Wo ist vorne?
Nach Angaben des Bürgermeisters von Kiew, Vitali Klitschko, ist die Stadt inzwischen von russischen Truppen umzingelt. Eine Evakuierung der Bevölkerung ist nicht mehr möglich. Tagsüber hatte es bereits Kämpfe gegeben, aber laut Berichten aus Kiew handelte es sich nicht um reguläre russische Soldaten, sondern um Saboteure.
Nach amerikanischen Angaben vom Nachmittag ist der Vormarsch der russischen Streitkräfte auf die ukrainische Hauptstadt 30 Kilometer vor Kiew zum Erliegen gekommen. Grund dafür ist der Treibstoffmangel bei den Angreifern und der zähe Widerstand der Ukrainer. Die russische Armee rückt ebenfalls aus dem Süden vor, ist aber noch weiter entfernt.
Berichten zufolge kontrolliert Russland noch keine der größeren Städte in der Ukraine. Charkiw im Nordosten sei am Sonntag wieder vollständig unter ukrainischer Kontrolle, teilte die ukrainische Regierung mit. Bisher hat Russland rund 100.000 Soldaten in der Ukraine.
Russische Reaktionen
Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Sonntag die „Abschreckungskräfte“ des Landes in erhöhte Kampfbereitschaft versetzt. Dazu gehören auch Nuklearstreitkräfte. Der Schritt wurde in der Ukraine und im Westen verurteilt.
Der Kreml hat seine Verhandlungsbedingungen mit der ukrainischen Regierung fallen gelassen. Er schickte auch eine Verhandlungsdelegation nach Weißrussland, um Gespräche mit ukrainischen Gesandten an der Grenze zu führen.


In Russland gab es in mehreren Städten Demonstrationen gegen den Angriff auf die Ukraine. Wie Bürgerrechtler berichteten, hatten solche Kundgebungen in mehr als 40 Städten stattgefunden. Die Sicherheitskräfte nahmen mehr als 2.000 Menschen fest. In Moskau gedachten die Demonstranten auch des vor sieben Jahren ermordeten Oppositionsführers Boris Nemzow.
Ukrainische Reaktionen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nicht besonders optimistisch, was Gespräche mit Russland angeht. „Ich glaube nicht an ein Ergebnis dieses Treffens, aber versuchen wir es“, sagte er in einer Erklärung. Er wird jede noch so kleine Chance nutzen, um den Krieg zu beenden. Daran sollte kein Ukrainer zweifeln.

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Krieg in der Ukraine
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Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen sind seit Kriegsbeginn fast 370.000 Menschen aus ihrer Heimat geflohen. Die meisten versuchen, nach Polen zu kommen.
Reaktion Deutschlands
In Berlin fand am Sonntag eine Sondersitzung des Bundestages zum russischen Einmarsch in die Ukraine statt. Bundeskanzler Scholz (SPD) kündigte an, dass der Verteidigungshaushalt bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen soll. Deutschland versucht, das 2014 von der Nato gesetzte Ziel zu erreichen. Um das zu erreichen, soll ein Sonderfonds von 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden in Rüstung investiert. Sie soll laut Finanzminister Christian Lindner ins Grundgesetz aufgenommen werden, wozu die Unterstützung der Opposition nötig sei. Zudem hat die Bundesregierung ihre Weigerung, Waffen an die Ukraine zu liefern, aufgegeben. Scholz kündigte an, dem Land Panzerabwehrwaffen zur Verfügung stellen zu wollen.
Einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge erwägt das Verteidigungsministerium die Einberufung von Reservisten. Auch 20.000 ehemalige Bundeswehrsoldaten würden regelmäßig an Übungen teilnehmen, hieß es. Der Reservistenverband hatte bereits in den vergangenen Tagen angekündigt, dass seine Mitglieder im Bedarfsfall bereitstehen würden.
Auch in Deutschland gab es Demonstrationen gegen den russischen Einmarsch in die Ukraine. Allein in Berlin sollen 100.000 Menschen für den Frieden auf die Straße gegangen sein.
EU-Reaktion
Die EU hatte sich bereits am Samstagabend darauf geeinigt, bestimmte russische Banken vom internationalen Zahlungssystem SWIFT auszuschließen. Dies geschah, nachdem Deutschland und Ungarn ihren Widerstand gegen den Umzug aufgegeben hatten.
Am Sonntag ergriff die EU dann erneut neue Strafmaßnahmen gegen Russland. Der gesamte EU-Luftraum soll für russische Flugzeuge gesperrt werden. Zudem sollen die beiden russischen Staatssender RT und Sputnik in der internationalen Gemeinschaft verboten werden.
Zudem will die EU ein lange gehegtes Tabu brechen und Waffen in ein Kriegsgebiet liefern. Es soll ein Nothilfefonds für die Ukraine eingerichtet werden, aus dem Waffen und andere militärische Ausrüstung sowie Treibstoff für die Ukraine bezahlt werden sollen.
Weitere Exportverbote werden auch gegen Belarus wegen seiner Rolle beim russischen Angriff auf die Ukraine verhängt. Dies betrifft die Exporte der wichtigsten Industrien des Landes, darunter fossile Brennstoffe, Zement, Eisen, Stahl, Holz und Tabak. Außerdem ist die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck aus der EU verboten.
Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, forderte in einem Gastbeitrag für die FAZ eine EU-Perspektive für die Ukraine.
Amerikanische Reaktionen
Die Vereinigten Staaten – und auch Großbritannien und Japan – schlossen sich den SWIFT-Sanktionen der EU an.
Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Charles Schumer, kündigte an, dass die Regierung von Präsident Joe Biden den Kongress ersuchen werde, militärische und wirtschaftliche Hilfe in Höhe von 6,4 Milliarden US-Dollar für die Ukraine zu genehmigen.