Berlin (dpa) – Seien Sie glücklich, wenn es Ihnen recht ist. Es liegt an dir. Man muss es nur wollen. danach streben. arbeite dafür. In dir, in deiner Einstellung. Verschiedene Bücher und Seminare geben Anleitungen, wie man das große Ziel Glück erreichen kann. Aber so funktioniert es nicht. Ganz im Gegenteil.
Wer das Ziel hat, glücklicher zu werden, überwacht automatisch die Annäherung an dieses Ziel, erklärt der Psychologe Jens Asendorpf. Konkret: Sie beurteilen Ihren Erfolg im Streben nach Glück. „Dabei erkennt man natürlich eine Abweichung, die unbefriedigend ist. Je mehr du darauf achtest und es erzwingen willst, desto unglücklicher wirst du.“
Komplexer als der Kalenderspruch vermuten lässt
Überhaupt ist alles viel komplexer, als es Reiseführer und Kalendersprüche vorgeben. Während seiner wissenschaftlichen Laufbahn hat sich Asendorpf intensiv mit der Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit auseinandergesetzt. Er sagt: Etwa die Hälfte der Persönlichkeit ist genetisch festgelegt. Dies beeinflusst das Gefühl von Zufriedenheit und Glück auf verschiedene Weise.
Wenn man sich fragt, wie glücklich man ist, kommen laut der Psychologin „soziale Vergleichsprozesse“ ins Spiel. Vergleichen Sie Ihre Situation mit der von Menschen ähnlichen Alters und Bildungsniveaus, deren Glück Sie zu kennen glauben. Klingt subjektiv – ist es auch.
Befreien Sie sich vom gesellschaftlichen Druck, glücklich zu sein
Ein hoher gesellschaftlicher Glücksdruck kann Menschen im Allgemeinen negativ beeinflussen. Vor einigen Jahren fanden Forscher in Experimenten Hinweise darauf, dass Menschen mehr mit Scheitern zu kämpfen haben, wenn ihr Umfeld ihnen sagt, dass Glück und Wohlbefinden extrem wichtig sind.
Die Ergebnisse einer aktuellen Vergleichsstudie weisen in die gleiche Richtung: In Ländern mit einem hohen gesellschaftlichen Glücksanspruch fühlen sich manche Menschen abgehängt und damit unwohl.
Sich von sozialem Druck zu befreien ist nicht einfach. Aber wenn man es ein bisschen kann, hilft es sehr, glücklicher zu werden, sagt die Persönlichkeitsforscherin.
Freunde dich mit dir selbst an – bleibe gleichzeitig offen
Wenn zum Beispiel Extraversion sozial erwünscht ist, Sie aber eine introvertierte Persönlichkeit haben, wird Sie das Streben nach Außen nicht glücklicher machen. Vielmehr, indem man sich der positiven Seiten der eigenen Introvertiertheit bewusst wird. Und freunde dich mit ihnen an. Denn auch für Persönlichkeitsmerkmale gilt die einfache Tatsache, die damit einhergeht: „Alles hat Vor- und Nachteile“, sagt Asendorpf.
Dass man versucht, sich mit der eigenen Persönlichkeit anzufreunden, schließt Veränderungen jedoch nicht aus. Allerdings sollte man das eher spielerisch angehen, möglichst entspannt, sagt der Psychologe. Vor allem nicht nach dem Schema F im Ratgeber – à la „Wenn ich ab heute dies, das und das (anders) mache, dann bin ich glücklicher“. Probieren Sie zum Beispiel lieber etwas Neues aus, ohne bestimmte Erwartungen daran zu knüpfen.
Konzentrieren Sie sich auf den Sinn statt auf das Glück
Aus Sicht des Philosophen Wilhelm Schmid ist das Streben nach Glück per se der falsche Ansatz. „So ist das Leben nicht“, sagt Schmid, der sich vor allem mit der Lebenskunst beschäftigt. Niemand fühlt sich 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr glücklich. Stattdessen hilft es, vom Glück weg und auf etwas anderes zu blicken: den Sinn des eigenen Lebens. „Glück ist wankelmütig, Sinn ist viel dauerhafter.“
Auf die Frage, wie das zustande kommt, hat der Philosoph eine klare Antwort: durch Beziehungen zu anderen Menschen. In diesen ist man natürlich nicht immer glücklich. Schwierige Situationen auszuhalten sei wichtig, sagt Schmid. Man muss viele Kompromisse eingehen und bereit sein, Zeit zu investieren. All dies gilt besonders in romantischen Beziehungen. „Liebe braucht endlose Pflege. Aber sie belohnt sie: mit Sinn.“
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