familien machen, die in Luftschutzkellern sitzen, und sich hier friedlich mit Athleten aus den Ländern messen sollen, die in ihr Land eingedrungen sind “, sagte Becher.
Und was ist mit Corona?
Das Virus grassiert, die Pandemie geht weiter. Bei den Olympischen Spielen vor zwei Wochen gab es erhebliche Einschränkungen, bei den Paralympics wird es genauso sein. Alle Beteiligten bewegen sich in einer Blase, die nicht verlassen werden darf. Tägliche PCR-Tests sind obligatorisch, und diejenigen, die positiv getestet wurden, müssen in strenge Quarantäne. Es wird nur wenige Zuschauer geben, Ausländer sind überhaupt nicht zugelassen.
Was ist mit Gastgeber China?
Die Kritik an der Vergabe der Spiele an China war auch während der Olympischen Spiele groß. Sie wird nicht kleiner. „Für mich ist es völliger Wahnsinn, dass die Spiele in China stattfinden, wo Menschenrechte nicht eingehalten werden und es drei Tage im Jahr schneit“, sagte die siebenmalige Paralympics-Siegerin und aktuelle ARD-Expertin Anna Schaffelhuber der Deutschen Presse-Agentur. Ihr Rücktritt im Jahr 2019 stehe auch im Zusammenhang mit den bevorstehenden Spielen in China, räumte sie ein. „Es gab andere Kandidaten, da wollte ich unbedingt nochmal hin“, sagte sie. „Aber ich wusste, dass Peking kommen würde, und ich wollte nicht dorthin gehen.“ Auch Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, äußert sich kritisch: „Unter Berücksichtigung der Menschenrechtssituation ist China ein Land, an das die Olympischen und Paralympischen Spiele nicht hätten vergeben werden dürfen.“ Er betont, dass die deutsche Mannschaft dabei sei, aber nicht vergessen und verheimlichen dürfe, was mit Menschen und vor allem mit Minderheiten passiert: „Die Entscheidung, die Spiele dort zu vergeben, ist nicht mehr umkehrbar darauf aufmerksam gemacht zu werden.“
Zudem ist der Umgang mit behinderten Menschen in China immer noch ein Problem. Die Zugänglichkeit ist schlecht, obwohl sich einige Dinge seit den Paralympics 2008 verbessert haben. Darüber hinaus glauben viele Eltern immer noch, dass behinderte Kinder bedeuten, dass sie für etwas Schlechtes in einem früheren Leben bestraft werden. Abwertung zeigt sich in der Sprache. Geistig Behinderte wurden oft einfach als „Idioten“ (shazi) abgetan. Lange Zeit wurden Behinderte auch „Canfei“ genannt: „Behindert und nutzlos“. Heute wird meist der wenig erfolgreiche Begriff „canji“ verwendet, ebenso wie „behindert und krank“. Behindertenvereine setzen sich für „Canzhang“ ein, was so viel wie „unvollständig“ oder einfach „behindert“ bedeutet.
Wo kann man das alles sehen?
ARD und ZDF teilen sich die Berichterstattung – haben den Großteil aber ins Internet verlagert. Das ZDF übernimmt die Übertragung von der Eröffnungsfeier am 4. bis 8. März und zeigt hauptsächlich Zusammenfassungen, die ARD startet mit der zweiten Wettbewerbshälfte bis zum 13. März. Außerdem gibt es Livestreams aller Entscheidungen mit deutscher Beteiligung in voller Länge. Einige der Entscheidungen und einige Highlights werden im Rahmen des regulären Wintersportprogramms gezeigt.