London (dpa) – Neben den Marvel-Comics um berühmte Superhelden wie «Spider-Man», «Der unglaubliche Hulk» oder «Captain America» fristet «Moon Knight» seit den 1970er-Jahren ein Schattendasein.
Bevor Oscar Isaac die Titelrolle in der neuen Streaming-Serie von Disney+ übernahm, hatte auch er keine Ahnung, wer oder was Moon Knight war. „Null! Ich wusste nichts“, sagt Isaac im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur und schmunzelt. „Dann habe ich mal schnell geschaut und da war ich wie, okay, ein Superheld, der eine dissoziative Identitätsstörung hat, der jüdisch, aber versklavt ist.“ von einem ägyptischen Gott! Ja, da ist viel drin.“ Die Serie startet an diesem Mittwoch.
Steven Grant (Oscar Isaac) führt ein zurückhaltendes Leben in London. Er arbeitet im Souvenirladen des British Museum, wo er von Kollegen weitgehend ignoriert wird, und hat wenig Erfolg bei Frauen. Aber Steven hat eine dunkle Seite, die er zuerst verstehen muss. Immer wieder wird er von seltsamen Blackouts geplagt, bei denen er die Kontrolle über sich selbst verliert, eine fremde Stimme hört und manchmal gewalttätig wird. Bevor er schlafen geht, kettet er sich ans Bett.
Nach einer besonders merkwürdigen Erfahrung, dem Treffen mit dem zwielichtigen Arthur Harrow (Ethan Hawke) und der überraschenden Enthüllung, dass er mit Layla El-Faouly (May Calamawy) verheiratet ist, beginnt Steve, sich mit seiner dissoziativen Identitätsstörung abzufinden. Denn der Brite (Isaac im Original mit trainiertem Akzent) teilt sich einen Körper mit dem amerikanischen Söldner Marc Spector. Und als Moon Knight folgt er den Befehlen von Kohnsu, dem ägyptischen Gott des Mondes und der Rache.
So weit, so verrückt. Der erste Teil der sechsteiligen Marvel-Serie ist eine abenteuerliche und aufregende Tour de Force. Den Machern gelingt der Spagat zwischen absurdem Humor und spannenden, teils beängstigenden Momenten. Die Actionszenen sind auf Kinoniveau.
Die Marvel-Comic-Reihe um den Helden im weißen Kostüm, der erstmals 1975 im Horror-Comic «Werewolf By Night» auftauchte, hat sich immer wieder radikal verändert. „Da habe ich eine Chance gesehen“, sagt Isaac. Denn um die Serienfigur mit Leben zu füllen, hat ihm Marvel-Präsident Kevin Feige viel kreativen Freiraum gelassen.
Der 43-Jährige, bekannt unter anderem aus der jüngsten „Star Wars“-Trilogie und dem Science-Fiction-Epos „Dune“, wächst in einer Doppelrolle über sich hinaus. „Die ersten Monate habe ich nur als Steven gedreht, um in dieser Welt zu leben und mich einzuleben“, sagt der 43-Jährige. „Je länger wir dort waren, desto mehr beherrschte ich diesen Charakter, desto besser konnte ich zwischen den Charakteren springen.“
Einen Menschen mit dissoziativer Identitätsstörung zu spielen – früher sprach man von multiplen Persönlichkeiten – war eine besondere Herausforderung. „Aber das fand ich so spannend daran“, sagt Isaac. Ein Psychiater wurde als Berater für die Serie engagiert. „Dieses Problem und jemanden, der davon betroffen ist, auf einer so massiven Bühne wie einer Marvel-Serie anzusprechen, war eine echte Gelegenheit für uns, diese große Comic-Adaption zu nutzen, um über etwas Reales zu sprechen, das auf Erfahrung basiert.“
Noch ist nicht klar, wohin die Reise von Steven und Marc führt und welche Rolle Layla und Arthur darin spielen werden. Gut möglich, dass wie in früheren Marvel-Serien weitere bekannte Marvel-Figuren beim Streamingdienst Disney+ auftauchen, etwa „WandaVision“ oder „Hawkeye“. Man kann jetzt schon sagen, dass Oscar Isaac ein neuer Star im Marvel Cinematic Universe ist. «Moon Knight» ist auf den ersten Blick eine originelle, spannende und unterhaltsame Serie, die das Schattendasein ihrer Hauptfigur endlich beenden könnte.