Wissenschaft – Sonnenstürme können die Hightech der Erde lahmlegen – Wissen

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Wissenschaft – Sonnenstürme können die Hightech der Erde lahmlegen – Wissen

Darmstadt/New York (dpa) – Sonnenstürme können als Polarlichter faszinierende Lichteffekte am Himmel erzeugen, aber auch einen Ausnahmezustand auslösen.

Für die Erde als Planeten stellen sie keine Gefahr dar, wohl aber für die Menschen in einer zunehmend hochtechnisierten Welt. Während eines Sonnensturms stürzen hochenergetische Teilchen und eine riesige Plasmawolke aus dem Zentrum des Sonnensystems auf die Planeten zu und können die Infrastruktur auf und um die Erde massiv stören. Das US-Luftfahrtunternehmen SpaceX, das durch einen Sonnensturm rund 40 seiner Satelliten verlor, musste die schmerzhaften Folgen des sogenannten Weltraumwetters erleben.

Was sind Sonnenstürme?

Sonnenstürme treten auf, wenn der Stern ausbricht. Nach Angaben der europäischen Raumfahrtagentur Esa werden hochenergetische Teilchen und Plasma mit einer Größenordnung von Milliarden Tonnen in den Weltraum geschleudert, die sich schnell auf die 150 Millionen Kilometer entfernte Erde zubewegen können. Die Erde ist eigentlich durch ihr Magnetfeld und ihre Atmosphäre geschützt, aber solche Stürme können massive Schäden anrichten. Satelliten können zerstört, Stromnetze oder Kommunikations- und Navigationssysteme zusammenbrechen.

„Ein sehr extremer Sonnensturm kann immer auftreten und weitreichende Folgen haben“, sagt Melanie Heil, Koordinatorin der Weltraumwettermission am ESA-Standort Darmstadt. Vom Standort mit dem Satellitenkontrollzentrum aus steuern die europäischen Astronauten ihre Beobachtungen von Sonnenstürmen. Es ist nicht „sehr wahrscheinlich“, dass alle Satelliten ausfallen, aber einige könnten betroffen sein.

Wie können wir unsere Satelliten schützen?

Um die Stromnetze auf der Erde zu schützen, braucht es Vorwarnung. Wenn man Kapazitäten in Generatoren und Transformatoren herunterregeln könnte, könnte das womöglich ausreichen, um sie vor Schäden zu bewahren. Ein Jahrhundertereignis ist jedoch sehr schwer vorherzusagen. „Neueste Berechnungen besagen, dass wir innerhalb der nächsten zehn Jahre mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 10 Prozent mit einem extremen Weltraumwetterereignis rechnen können.“

Die Warnzeit ist nur kurz, weil sich die Sonnenteilchen extrem schnell durch die Weiten des Sonnensystems bewegen. „Wenn wir so etwas nicht beobachten könnten, wären wir jederzeit angreifbar“, sagt Heil. Es gibt bereits bestimmte Beobachtungspunkte, die Daten liefern. Für verlässlichere Prognosen wird die Kapazität jedoch noch ausgebaut.

Mit der Sonde „Vigil“ erhofft sich Esa einen deutlich besseren Blick auf Sonnenstürme. „Die Vigil-Mission wird aufgrund ihrer Position im Weltraum in der Lage sein, einen scharfen Blick auf potenziell gefährliche Sonnenaktivität zu werfen“, sagte ESA-Missionsleiter Giuseppe Mandorlo kürzlich. Die Mission soll laut Heil 2027 starten und anders als bisherige Beobachtungsmöglichkeiten von der Seite auf die Sonne schauen und den Stürmen folgen.

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Die Esa zeigte sich überrascht über das Ausmaß des Schadens am privaten Raumfahrtunternehmen des Milliardärs Elon Musk. „Eigentlich war es kein besonders starker Sonnensturm, weshalb auch keine offizielle Warnung verschickt wurde“, sagt Heil. Die SpaceX-Satelliten waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Durch den Sturm war die Atmosphäre so dicht geworden, dass die Orbiter in 200 Kilometer Höhe ihren eigentlich 300 Kilometer höher gelegenen Zielpunkt nicht aus eigener Kraft erreichen konnten und nun verglühen werden.

Mit dem Starlink-System will SpaceX schnelle Internetverbindungen direkt über die eigenen Satelliten aufbauen. SpaceX mache mit Starlink laut der US-Raumfahrtbehörde Nasa einen „guten Job“. Sowohl die NASA als auch die US-Wetterbehörde NOAA arbeiten derzeit mit SpaceX zusammen, um den Starlink-Betrieb weiter zu verbessern. Die NASA arbeitet auch daran, Wetterereignisse im Weltraum besser zu verstehen.

Laut NASA ist die Sonne ein „lebender, atmender“ Gasball, der ständig aktiv ist. Und wie viele natürliche Prozesse auf der Erde ist die Aktivität der Sonne zyklisch. Aktivitäten auf der Sonnenoberfläche wie Sonneneruptionen oder koronale Massenauswürfe können die Gesamtenergie des Sonnenwinds sowie seine Geschwindigkeit erheblich erhöhen. Die Häufigkeit geomagnetischer Stürme nimmt mit dem Sonnenzyklus zu und ab. Geomagnetische Stürme treten häufiger während des Sonnenmaximums auf. Laut Heil hat die Sonne maximal deutlich mehr Sonnenflecken und diese sind möglicherweise die Quelle von Sonnenstürmen. Ein Zyklus dauert elf Jahre.

© dpa-infocom, dpa:220314-99-512419/2