In den Achtzigern revolutionierte der französische Designer Thierry Mugler die Mode mit futuristischen Kreationen. Zuletzt kleidete er Stars wie Lady Gaga ein. Die Branche trauert um einen ihrer großen Stars.
Bettina Hartmann Paris – Seine Blütezeit hatte er in den Achtzigern. Doch Thierry Mugler hat kürzlich ein großes Comeback hingelegt: Er hat Reality-Star Kim Kardashian mit Diamanttropfen behängt, Rapper Cardi B in Botticellis Venus verwandelt und Beyoncés Bühnenshows als Spektakel inszeniert. Und im Frühjahr 2021 war Mugler Gastjurorin bei Heidi Klums Castingshow „Germany’s next Topmodel“. Jetzt ist der Modedesigner tot. Laut seiner Facebook-Seite starb er am Montagabend im Alter von 73 Jahren. Das bestätigte auch sein Agent Jean-Baptiste Rougeot.
Im Einklang mit Yves Saint Laurent und Jean Paul Gaultier
Rougeot sagte, sein Tod sei unerwartet gekommen und er wolle diese Woche neue Kooperationen ankündigen. Die genaue Todesursache ist bisher nicht bekannt. Es handelt sich um einen „natürlichen Tod“. Mugler war einer der großen französischen Modedesigner wie Yves Saint Laurent (1936-2008) und Jean Paul Gaultier.
Der in Straßburg geborene Sohn österreichischer Eltern gründete seine Marke in den 1970er-Jahren und revolutionierte die Mode vor allem in den 1980er-Jahren. Mugler setzte den fließenden Looks der Hippie-Ära futuristische und komplexe Schnitte und körperbetonte Silhouetten entgegen. Eines seiner Markenzeichen: rüstungsähnliche Kostüme mit schmaler Taille und breiten Schultern. Mit seinen Entwürfen wollte er Menschen heroische Kraft verleihen, die er als „zerbrechliche, schöne Wesen“ bezeichnete. Er arbeitete gerne mit Materialien wie Vinyl, Plexiglas und Latex. Auch wenn er Frauen als selbstbewusste, erotische Superheldinnen, Amazonen und entrückte Wesen feierte, kannte er in seinen Kreationen kein Geschlecht – und war damit zukunftsweisend. Als einer der ersten lud er Stars ein, für ihn zu modeln, wie den Musiker David Bowie (1947–2016), den er in glitzernde Roben und Röcke kleidete.
Er kannte kein Geschlecht in seinen Kreationen
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„Meine einzige wahre Berufung ist die Bühne“, war Muglers Bekenntnis. Auch seine Modenschauen waren bombastische Multimedia-Events, die an Theatralik kaum zu übertreffen waren – inklusive Engelschören und Topmodels wie Claudia Schiffer und Linda Evangelista, die auf Schlitten dahingleiten. Schauspielerinnen wie Sharon Stone sowie Sängerinnen wie Madonna und Lady Gaga trugen seine Entwürfe. Er wagte sich auch in das Musikvideogeschäft. Mit George Michael (1963-2016) drehte er 1992 den Clip „Too Funky“, der den Kontrast zwischen Glamour auf dem Laufsteg und dem Chaos hinter den Kulissen vermitteln sollte. Überhaupt spezialisierte sich der exzentrische Designer nicht auf Mode, sondern arbeitete auch als Regisseur, Choreograf, Autor, Fotograf und Kostümbildner. Er kreierte Kostüme für den Cirque du Soleil und den Friedrichstadtpalast in Berlin. Mugler hatte auch Erfolg mit Parfums. Die Düfte „Angel“ und „Alien“ sind längst Klassiker und bis heute Top-Seller.
Die Düfte „Angel“ und „Alien“ sind Klassiker
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Darüber, wie er privat lebte, schwieg Mugler; aber er bekannte sich früh zu seiner Homosexualität. Ein weiterer Teil seines Lebens war die öffentliche Inszenierung des eigenen Körpers. Auf die Frage, welche Projekte er hat, antwortete er kürzlich: „Mein Körper.“ Aber es ging nicht darum, jung und schön zu sein. Eher eine Art Metamorphose, die er um die Jahrtausendwende angestoßen hat. „Man muss wissen, was man im Leben will und wer man werden will. Dann kannst du mit der richtigen Hilfe mit deinem Körper machen, was du willst“, sagte er in einem Interview. Aus dem einst eher schmächtigen Mugler, der in Straßburg Ballett ausgebildet hatte, wurde mit intensivem Bodybuilding ein Muskelprotz.
Mugler hat sich äußerlich sehr auffällig verändert
Sein Aussehen war auch von seiner breiten Nase geprägt. In einem Interview im Jahr 2017 erklärte der Franzose, was hinter der auffälligen Veränderung steckte: „Ich habe mein Gesicht rekonstruieren lassen, nachdem es bei einem Unfall im Fitnessstudio komplett zerschmettert war.“ Sein Vorbild war eine Marmorstatue des deutschen Bildhauers Arno Breker (1900–1991). Am Ende wurde Mugler selbst zum Gesamtkunstwerk.
In den späten 1990er Jahren begann sein Stern jedoch zu sinken. Seine Extravaganz entsprach nicht mehr dem Zeitgeist. Und Mugler wurde immer entmutigter, als er gestand: „Mode war zu einem reinen Geschäft geworden.“
Bei seiner Marke, die inzwischen zum L’Oréal-Konzern gehörte, arbeitete er nur noch als Berater. Er lebt seit einiger Zeit in Berlin und arbeitet unter seinem Taufnamen Manfred Thierry Mugler wieder für Stars. Zuletzt war Kim Kardashian seine Muse – was „an ihrem Körpertyp liegt“, wie er in einem Interview sagte.
Muglers Mythos lebt weiter
In den sozialen Netzwerken haben sich inzwischen viele Weggefährten zu Wort gemeldet: „Ich werde dich vermissen“, schrieb Souldiva Diana Ross auf Twitter. Modefotograf Mario Testino postete fünf gebrochene Herzen auf Instagram. Auch Heidi Klum und US-Model Gigi Hadid äußerten sich dort. Thierry Muglers Mythos wird durch seine Arbeit weiterleben. Das Musée des Arts Décoratifs in Paris widmet ihm mit „Couturissime“ bis zum 24. April eine Retrospektive.