Wuppertal (dpa/lnw) – Ein Großeinsatz der Polizei in Wuppertal hat am Dienstag mit der Rodung eines von Aktivisten besetzten Waldes begonnen. Die Polizei sagte, die Operation werde voraussichtlich länger als den Tag dauern. In Wuppertal-Vohwinkel sollen rund 1.500 Bäume gefällt werden, um Platz für eine Deponie der Kalkindustrie zu schaffen.
Eigentümer des Waldes ist ein kalkproduzierendes Unternehmen, das die Rodung gerichtlich durchgesetzt hatte. Aktivisten haben Barrikaden, Baumhäuser, Hütten und Plattformen errichtet, um dies zu verhindern. „Wir wollen deeskalierend vorgehen und zuerst mit den Menschen in Kontakt treten“, sagte ein Polizeisprecher am Morgen.
Arian Gaubig, Sprecher von Fridays for Future Wuppertal, sagte, als der Polizeieinsatz frühmorgens bei völliger Dunkelheit begann, habe im Wald eine „gruselige Atmosphäre“ geherrscht.
Die Barrikaden seien am Morgen geräumt und ein Weg zu den Besetzern gelegt worden, berichtete die Polizei. Außerdem wurde mit der Errichtung eines Zauns um Teile des Geländes begonnen.
Mittags forderte die Polizei die Hausbesetzer auf, den Wald zu verlassen. Ziel ist es, am Dienstag mit dem Räumen der Baumhäuser zu beginnen. Dies wird vorbereitet.
Wie viele Aktivisten vor Ort waren, konnte die Polizei zunächst nicht sagen. Ein dpa-Fotograf berichtete, dass Vermummte versuchten, zu den Besetzern im Wald zu gelangen, aber von Polizisten gestoppt wurden.
„Tag X hat begonnen“, twitterte die Bürgerinitiative „OsterholzBleibt“. Etwa 50 bis 60 Menschen hätten sich zu einer Mahnwache im Wald versammelt, sagte Sprecherin Marjolein Schlüter der Deutschen Presse-Agentur. Die Polizei forderte sie auf, die Mahnwache an einen anderen Ort zu verlegen. Die Polizei bestätigte dies, sprach aber von 30 Teilnehmern. 16 Teilnehmer, die sich unkooperativ verhalten hatten, wurden schließlich von der Polizei abgeführt.
„Wir sind normale Bürger, die sich hier versammelt haben und in aller Ruhe protestieren wollen, und das wird uns hier verwehrt“, sagte Schlüter. Eine Polizeisprecherin betonte, dass die Mahnwache nicht aufgelöst, sondern lediglich aus dem Gefahrenbereich verlegt worden sei.
Für die geplante Abraumhalde müssen laut Kalkwerk H. Oetelshofen 1.000 bis 1.500 Bäume weichen. Kalkwerke-Geschäftsführer Till Iseke erklärte, dass beim Abbau von Kalkstein Abraummaterial entsteht, das abgetragen werden muss. In diesem Fall sind das rund 4,4 Millionen Tonnen Ton und Sand. Die Halde wird später wieder aufgeforstet.
Angesichts dieser „wahnsinnig großen Menge“ sei es „nicht einfach, eine klimaneutrale Alternative zu finden“, sagte Iseke. Deshalb wurden in einem Feststellungsverfahren die Vor- und Nachteile einer Räumung gegeneinander abgewogen.
Beim Abholzen von fünf Hektar Wald ist die CO2-Bilanz besser als beim Transport der Materialien auf eine weiter entfernte Ausweichfläche. Diese Berechnung der CO2-Bilanz sei „nicht korrekt“, kritisierte die Bürgerinitiative.
Fridays for Future Wuppertal teilte mit, das Abholzen von 1.500 Bäumen zugunsten einer Abraumhalde sei „ein Skandal in Sachen Umwelt- und Klimaschutz“. Seit mehr als zwei Jahren gibt es Proteste gegen die geplante Rodung. Es darf nicht sein, dass mitten in der Klimakrise wirtschaftliche Einzelinteressen über den Klimaschutz gestellt werden. Nach Angaben der Aktivisten ist das Waldgebiet Osterholz seit dem 15. August 2019 von Umweltschützern besetzt.
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