Berlin (dpa/tmn) – Das Wort „aufgeben“ scheint in der Führung von Huawei ein Fremdwort zu sein. Trotz massiver Behinderungen durch US-Sanktionen versucht das chinesische Unternehmen, mit hochwertigen Smartphones Abnehmer in Europa zu finden.
Das Duo aus dem Flaggschiff-Smartphone Huawei P50 Pro und dem Clamshell Huawei P50 Pocket ist mittlerweile in vielen deutschen Elektrofachmärkten und Online-Shops zu finden. Auch optisch heben sie sich aus den Reihen der Konkurrenz ab.
Beim P50 Pro ist das Vierfach-Kamerasystem von Leica mit seinen zwei runden schwarzen Einheiten auf der Rückseite ein echter Hingucker. Huawei bringt in den beiden markanten Kreisen insgesamt vier Kameras unter.
Umfangreiche Kameraausrüstung
Mit dem P50 Pro dürfen sich Fotobegeisterte auf ein Kamerasystem freuen, das durch geringes Farbrauschen und großen Dynamikumfang überzeugt. Es liefert auch im Dunkeln immer noch hervorragende Bilder, wenn andere Smartphones nur ein dunkles Pixel-Durcheinander bieten. Im Videomodus liefert das P50 Pro gute Weißabgleichübergänge und einen stabilen Autofokus. Auch die Detailgenauigkeit bei Videos in Innenräumen fällt im Praxistest positiv auf, auch weil Huawei eine effektive Bildstabilisierung gelungen ist.
An einer Stelle muss Huawei eventuell noch einmal an der Kamera-Software arbeiten: Im Portrait-Modus führte eine sehr geringe Schärfentiefe dazu, dass Bereiche zu groß waren, um in manchen Situationen unscharf zu werden.
Für das Gehäuse des P50 Pro verwendet Huawei einen Rahmen aus poliertem Aluminium mit Gorilla-Glas, der auf Vorder- und Rückseite leicht gewölbt ist. Durch diesen Trick fühlt sich das Gerät extrem dünn an. Obwohl das P50 Pro nicht viel Lautstärke bietet, klingen die Stereolautsprecher vergleichsweise satt. Auch der 6,6 Zoll große OLED-Bildschirm mit einer Bildwiederholrate von bis zu 120 Hertz kann sich sehen lassen.
Sanktionen bremsen die Huaweis aus
Beim Hauptchip des P50 Pro müssen deutliche Abstriche gemacht werden. Aufgrund von US-Sanktionen darf Huawei nicht die besten Chipsätze verwenden. Im Inneren läuft ein Snapdragon 888 – schnell genug, aber ohne die fünfte Mobilfunkgeneration 5G.
5G spielt derzeit für viele Kaufinteressenten keine große Rolle. Doch die Aussicht, während der gesamten Lebensdauer des Geräts nicht in den 5G-Club aufgenommen zu werden, ist nicht rosig.
Auch bei der Software müssen faule Kompromisse eingegangen werden. Wie alle aktuellen Huawei-Modelle muss auch das P50 Pro auf Googles Play-Dienste verzichten. Das bedeutet: kein Play Store, kein Google Maps, keine anderen Google-Anwendungen. Ebenfalls ausgeschlossen sind Apps von Drittanbietern, die Google-Dienste wie Maps nutzen.
Manche Software gibt es einfach nicht
Statt auf Android 12 von Google setzt Huawei auf EMUI 12, das wiederum auf der Open-Source-Version von Android 11 ohne Google-Dienste basiert. Statt Google Search und Maps gibt es „Petal Search“ und „Petal Maps“. Der Play Store wird durch die AppGallery ersetzt. Sie können auch alternative Stores für Android-Apps wie F-Droid installieren. Das Ergebnis: Einige bekannte Apps existieren, andere nicht.
In China selbst spielt das Fehlen von Google-Diensten praktisch keine Rolle. Huawei setzt hier auf die eigene Android-Variante HarmonyOS, für die alle relevanten Apps verfügbar sind. Im Westen fehlen jedoch oft Funktionen und Apps, die nur über die Google-Infrastruktur bereitgestellt werden.
Ein faltbares Smartphone
Grundsätzlich gelten die entsprechenden Einschränkungen – kein 5G und keine Google-Dienste – auch für das P50 Pocket. Aber bei diesem hübschen Falt-Smartphone spielen sie vielleicht keine so große Rolle. Vor allem macht das Gerät eine gute Figur. Egal, ob in der Hosentasche oder auf dem Tisch im Café oder in der Bar – genauso wie das Motorola Razr oder das Samsung Galaxy Z Flip3 der Konkurrenz.
Huawei hat die Designidee der beiden runden schwarzen Elemente auf der Rückseite des P50 Pocket aufgegriffen. Einer der Kreise dient jedoch als kleines externes Display. Sie können die Kamera starten und die Musik steuern. Im Alltag muss man das schöne P50 Pocket gut pflegen, denn die Gehäuseoberfläche ist extrem glatt.
Das Gerät schließt perfekt flach, besser als Klapphandys von Mitbewerbern. Wie robust das Scharnier über einen längeren Zeitraum ist, muss ein Langzeittest beweisen.
Aufgeklappt ist das faltbare Display des Taschenmodells mit 6,8 Zoll sogar etwas größer als der Bildschirm des P50 Pro. Bei den Kameras vermisst man schnell das Teleobjektiv des P50 Pro. Leider fehlt der optische Bildstabilisator.
Wenn Sie warten, können Sie sparen
Wie schon beim P50 Pro will Huawei sein Falthandy nicht als Schnäppchen vermarkten. Die goldfarbene Premium-Version mit 12 Gigabyte (GB) RAM und 512 GB internem Speicher kostet in Deutschland 1599 Euro. In Weiß mit 8 GB RAM und 256 GB internem Speicher kostet es immer noch 1299 Euro. Das Huawei P50 Pro wird in der 8/256 GB Speicherversion für 1199 Euro angeboten.
Mit Google-Diensten und 5G-Unterstützung hätten die beiden neuen Huawei-Geräte das Zeug gehabt, den Smartphone-Markt wieder ganz oben aufzumischen. Ohne diese Features sind dies ansprechende Kamerahandys leider nicht mehr.
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