Zusammenleben: Russische und ukrainische Künstler zusammen im Zirkus – Unterhaltung

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Zusammenleben: Russische und ukrainische Künstler zusammen im Zirkus – Unterhaltung

Mit Hilfe der Show können die Künstler abschalten und einen Alltag erleben, den sie zuvor verloren haben. „Wenn du nicht auf dein Handy schaust, denkst du oft, alles sei normal“, betont eine Tänzerin der Theatergruppe „Bingo“. Die Mitarbeiter sind hin- und hergerissen zwischen ihrem Alltag beim „Circus Krone“ und dem Leid in ihrer Heimat.

Der Name des „Moscow Circus“ mit Sitz im nordrhein-westfälischen Hamminkeln soll laut seinem Direktor Gino Frank an die große osteuropäische Zirkustradition erinnern: „Wir schämen uns nicht für unseren Namen.“ Der „Zirkus Moskau“ darf nicht mit dem russischen „Großen Moskauer Staatszirkus“ verwechselt werden.

Gino Frank ist verheiratet mit Leyla Mak, Tochter eines russischen Ex-Generaldirektors mehrerer Zirkusse und einer ehemaligen ukrainischen Künstlerin. Laut einer Mitteilung der Stadt Neuwied betont Mak, der Zirkus solle ein Symbol sein, „dass dieser Krieg nicht der Krieg des russischen Volkes gegen das ukrainische Volk ist Russische Künstler.“

Anfeindungen wegen des Namens

Der Name „Zirkus Moskau“ führte in Neuwied zunächst zu Missverständnissen – eine von Präsident Wladimir Putin beehrte russische Artistentruppe? Stadtsprecher Frank Blum meldet Anfeindungen. Auch die Gemeinde ließ zunächst Plakate entfernen, zog sich aber nach Rücksprache mit dem Zirkus zurück. In einer Erklärung zeigt die Stadt „Verständnis für die emotional aufgeheizte Situation, warnt aber nachdrücklich vor einer pauschalen Verurteilung aller russischen oder russischsprachigen Menschen“.

Leyla Maks Eltern leben in der Ukraine nahe der russischen Grenze – seine Frau habe große Angst um sie, berichtet Gino Frank. Die aktuelle Show des „Moscow Circus“ wurde ganz bewusst „One World“ getauft – ganz im Sinne der Völkerverständigung.

Auch Erika Kuth mit vier Kindern ist bei der Vorstellung in Neuwied dabei. „Meine Mutter kommt aus Russland“, sagt sie. „Ich finde die Hetze hier gegen die Russen, die nicht für Putin sind, schrecklich. Der Zirkus mit seinem Namen tat mir leid. Wir unterstützen ihn gerne.“

Auch Dietmar Rieth, einst rheinland-pfälzischer Landtagsabgeordneter der Grünen, ist mit seiner vierjährigen Enkelin Maya und weiterer Familie dabei: Der gemeinsame Auftritt russischer und ukrainischer Künstler muss als „gute Nachricht“ unterstützt werden der Kampf gegen die lokale Russlandphobie, sagt er. Putin ist ein kriegerischer Despot, hinter dem nicht alle seine Landsleute stehen.

In dem großen Chapiteau, wie ein Zirkuszelt im Fachjargon heißt, sitzen bald mehrere hundert Zuschauer. Seiltänzer springen durch Feuerringe, Luftakrobaten ernten Applaus, ein Trampolinspringer macht einen dreifachen Salto, kleine und große Zuschauer verschlingen Popcorn und Zuckerwatte, ein Papagei schiebt einen Mini-Einkaufswagen.

Demnächst kommt ein Zirkusballett mit sechs ukrainischen Frauen hinzu. Direktor Frank sagt: „Wir nehmen sie als Flüchtlinge auf.“ Plus bis zu 20 weitere Vertriebene aus der Ukraine.

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