Sie haben bestimmt schon viel über unser Verhältnis zu Fleisch und Nutztieren gehört, gelesen und nachgedacht. Tiere, die wir aufziehen und dann töten. Und erst langsam begreifen wir, dass wir uns damit umbringen. Kurzfristig, weil wir mindestens doppelt so viel Fleisch essen, wie gesund ist – laut Fleischatlas 2021 verzehrt jeder Bundesbürger 60 Kilo Fleisch pro Kopf und Jahr – und langfristig, weil die überstrapazierte Atmosphäre die Erde, damit wir bald keinen Grill mehr brauchen.
Die industrielle Massentierhaltung ist einer der ganz großen Klimakiller, verantwortlich für mehr Treibhausgase als alle Autos, alle Schiffe und alle Flugzeuge der Welt zusammen. All das wissen wir unbewusst, und deshalb schreibe ich einen sehr persönlichen Text, der dich inspirieren könnte, deine eigene „Fleischbiografie“ kennenzulernen.
Das Fleisch und ich – wir haben uns auseinandergelebt
Das Fleisch und ich – wir haben uns auseinandergelebt. „Fleisch ist ein Stück Vitalität“ – auf keinen Fall! Als Kind habe ich diesen Slogan inhaliert und immer geglaubt, dass man nur mit Fleisch groß und stark werden kann. Ich hätte es damals besser wissen können, denn einer der größten Spieler in unserem Hockeyclub war Vegetarier. Es war damals so exotisch, dass wir es einfach „Pflanze“ nannten. Heute ist man Exot, wenn man noch kritiklos Fleisch isst.
Wobei dieses Wissen aus der Filterblase der städtischen Gutverdiener stammt, denn die „Verbrauchszahlen“ gehen in Deutschland nur minimal zurück. Weltweit gilt das Gegenteil: Weltweit nimmt die Lust auf Fleisch brutal zu und nimmt dafür alle Kollateralschäden in Kauf. Günstig ist es auch – weil die Folgekosten, wie bei Umweltschäden üblich, nicht im Preis einkalkuliert, sondern auf andere Länder, Atmosphärenschichten und Menschen ausgelagert werden. Unsichtbar.
Und auch nicht eindeutig greifbar. Okay, machen wir es uns klar und stellen wir uns folgendes vor: Ab sofort gibt es an der Supermarktkasse für jedes Kilo Fleisch zwingend zwanzig Liter Gülle. Und die Verkäuferin sagt: „Sie haben dazu beigetragen. Nimm das jetzt mit. Willst du einen Deckel oder geht das so? Viel Spaß beim Grillen! „Klingt komisch – und wir verstehen: Unser Fleischkonsum hat seinen Preis. Aber wir sehen es nicht an der Supermarkttheke.
Ich wäre dafür, den Lebensmitteln neben den Kalorien auch einen CO-Wert hinzuzufügen und damit das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass eine Rindersuppe zehnmal so viel Treibhausgase produziert wie eine Gemüsesuppe. Und dann denkt sich der Konsument: Ist es zehnmal so gut? NÖ.
Wenn wir wissen, was wir tun und was wir verursachen, verhalten wir uns anders
Es macht Sinn, weniger Fleisch zu essen, weil wir die Erde ruinieren mit Ackerland, das für Futter gerodet wird, und und und – alles ist bekannt, aber wir sehen es nirgendwo. Dabei bleibt es so wunderbar abstrakt, dass für eine Kalorie aus Fleisch erst 20 Kalorien verfüttert werden müssen und diese sich nicht in Luft, sondern in Treibhausgasen – wie Rülpser, Kot und Kot – auflösen. Und wir roden auch den Regenwald für den Futteranbau! Schätzungsweise zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche werden heute für die Viehzucht oder den Futtermittelanbau genutzt. Und weltweit werden mehr Antibiotika an gesunde Tiere verteilt als an kranke Menschen.
All das „kaufen“ wir mit jedem Hamburger, wir Weltburger. Auf pflanzlicher Basis haben wir auch die Nase voll von allen Menschen auf der Erde, ein weiterer wichtiger Punkt. In einer Welt mit zwei Milliarden übergewichtigen Menschen und einer leider wachsenden Zahl von fast einer Milliarde hungernden Menschen muss es doch bessere Möglichkeiten geben, die verfügbaren Kalorien gerecht und gesund zu verteilen, oder?
Gesundes Essen, gesunde Menschen, gesunde Erde
Die Idee einer „Planetary Health Diet“ verbindet das Gute für den Körper mit dem, was gut für den Planeten ist. Das bedeutet vor allem weniger Fleisch, dafür viel buntes Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse und Obst, aber auch weniger Zucker und Milchprodukte. Das kann man den Leuten nicht „verschreiben“, aber „verschreiben“. Als Arzt sage ich auch zu einer pflanzlichen Ernährung: Das bedeutet weniger Fettleibigkeit, Diabetes und Herzerkrankungen. Gesund ist eine Ernährung, wenn sie eine vielfältige und abwechslungsreiche Auswahl an pflanzlichen Lebensmitteln enthält. Guten Appetit!
Kein Fleisch? Woher bekomme ich dann meine Proteine? Die Antwort: Aus Brokkoli, Rosenkohl, Linsen, Erbsen, Bohnen, Kürbiskernen, Walnüssen oder Mandeln. Die Liste der vegetarischen Proteinquellen ist lang. Oder Eisen: Du kannst es zum Beispiel mit Amaranth, Leinsamen, Quinoa, Haferflocken oder Spinat essen. Alles ziemlich gesund.
Erst kürzlich schrieben Experten in dem Bericht „The Lancet Countdown“: Allein mit einer pflanzlichen Ernährung könnten wir in Deutschland jährlich 150.000 Todesfälle verhindern. Weniger Fleisch zu essen ist daher ein echter Verzicht, nämlich Herzinfarkte und Schlaganfälle. Darauf kann doch jeder verzichten, oder?
Deshalb nehmen mein Team von der Healthy Earth Foundation – Healthy People und ich am „Veganuary“ teil. Einen Monat lang kein Fleisch, rein pflanzlich – probieren Sie es aus. Vielleicht macht sogar Ihr Hund mit, denn nun gibt es auch für ihn gute und tierfreundliche Alternativen zu Fleisch. Guten Appetit!